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Grundlagen der US-Produkthaftung – #US-P001

Grundlagen Der US-Produkthaftung – #US-P001

Grundlagen der US-Produkthaftung

Ein herzliches Willkommen an alle Zuhörerinnen und Zuhörer zu einer neuen Folge unseres Podcasts zur Technischen Dokumentation. Mein Name ist Florian Schmider und ich bin bei der GFT AKADEMIE verantwortlich für den Bereich der Technischen Dokumentation.

Heute beginnen wir mit einer neuen Themenreihe. Diese soll sich um die Produkthaftung in den USA, um Haftungsfälle und um deren Folgen drehen. Alles auch im Hinblick auf die technische Dokumentation im Allgemeinen und auf Betriebsanleitungen im speziellen.

Wie auch in der letzten Themenreihe werden die einzelnen Folgen dieser Reihe aufeinander aufbauen. Daher empfehle ich Ihnen, diese in der Reihenfolge der Veröffentlichung anzuhören, da ich in älteren Folgen Begriffe und Zusammenhänge detailliert erläutere und diese im Laufe der Reihe nicht erneut im Detail erklären werde.

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Produkthaftungsrecht und Präzedenzfälle

Bevor wir im Detail auf das Thema Produkthaftung in den USA eingehen können, müssen wir zunächst einige Grundlagen erläutern, damit wir die Unterschiede und Feinheiten verstehen können. Diese Unterschiede beginnen bereits im Rechtssystem, wo es einige Dinge gibt, die im Vergleich zu unserem Rechtssystem zu beachten sind.

Gerne und oft werden die USA als ein einzelner Staat und Markt angesehen, so wie wir Deutschland mit seinen Bundesländer als einen Staat und Absatzmarkt ansehen. Dies ist im Prinzip natürlich so auch richtig. In Bezug auf den Handel, die Produkthaftung und das Rechtssystem sollten wir die USA jedoch eher wie die EU als Staatengemeinschaft wahrnehmen. Der Grund liegt hierbei unter anderem im Produkthaftungsrecht.

Die USA bestehen aus insgesamt 50 Bundesstaaten. Jeder Bundesstaat hat sein eigenes Rechtssystem und somit auch sein eigenes Produkthaftungsrecht. Es gibt dort kein einheitliches Produkthaftungsrecht. Der Staat gibt lediglich einige, allgemeingültige Grundsätze vor.

Für Sie als Unternehmen bedeutet dies, dass Sie nicht ein Produkthaftungsrecht beachten müssen, sondern genaugenommen 50. Hinzu kommt, dass die Produkthaftungsansprüche in den USA einzelstaatlich geregelt werden und so das zuständige Gericht und das entsprechende Gesetz vom Kläger gewählt werden kann.

Dies ist wichtig zu wissen, da die Rechtssysteme und Gerichte von Bundesstaat zu Bundesstaat eine andere Beziehung zu Firmen oder Klägern haben. Einige Bundesstaaten oder Gerichte sind eher dem Kläger zugeneigt, andere eher den Firmen und Industrie. Dadurch ist es möglich, dass in einem Bundesstaat die angeklagte Firma schuldig gesprochen wird, in Bundesstaat neben an die Firma für denselben Fall freigesprochen werden kann.

Die USA nutzen den Rechtskreis des Common Law. Dazu werde ich später mehr sagen. Dieser Rechtskreis entwickelt sich mit sogenannten Präzedenzfällen weiter und jeder Bundesstaat hat seinen eigenen Rechtskreis. Dies bedeutet, dass die Gesetze sich von Staat zu Staat unterscheiden und auch laufend ändern können, sobald es einen neuen Präzedenzfall gibt. Unter einem Präzedenzfall versteht man einen juristischen Fall, dessen Entscheidung sich zum Maßstab für andere, ähnliche Fälle entwickelt. Das Urteil eines Falles wird somit die Grundlage für ähnliche Fälle, dies gilt auch für die verhängten Strafen. Große Präzedenzfälle werden dabei in der gesamten USA berücksichtigt.

