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Produkhaftung USA: ANSI Normen, Unterschiede zur EU und weitere Herausforderungen

Für deutsche Maschinenbauer ist die Produkthaftung in den USA sprichwörtlich ein Minenfeld. Das liegt nicht an der Konstruktion der Maschinen sondern mehr an der Technischen Dokumentation. Die muss dann nach den geltenden Normen des American National Standards Institute (ANSI) erstellt werden. Eine EU-konforme Betriebsanleitung ist also nicht gleich konform zu setzen mit einer US-Betriebsanleitung. Es gibt in Amerika kein einheitliches Produkthaftungsgesetz wie in der EU. Die Zielgruppen in den USA sind gänzlich anders und auch das amerikanische Prozessrecht ist dort abweichender gestaltet als in Europa. Amerikanische Anwälte suchen nach Schwächen in der Technischen Dokumentation, um Prozesse aufgrund der Produkthaftung in den USA zu starten. Ein verlorener Prozess kann in Amerika schnell zu einer extrem teuren Angelegenheit führen.

ANSI Z353 vs ISO 7010 – Unterschiede zwischen Normen in den USA und Europa

Exportiert ein deutscher Maschinenbauer seine Produkte nach Amerika, muss der Hersteller sich zwangsläufig auch mit der Erstellung einer Betriebsanleitung und den ANSI-Normen auseinandersetzen. Wie in Europa gehört eine Technische Dokumentation auch in den USA zum Lieferumfang einer Maschine. Nur ist eine EU-konforme Betriebsanleitung nicht auch automatisch in den USA zu gebrauchen. Eine US-taugliche Betriebsanleitung enthält andere Vorgaben wie eine Anleitung für den europäischen Markt. Wenn beispielsweise in einer Betriebsanleitung für die USA das metrische System angewendet wird und nicht das angloamerikanische Maßsystem, dann ist diese Anleitung fehlerhaft. Eine fehlerhafte US Betriebsanleitung kann in den USA schnell zu Prozessklagen aufgrund Verstößen gegen die US Produkthaftung führen.

Was macht dann aber eine gute Betriebsanleitung in den USA aus, die allen Normen und Richtlinien entspricht? Gründe für eine Produkthaftung in der USA können unzureichende Anweisungen oder Warnungen sein. Daneben enthalten schlechte US-Betriebsanleitungen auch zu wenige Abbildungen oder diese sind unverständlich. Beispielsweise kommen für die USA häufig die falschen Piktogramme für Warnhinweise zum Einsatz. Die deutschen Maschinenbauer verwenden aus Gewohnheit die Piktogramme nach dem ISO 7010 Standard, obwohl eigentlich für den amerikanischen Markt die Piktogramme nach dem ANSI Z535 Standard zum Einsatz

Beispiele von ISO 7010 Piktogramme

Beispiele von ANSI Z535 Piktogramme

Neben den Piktogrammen von Warnschildern müssen auch die Sicherheitshinweise in einer Betriebsanleitung für die USA nach dem aktuellen Stand der ANSI Z535 erstellt sein. Die vorgeschriebenen Signalwörter DANGER, WARNING und CAUTION müssen für Warnhinweise bei Gefahren für Personen verwendet werden. Das Gefahr Zeichen (Safety Alert Symbol) muss in Betriebsanleitungen für die USA zudem mindestens so hoch wie die Großbuchstaben des Signalwortes sein. Die Signalwörter dürfen in schwarzer oder weißer Farbe auf weißem oder schwarzem Untergrund dargestellt sein. Auch die Darstellung in den jeweiligen Signalfarben der Sicherheitsinformationen in der US Betriebsanleitung ist erlaubt und sollte zur besseren Differenzierung der Warnung bevorzugt werden. Die vorgeschriebene Farbgebung bei Warnhinweisen ist Rot für DANGER, Orange für WARNING und Gelb für CAUTION. Auch bei einem Schwarz-Weiß Druck der Betriebsanleitung empfiehlt sich die Verwendung von Farben für die Signalwörter, um eine bessere Differenzierung der Warnhinweise zu erzielen.

