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Risikoeinschätzung in der Risikobeurteilung

Die Risikoeinschätzung ist der letzte Schritt in der Risikoanalyse und soll offen legen, ob Maßnahmen für die Minimierung von Gefahren benötigt werden. Aufgrund von Gefahren können sowohl Umwelt- sowie Sachschäden, als auch Personenschäden entstehen. Vor allem Letzteres ist bei der Abschätzung des Schadensausmaßes von Relevanz.

Welche Konstruktions- und Schutzmaßnahmen letzten Endes nötig sind, lässt sich durch diese Risikoeinschätzung leichter beurteilen.

Risikoelemente in der Risikoeinschätzung nach DIN EN 62061

In der Risikoeinschätzung wird das Ausmaß des Risikos mit Hilfe sogenannter Risikoelementen messbar gemacht. Für diese Art der Kategorisierung gibt es mehrere Methoden, die von Normen vorgeschrieben werden. Manche sind universeller einsetzbar als andere.

Zu den universellen – und damit auch für die aufgabenbezogenen Risikobeurteilung geeignet – gehört die europäische Norm DIN EN 62061 mit dem bezeichnenden Titel: Sicherheit von Maschinen – Funktionale Sicherheit sicherheitsbezogener elektrischer, elektronischer und programmierbarer elektronischer Steuerungssysteme.

In diesem finalen Schritt innerhalb der Risikoanalyse eignet sich diese Methode besonders wegen der guten Abstimmung zwischen Risikoelementen sowie den klar definierten Kriterien hierfür. Am Ende dieser Methode steht dann das Sicherheits-Integritätslevel (oder auch Sicherheitsanforderungsstufe – kurz SIL), der bestimmt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer Gefährdungssituation ist. Das SIL wird mit Hilfe von vier Risikoelementen ermittelt:

  1. S-Wert: Schwere der Verletzung
  2. F-Wert: Häufigkeit und/oder Dauer der Gefährdungssituation, der Personen ausgesetzt sind
  3. W-Wert: Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Gefährdungssituation
  4. P-Wert: Möglichkeit der Vermeidung oder Begrenzung des Schadens

Der kombinierte Wert der Risikoelemente „F“, „W“ und „P“ ergibt die Klasse „K“. Der Sicherheitsintegritäts-Level entsteht schließlich aus dem S- und K-Wert und ist eine Angabe über die Höhe des Risikos.

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S-Wert in der Risikoeinschätzung

In der Risikoeinschätzung differenziert sich der S-Wert bzw. der Personenschaden durch die Art der Verletzungen oder Gesundheitsschädigungen. Diese können von leicht und heilbar über bleibende, schwere, sogenannte irreversible Verletzungen, bis hin zu Verletzungen mit Todesfolgen gehen.

Bei der von DIN EN 62061 vorgegebenen Methode werden den Verletzungen Werte zwischen 1 und 4 zugeordnet.

  • Wert 1: Leichte Verletzungen wie Prellungen, Schürfungen oder leichte Schnittwunden. Diese leichten Verletzungen lassen sich mit erster Hilfe behandeln und hinterlassen keine irreversiblen Schäden.
  • Wert 2: Leichte Verletzungen, die jedoch die Behandlung von einem Mediziner erfordern. Zum Beispiel stärkere Schnittwunden, die noch immer reversibel sind.
  • Wert 3: Verletzungen, die irreversibel sind, wie gebrochene Gliedmaßen oder der Verlust beispielsweise eines Finger.
  • Wert 4: Schwere Verletzungen, die dauerhafte Schäden oder sogar den Tod nach sich ziehen. Der Verlust eines Auges oder des ganzen Armes fällt beispielsweise in diese Kategorie.

In der Bestimmung des S-Werts überlegt man sich welche schlimmsten Verletzungen aus der jeweiligen Gefährdungssituation resultieren können. Diesen Überlegungen wird anschließend ein Wert zugeordnet und begründet die Entscheidung für diesen Wert in der Dokumentation.

F-Wert in der Risikoeinschätzung

In der Risikoanalyse bezeichnet der F-Wert – also die Einschätzung der Häufigkeit – nicht wie oft eine Gefährdungssituation auftritt und zu einem Unfall führt. Sie bezeichnet lediglich, wie oft und wie lange sich Personen in einer Gefährdungssituation aufhalten könnten. Diese Einschätzung muss in der Dokumentation anschließend begründet werden.

Bei der Zuordnung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Gefährdungssituation ist in der Norm DIN EN 62061 ein Wert zwischen 1 und 5 zu wählen.