Ein schönes und aktuelles Beispiel eines Präzedenzfalles wäre, wenn in den USA nun bei einem anderen Autobauer ebenfalls eine Abgasmanipulation festgestellt werden würde. Dieser müsste nun ebenfalls mit ähnlichen Strafen und Folgen wie VW rechnen. Der VW-Fall ist ein Präzedenzfall und wird maßgeblich zukünftige Gerichtsverfahren im Automobilbereich beeinflussen.

Ich weiß, 50 Produkthaftungsgesetzte hören sich nach viel an. Jedoch können Sie es ähnlich sehen wie in der EU. Die EU gibt schließlich auch Richtlinien wie die Maschinenrichtlinie vor, die dann in nationales Gesetz umgesetzt werden müssen. Dasselbe gilt auch in den USA. Jedoch sollten Sie sich die Produkthaftungsgesetze der Bundesstaaten anschauen und überprüfen, in denen Sie Ihre Produkte verkaufen. So können Sie Unterschiede erkennen und entsprechend berücksichtigen.

Das Common Law

Gerade habe ich die Präzedenzfälle und das Common Law genannt. Wie bereits erwähnt, stützt sich das Common Law neben den Gesetzen auf die Präzedenzfälle. Die Richter berücksichtigen diese maßgeblich bei der Urteilsbildung und ziehen diese häufig hinzu. So sollen ähnliche Verbrechen und Fälle gleich behandelt werden. Sind Fälle nur ähnlich aber nicht direktvergleichbar, legt der Richter auf Basis des sogenannten Richterrechtes eine ähnliche Strafe aus. Diese werden können dann weiter als Präzedenzfall dienen.

Den Grundsatz oder die Idee dahinter empfinde ich persönlich sehr gut. Auf den ersten Blick hört es sich nach Gleichberechtigung bzw. Gleichsetzung an. Jeder bekommt für dasselbe Verbrechen dieselbe Strafe. Egal ob Reich, Jung, Arm oder Alt. Dass dies in der Realität so nicht immer stimmt, wissen wir alle aus Fernsehen, Zeitung oder Internet. Aber darum soll es hier auch nicht gehen.

Das Common Law wird übrigens vorwiegend in den USA, Kanada, Großbritannien und Australien verwendet. In den anderen Staaten der Welt werden verschiedene Systeme angewendet. Bei uns oder in der EU wird hauptsächlich das sogenannte Römisch-Germanische Recht oder Mischformen zwischen beiden Formen angewendet.

Da das Common Law auch in Großbritannien angewendet wird, kann diese Folge auch einen Einblick in das dortige Rechtssystem geben. Im Zuge des Brexit könnte sich das dortige Produkthaftungsgesetz noch ändern und eine ähnliche Form wie in den USA annehmen. Daher werde ich auch Angaben zu den Verhältnissen in England machen, wenn sich diese von den USA unterschieden.

Die Jury

Ein wichtiges Erkennungszeichen des Common Law ist die sogenannte Jury, wie sie bestimmt schon jeder aus Fernsehen oder Serien kennt. Die Jury besteht in den USA aus 12 Personen, in England aus mindestens 10 Personen. Diese Jury oder Geschworene müssen das Urteil im Gerichtsverfahren fällen. In den USA müssen sich für ein Urteil alle Geschworene einig sein, in England sind es 10 von 12 Geschworenen.

Die Geschworenen werden während des Prozesses von der Außenwelt isoliert, so dass keine Einflüsse von außen auf sie einwirken können. Dies soll die Unvoreingenommenheit der Jury sicherstellen. Außerdem dürfen sie keine Vorkenntnisse über den Fall haben. Die Auswahl der Mitglieder ist für den Ausgang des Prozesses von wesentlicher Bedeutung. Aufgrund dessen werden nur Personen ausgewählt, mit denen die Staatsanwaltschaft und die Strafverteidigung einverstanden sind.

Die Mitglieder selbst sind dabei ohne Vorbildung, also Personen wie jeder von uns. Sie können Bäcker, Bauarbeiter, Redakteure, Buchautoren, Lehrer oder andere Berufe haben. In der Regel kann man davon ausgehen, dass sie keine juristischen Vorkenntnisse haben. Für den Bereich Maschinen- und Anlagenbau ist jedoch dieser Punkt auch sehr wichtig, da die Jury vermutlich auch keine technischen Kenntnisse hat.