Überschrift

Überschrift

Die Art der Darstellungsmöglichkeiten von Warnhinweisen ist ebenfalls mit Hilfe der ANSI Normen geregelt. Eine mögliche Art ist zum Beispiel ein eingebetteter Warnhinweis (Embedded safety message) in einer US Betriebsanleitung. Das ist ein Warnhinweis, der im Text eingebaut ist und dort stehen soll, wo es vom Zusammenhang her nötig ist. Dieser dient dazu, um dem Leser genau zu sagen, worauf er jetzt oder hier achten muss. Der Warnhinweis ist entweder in dem jeweiligen Arbeitsschritt eingebettet oder vorangestellt als eigener Schritt bzw. Punkt.

Beispiel eingebetteter Warnhinweis:

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Technische Dokumentationen für die USA - das gibt es zu beachten!

Verständlichkeit und Klarheit spielen nicht nur bei Warnhinweisen eine wichtige Rolle. Beim Erstellen einer US-Betriebsanleitung sollte dies allgemein beachtet werden und sollte dabei das oberste Gebot in der Gestaltung sein. Die Anleitung sollte eine brauchbare Struktur enthalten und das Format der Betriebsanleitung sollte einladend aussehen. Dem typischen amerikanischen Leser muss es so einfach wie möglich gemacht werden, die Betriebsanleitung zu lesen. Eine gute Betriebsanleitung muss alle Informationen enthalten, die der Benutzer braucht um das Produkt sicher und effizient zu verwenden.

Weiterhin muss eine Anleitung auch die Informationen enthalten, die nicht offensichtlich sind. Auf diese Punkte ist bei einer US-Betriebsanleitung mehr Wert zu setzen als für eine deutsche Betriebsanleitung. Für den deutschen Markt setzen die Maschinenbauer beim Erstellen einer Betriebsanleitung viel Wissen voraus und lassen viele (allgemein bekannte) Informationen eher weg. So ist bspw. die Drehrichtung in der man eine Schraube anzieht oder löst in Deutschland allgemein bekannt. Wo in Deutschland für einen Handlungsablauf zehn Schritte ausreichen, um diesen zu erläutern, bedarf es in den USA aber oft viele mehr. Auch das am Arbeitsplatz weder Alkohol noch Drogen konsumiert werden darf, ist in Deutschland eine gängige Information. In den USA muss man aber eindeutig darauf verweisen, dass dieser Konsum am Arbeitsplatz verboten ist.

Es ist überdies wichtig, sich Gedanken zu machen, wer der wahrscheinliche oder zu erwartende Nutzer der US Betriebsanleitung ist. Man sollte mittels einer Zielgruppenanalyse genauere Informationen über die Nutzergruppen einholen. Zu wenige der Maschinenbauer machen sich vor dem Export in die USA darüber Gedanken. Es ist eher wahrscheinlich, dass nur spekuliert wird, wer die Maschine benutzt. In Deutschland ist es ausreichend in der Betriebsanleitung anzugeben, dass das Bedienen von Maschinen nur durch ausgebildete Personalkräfte erfolgen darf. Die meisten Arbeitnehmer sind in den USA aber nur mehr oder weniger gut angelernt. Eine fundierte Ausbildung oder eine jahrzehntelange Erfahrung in einem Berufszweig wie in Deutschland ist eher selten. Dem Leser einer US Betriebsanleitung muss man deswegen genauestens vermitteln, wann er etwas wie und mit welchem Werkzeug zu tun hat. Sind Informationen nämlich nicht klar verständlich vermittelt worden, kann es zu Unfällen im Umgang mit der Maschine kommen. Und dies kann dann in einer teuren Anklage für den Hersteller münden aufgrund von Verletzungen der US Produkthaftung.

Wer muss in den USA im Falle eines Haftungsfalls die Verantwortung übernehmen?

Im Maschinenbau können aus Sicht der Produkthaftung der USA alle Hersteller, Importeure, Großhändler, Distributoren und Einzelhändler haftbar sein. Letztendlich ist im Falle eines Unfalles jeder haftbar, bei dem genug Geld zu holen ist.