Wichtig: Beträgt die Aufenthaltsdauer in der Gefährdungssituation mehr als 10 Minuten, wird der Wert um eine Stufe hochgesetzt – der Maximalwert liegt weiterhin bei 5. Die folgenden F-Werte sind bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als 10 Minuten in der Gefährdungssituation gültig:

  • Wert 1: Die Gefährdungssituation tritt weniger als einmal pro Jahr auf.
  • Wert 2: Die Gefährdungssituation tritt weniger als einmal alle zwei Wochen und mehr als einmal pro Jahr auf.
  • Wert 3: Die Gefährdungssituation tritt weniger als einmal pro Tag und mehr als einmal alle zwei Wochen auf.
  • Wert 4: Die Gefährdungssituation tritt weniger als einmal pro Stunde und mehr als einmal pro Tag auf.
  • Wert 5: Die Gefährdungssituation tritt mehr als einmal pro Stunde auf.

W-Wert in der Risikoeinschätzung

Das dritte Risikoelement in dieser Methode der Risikoeinschätzung beurteilt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Gefährdungssituation. Hier ist es wieder ein Wert zwischen 1 und 5, der gewählt und dessen Wahl in der Dokumentation begründet werden muss.

Der Wert 1 steht dabei für vernachlässigbar, 2 für selten, 3 für möglich, 4 für wahrscheinlich und 5 für sehr hoch. Die Norm DIN EN 62061 bietet auch in dieser Hinsicht Anhaltspunkte, welcher Wert bei der Einschätzung der Wahrscheinlichkeit zu wählen ist.

Der Wert 5 ist dann einzutragen, wenn Menschen mit mangelnder Ausbildung eine Maschine bedienen. Die Wahrscheinlichkeit gefährlicher Bedienfehlern, die zusätzlich unter Zeitdruck entstehen könnten, sind bei dieser Personengruppe sehr wahrscheinlich.

P-Wert in der Risikoeinschätzung

Die Risikoeinschätzung wird mit dem vierten Risikoelement, dem P-Wert, abgeschlossen. Kann eine Person die Gefahr erkennen und sich rechtzeitig in Sicherheit bringen? Oder kann in einer Gefährdungssituation beispielsweise ein Not-Aus-Schalter betätigt oder ein Schutzraum aufgesucht werden?

Bei dieser Einschätzung wird dabei der Wert 1, 3 oder 5 angegeben, dessen Wahl wieder einmal in der Dokumentation begründet und festgehalten werden muss: Bei Wert 1 ist die Vermeidung der Gefährdung wahrscheinlich, bei Wert 3 selten und mit dem Wert 5 unmöglich.

Die folgenden Kriterien sind für die richtige Einschätzung maßgebend:

  1. Ist es möglich die Gefahr vor dem Auftreten zu erkennen?
  2. Sind Gegenmaßnahmen nach Auftreten der Gefährdungssituation noch möglich?
  3. Kann die Person vor der Gefährdung flüchten oder Dritte eingreifen und der Person helfen?
  4. Ist eine Beeinflussung der Gefährdung durch bestimmte Vorrichtungen, wie das Betätigen einer Starttaste, möglich?

Wenn mehrere dieser Fragen mit ja beantwortet werden können, fällt die Wahl auf den Wert 1. Trifft nur ein Kriterium zu, ist auf jeden Fall der Wert 3 zu nehmen. Sind keine dieser Kriterien zutreffend, ist der Wert 5 anzugeben.

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Bestimmung des SIL-Werts nach DIN EN 62061

Zum Abschluss der Risikoeinschätzung wird der SIL-Wert mit Hilfe der sogenannten Klasse ermittelt. Die Werte aus den Einschätzungen zu den Risikoelementen F, W und P werden addiert und in einer Tabelle der Schwere der Verletzung, dem S-Wert, gegenübergestellt. In der Norm DIN EN 62061 sind die Sicherheits-Integritätslevel in die Stufen 1 bis 3 klassifiziert.

Sicherheitsanforderungsstufe Sicherheitsintegritätslevel SIL-Tabelle

SIL 1 steht für ein geringes Risiko, während SIL 2 ein mittleres Risiko und SIL 3 ein hohes Risiko darstellen. Bei besonderer Schwere der Verletzungen und einem hohen addierten Wert der ermittelten Risikoelemente ist beispielsweise von SIL 3 auszugehen.

Diese Ermittlung der Sicherheitsanforderungsstufe muss für jede Gefährdung, die zuvor in der Risikobeurteilung ermittelt wurde, einzeln durchgeführt werden. Auf dieser Grundlage lassen sich nach der Risikobewertung Entscheidungen für richtige und wichtige Schutzmaßnahmen treffen, die vor Gefährdungssituationen schützen oder diese verhindern.

Sind noch Fragen offen? Dann lassen Sie sich persönlich beraten:

info@gft-akademie.de +49-7836-9567-0

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