Das bedeutet, die Jury könnte nicht beurteilen, ob Schutzmaßnahmen ausreichend sind oder nicht. Sollten Sie also in einem Fall das angeklagte Unternehmen sein und der Anwalt des Klägers der Jury glaubhaft vermitteln können, dass die Schutzmaßnahme unzureichend war, obwohl es technisch nicht möglich war, stehen ihre Karten für das Gewinnen des Prozesses schon einmal schlechter.

Die Aufgaben der Jury sind dabei jedoch auch von Bundesstaat zu Bundesstaat verschieden. In einigen Bundesstaaten kann die Jury über das Strafmaß entscheiden in anderen wird dies vom Richter entschieden. Dies sollte auch in einem Haftungsfall entsprechend berücksichtigt werden.

Die Aufgabe des Richters

Der Richter hat hingegen weniger Aufgaben als in unserem System. Wie bereits erwähnt legt er in einigen Bundesstaaten das Strafmaß fest oder hat ein Veto-Recht, falls die Jury eine unpassende Strafe verhängt. Jedoch kann er nie das Urteil der Jury aufheben. Seine Hauptaufgabe ist es daher, die Einhaltung der Prozessregeln zu überwachen.

Besonderheiten im Prozess

Kommen wir nun zu den eigentlichen Besonderheiten während der Prozesse. Die größte Besonderheit mit der Jury haben wir bereits besprochen. Im Vergleich zu unserem Rechtssystem gibt es außerdem auch keine Beweislastumkehr. Beide Seiten müssen eigenständig nach Beweisen forschen um ihre Meinung und ihre Seite zu unterstützen und die Jury zu überzeugen.

Gehen wir wieder davon aus, dass ihr Unternehmen angeklagt wurde. Dann kann es sein, dass Sie als deutsches Unternehmen eine weitere Besonderheit im Zuge der Beweislast erfahren, wenn der Anwalt des Klägers bei Ihnen, hier in Deutschland, vor der Tür steht. Diese Besonderheit wird im Englischen „lifting the corporate veil“ genannt und bedeutet nichts anderes, als das die Gegenseite die Herausgabe aller Unterlagen wie E-Mails, Briefe oder andere interne Dokumente fordern und für den Prozess verwenden kann.

Wurde beispielsweise in einer internen E-Mail von Entwickler A an Führungskraft B Bedenken wegen eines unsicheren Produktes gemeldet, kann diese E-Mail im Prozess gegen Sie verwendet werden. Auch kann der Anwalt in diesem Zuge Einblick in Dokumente wie die Risikobeurteilung oder ähnliches fordern. Dadurch können vertuschte Mängel wie im Abgassskandal ans Licht kommen und die Schuld des Angeklagten beweisen.

Neben der Beweislastumkehr sollte außerdem beachtet werden, wie die Prozess- und Anwaltskosten getragen werden. In den USA ist dies dabei so, dass keine Kosten erstattet werden, dies bedeutet dass beide Seiten ihr Kosten selbst tragen müssen. Auch die Erfolgshonorare der Anwälte betragen zwischen 25 und 50% der Klagesumme. Zusammen mit den Gerichtskosten kann selbst ein gewonnener Prozess große Kosten verursachen. Hinzu kommen noch die Imageverluste durch den Prozessverlauf, da diese in den USA öffentlich geführt werden.

Auch sollte die andere Seite dieser Medaille berücksichtigt werden. Da die Anwälte ein hohes Erfolgshonorar haben, werden sie nur die Fälle vertreten, bei denen eine hohe Chance zum Gewinn des Prozesses besteht. Sollte der Anwalt des Klägers also bereits nach einer kurzen Sichtung der Situation Mängel an Ihrem Produkt feststellen können und er eine Chance erkennt den Prozess zu gewinnen, ist das Risiko eines Haftungsfalles in den USA höher, als wenn er eine lange Prüfung des Produktes durchführen muss.

Das Produkthaftungsgesetz

Bevor wir auf mögliche Verteidigungsstrategien gegen Haftungsfälle kommen, möchte ich erst auf das Produkthaftungsgesetz im Allgemeinen und die möglichen Strafen oder Urteile eingehen, die vorkommen können.

Die Produkthaftung wird in den USA „Product liability“ genannt. Ich hoffe, ich habe es richtig ausgesprochen. Das Produkthaftungsgesetz ist ähnlich dem europäischen Gesetz aufgebaut und gliedert sich in die folgenden 6 Bereiche:

  • Neglience (Ansprüche wegen Fahrlässigkeit)
  • Breach of Warranty (Verletzung der Gewährleistungsbedingungen)
  • Strict liability (die absolute Haftung)
  • Manufacturing/Construction Defect (Fabrikationsfehler)
  • Design Defect (Entwicklungs- oder Konstruktionsfehler)
  • Failure to Warn (Mangelhafte Aufklärung)

Die wichtigsten Bereiche für uns sind hierbei die „absolute Haftung“, Fabrikations- und Entwicklungsfehler und mangelhafte Aufklärung.

Der Bereich „Strict liability“ (die absolute Haftung) ist dabei das Kernstück des Gesetztes und dabei dreht sich alles um das Produkt und den Schaden das ein fehlerhaftes Produkt verursacht. Es ist ähnlich wie das europäische Gesetz, es umfasst auch alle Ansprüche wie das europäische.

Besonders daran ist, dass es außerdem erlaubt, dass alle Parteien in der Produktionskette haften. Egal ob Hersteller, Importeur, Großhändler oder Einzelhändler. Der Kläger kann sich heraussuchen wen er in der Kette verklagt. Meist wird derjenige verklagt, bei dem es am meisten zu holen gibt.

Ein Produkt gilt nach diesem Gesetz als Fehlerhaft, wenn es die Verbrauchererwartung nicht erfüllt, vorhersehbarer Missbrauch oder Gebrauch nicht berücksichtigt wurde oder das Produkt nicht kontinuierlich beobachtet wurde (also die Produktbeobachtungspflicht missachtet wurde).

Hierbei ist vor allem die Wechselwirkung mit Marketing und Werbeaussagen zu beachten. Schürt eine Werbung eine Erwartungshaltung an das Produkt, was dieses nicht einhalten kann, ist es ein Produktfehler und kann zur Haftung führen. Ein Beispiel: In einem Werbespot fährt ein Auto eine extrem steile Schneepiste ohne Schwierigkeiten hoch, um dem Zuschauer das Gefühl für ein Auto zu vermitteln, das überall zu jeder Wetterlage genutzt werden kann und alles schafft. Diese überspitzte Werbung sollte nicht in den USA verwendet werden, da sie Erwartungen an das Produkt schürt, das es nicht einhalten kann. Hier besteht sonst ein Klagerisiko. Und die Folgen eines Unfalles durch das Nachahmen des Werbespots sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Die Fabrikations- und Entwicklungsfehler sind Fehler, für die auch im Maschinenbau vorkommen können. Fabrikationsfehler sind dabei meist Materialfehler, die durch die Qualitätsprüfung nicht aufgefallen sind und entsprechend selten vorkommen. Hierzu gehören beispielsweise Lufteinschlüsse in Gläser oder Kunststoff die in 1 von X-tausend Produkten vorkommen oder ähnliche. Das Produkt bzw. die Serie selbst ist dabei immer in Ordnung, nur ein einzelnes Produkt ist dabei betroffen.

Bei Entwicklungs- oder Konstruktionsfehlern handelt es sich um besondere Fehler die bei der Entwicklung des Produktes begangen wurden. Dies ist dann interessant, wenn die Konstruktion von anderen Unternehmen durchgeführt wurde, als die Fertigung. Ein Entwicklungs- oder Konstruktionsfehler liegt dann vor, wenn das Produkt unangemessen gefährlich ist oder nicht für den vorhersehbaren und beabsichtigten Verwendungszweck sicher ist. Was hier schwer formuliert ist, ist eigentlich ganz einfach. Fällt ein Auto ab einer Geschwindigkeit von 25 km/h auseinander und ist somit für die Insassen gefährlich, ist dies ein Entwicklungs- und Konstruktionsfehler. Es kann davon ausgegangen werden kann, das die meisten Leute mit Autos schneller wie 25 km/h fahren möchten und sie die Erwartung haben, dass sie dabei sicher sind.

Interessanterweise sind die Fabrikations- und Entwicklungsfehler eher selten der Auslöser für Produkthaftungsfälle mit deutschen Produkten. Die deutschen Produkte sind meist gut und sorgfältig konstruiert und sicher. Die Qualitätskontrollen verhindern zudem meistens alle Fabrikationsfehler. Daher müssen diese nur selten beachtet werden.

Zu guter Letzt kommen wir noch zu der Kategorie „Failure to Warn“, der mangelhaften Aufklärung. Dies ist einer der beliebtesten Angriffspunkte der Anwälte und befasst sich mit allen Dokumenten, Aufklebern oder sonstigen Informationsmaterialien zum Produkt.

Sind Anleitungen nicht lesbar, schwer verständlich, unvollständig oder Sicherheitsaufkleber auf dem Produkt nicht angebracht, greift diese Kategorie. Um es einfach auszudrücken: Der Hersteller hat nicht alle Informationen in verständlicher Form dem Nutzer zur Verfügung gestellt, damit dieser das Produkt korrekt und sicher nutzen kann. Dadurch wurde dieser oder andere durch das Produkt verletzt.

Der Grund warum dies bei Anwälten in Amerika so beliebt ist, ist eine einfache Kosten/Nutzen-Rechnung. Jemand verliert seine Hand durch eine automatisierte Säge. Der Anwalt nun zwei mögliche Vorgehensweisen: Er baut die Säge komplett auseinander und sucht aufwendig den Grund, warum die Schutzeinrichtung nicht funktioniert hat. Oder er prüft zunächst die Anleitung mit 600 Seiten und schaut ob er dort bereits etwas Schwerwiegendes wie unvollständige Handlungen, falsche Sicherheitshinweise oder ähnliches. Die Anleitung ist hierbei der einfachere, schnellere Weg. Man sieht auch ohne technische Kenntnisse schnell, ob die Anleitung gut ist oder nur beigelegt wird um die Vorgaben vom Gesetzgeber zu erfüllen.

Das Urteil und die Folgen

Wir wissen nun wie das Rechtssystem in den USA funktioniert und wie das Produkthaftungsgesetz aufgebaut ist. Doch was sind die Folgen einer Produkthaftungsklage und wie können sich Unternehmen davor schützen?

Fangen wir mit den Folgen einer Klage an. Zunächst einmal muss beachtet werden, dass neben dem Produkthaftungsfall in den USA gegen das Unternehmen auch parallel gleich ein Strafverfahren gegen Führungskräfte begonnen wird. Es laufen also immer gleich 2 oder mehr Verfahren. Sprich neben den Summen in mehreren Millionen Dollar können auch Haftstrafen und ähnliches dazukommen. Dies durften einige VW Mitarbeiter im Zuge des Abgassskandals erfahren, die dabei inhaftiert wurden.

Bei den Strafen gegen das Unternehmen unterscheidet man zwischen dem einfachen Schadensersatz (Compensatory Damages) und dem Strafschadensersatz für mutwilliges Eingehen von Risiken und Schäden (Punitive Damages). Vor allem die Punitive Damages müssen hierbei beachtet werden, da diese gerne als Abschreckung dienen. Diese fallen sehr viel Höher als der einfache Schadensersatz aus, da er Branchen zum Umdenken bewegen soll. Auch hier genügt der Verweis auf den Abgasskandal.

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Die Verteidigung

Wir haben nun viele Punkte des amerikanischen Rechtes erläutert und besprochen und wissen auch was bei Urteilen auf die Verurteilten zukommen kann. Und trotzdem haben wir das System noch nicht in seiner Tiefe betrachtet. Dies soll im Zuge dieses Podcasts auch gar nicht geschehen, da wir kein Juristen oder Anwälte sind.

Ich möchte daher nun lieber die Frage klären, die sich Ihnen nun bestimmt stellt oder vielleicht schon vor dem Podcast gestellt hat. Die Frage lautet: Lohnt sich der amerikanische Markt für mich als Hersteller und wie kann ich mich gegen Klagen in Millionen Höhe schützen?

Ob sich der Markt für Sie lohnt, kann ich Ihnen pauschal nicht sagen. Als einer der größten Märkte der Welt ist er sehr interessant, hier müssen Sie über Marktbeobachtungen selbst ein Urteil bilden. Jedoch können Sie sich gegen mögliche Produkthaftungsfälle schützen oder begrenzen. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten und Schritte. Jedoch möchte ich auch gleich sagen, dass die Produkthaftung nie ausgeschlossen werden kann. Sie haben immer ein Restrisiko.

Zunächst können Sie Ihr Unternehmen so klein wie möglich strukturieren. Eine kleine Konzernstruktur mit vielen Bereichen und Standbeinen steht fester als ein großes Unternehmen. Wer schon mal mit Siemens gearbeitet hat, kennt die unzähligen Bereiche des Konzerns. Gefühlt gibt es 200 Siemens in unterschiedlichen Branchen und Bereichen. Dies macht den Konzern selbst weniger angreifbar, ist aber für viele kleinere Unternehmen selbstverständlich keine Lösung.

Eine der wichtigsten Schutzmaßnahmen ist die Überprüfung von Werbe- und Garantieaussagen. Hier möchte ich nochmals auf den Zusammenhang zwischen Produkthaftungsgesetz und Marketing verweisen. Überprüfen Sie Werbe- und Garantieaussagen für die USA genau. Versprechen Sie keine falschen Dinge und überspitzen Sie nicht. Ansonsten kann es doppelt zurückkommen. Auch hier gibt es im Zuge des Abgasskandals ein Beispiel. Es gab vor Jahren bereits schon einmal etwas Ähnliches in Amerika. Danach wurden die neuen Fahrzeuge als „Clean Diesel“ beworben. Die Auswirkung des „Clean Diesel“ auf den aktuellen Skandal kann sich glaub ich jeder selbst ausmalen.

Zudem müssen Ihre mitgelieferten Dokumente wie Datenblätter, Betriebsanleitungen, Wartungsanleitungen oder ähnliches den in den USA üblichen Normen und Richtlinien entsprechen. Auf diese werden wir im Laufe dieser Podcast-Reihe noch weiter eingehen. Eine der wichtigsten Normen hierbei ist die Normenreihe ANSI Z535. Auch die lokalen Gesetze und Richtlinien der einzelnen Bundesstaaten sollten dabei beachtet werden.

Sollten Sie noch nicht auf dem Markt tätig sein, kann auch eine Zusammenarbeit mit einem Anwalt weiterhelfen. Wir bieten zusammen mit unserem Anwaltspartner verschiedene Leistungen an, die Ihnen helfen können. Beispielsweise kann der Anwalt Ihr Produkt und die Unterlagen aus rechtlicher Sicht begutachten und Ihnen Änderungen und Tipps geben um Produkthaftungsrisiken zu minimieren. So können Sie sicher in den Markt starten.

Außerdem gibt es auch Versicherungen, die Ihnen beim Schutz vor Produkthaftungsrisiken helfen und Sie unterstützen. Zu guter Letzt hilft es ebenfalls, sich mit dem Worst-Case Szenario auseinander zusetzen und einen Notfallplan auszuarbeiten, falls es doch mal zu einer Klage kommen sollte.

Da es eine übliche Praxis ist, möchte ich an dieser Stelle nochmals auf Verträge eingehen. Es hilft Ihnen nicht, wenn Sie Verträge mit Ihrem Kunden in den USA schließen und dabei gegen geltendes Recht verstoßen. Beispielsweise wenn Sie vertraglich festlegen nur englische Texte zu liefern, obwohl auch spanisch gesetzlich gefordert ist. Solche Aktionen sind rechtlich unwirksam und stellen Sie zudem aus der Jury in ein schlechtes Licht. Und diese trifft schließlich das Urteil.

Es geht weiter mit Normen und Richtlinien.

Wir sind nun wieder am Ende des heutigen Podcasts. Diese Folge war lang und ausführlich und hat dabei leider nur die Grundzüge des Themas erläutert. Sollten Sie Fragen oder Anregungen haben, schreiben Sie diese gerne in die Kommentare und senden Sie uns diese per E-Mail zu. In der nächsten Woche wird es mit dem Thema weitergehen, wir gehen dort auf Normen und Richtlinien ein.  

Ich hoffe, Ihnen hat diese Folge gefallen und Sie sind auch wieder beim nächsten Mal dabei.

Herzlichen Dank fürs Zuhören, bis zur nächsten Woche.

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