Die bekanntesten rechtliche Ansprüche ergeben sich aus der fahrlässigen Haftung (ENG: „Negligence”), vertraglichen Gewährleistung (ENG: „Breach of Warranty”) oder verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung (ENG: „Strict Liability in Tort”). In diesen Punkten gleichen sich die US Produkthaftung und die deutsche Produkthaftung.

Die verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung (ENG: „Strict Liability in Tort”) liegt dann vor, wenn ein Fehler oder gefährlicher Zustand des Produktes vorliegt. Dies erfolgt, wenn der Hersteller einer seiner Konstruktions-, Fabrikations- oder Instruktionspflichten verletzt. Der Unterschied zur fahrlässigen Haftung (ENG: „Negligence”) besteht darin, dass der Hersteller von dem Fehler bzw. dem gefährlichen Zustand des Produktes Kenntnis hatte und es unterlassen hatte, vor der Gefahr zu warnen. Der Hersteller handelt fahrlässig weil er gegen seine Produktbeobachtungspflicht oder die Pflicht zum Produktrückruf verstößt. Neben Gefährdungshaftung und Fahrlässigkeit für Fehler am Produkt kann eine US Produkthaftung noch durch einen vertraglichen Gewährleistungsanspruch (ENG: „Breach of Warranty”) bestehen. Bei einer Leistungsstörung oder wenn ein Sachmangel nach dem einschlägigen Kaufrecht vorliegt, wird von einem solchen Fall gesprochen.

Ein Kläger muss im Falle eines Prozesses beweisen, ob und inwiefern eine Sorgfaltspflicht verletzt wurde und ob der Schaden tatsächlich darauf zurückzuführen ist. Die meisten US Anwälte können den deutschen Maschinenbauern einen Fehler in der Konstruktion oder in der Fabrikation ihrer Produkte nur schwer nachweisen. Deswegen entstehen die meisten rechtlichen Ansprüche aus Produkthaftungsprozesse aufgrund von Instruktionsfehlern. Die Anwälte nehmen die US Betriebsanleitung des Herstellers unter die Lupe und kreiden falsche oder fehlende Informationen in der US Betriebsanleitung an. Mangelhafte Anleitungen fallen unter die häufigsten Ursachen für Anklagen im Bereich der US Produkthaftung.

Gerichtsverfahren in der US-Produkthaftung - von der Klage bis zum Urteil

Das Prozessrecht in den USA unterscheidet sich zum europäischen Gerichtsverfahren in einigen Punkten. Für die Einreichung einer Klage, zum Beispiel aufgrund von US Produkthaftung, sind anders als in Deutschland nur geringe formale Anforderungen notwendig. Für die wirksame Zustellung der Klage genügt in den USA die einfache Postzustellung. Zur Eröffnung einer Anklage wird nur eine geringe Verwaltungsgebühr fällig. In der Klageschrift muss man den Grund für die Klage nur durch unterstützende Behauptungen verdeutlichen. Die eigentliche Beweisfindung erfolgt erst im Prozess.

Bei der Ermittlung der Beweise in einem Prozess greift in Amerika das „pretrial discovery“ Verfahren. Hierbei geht es um die Offenlegung von Informationen an beiden Seiten eines Prozesses. Das „pretrial discovery“ dient dem Ziel zur Offenlegung des entscheidungserheblichen Beweismaterials im Hinblick auf das Gerichtsverfahren.

Die Schuldfrage in einem US Prozess klärt hier auch nicht der Richter. Die Rolle des Richters ist hierbei diese, dass er die korrekte Befolgung des jeweils gültigen Prozessrechts garantieren soll. Der Richter entscheidet zum Beispiel darüber, ob Beweise überhaupt zur Verhandlung zugelassen sind, falls bekannt ist, dass sie zum Beispiel illegal erlangt wurden. Die Entscheidung über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten regelt eine Jury. Da in den USA in solchen Verfahren ein Geschworenengericht aus normalen Bürgern von der Schuld bzw. Unschuld des Angeklagten überzeugt werden müssen, unterscheidet sich die Atmosphäre im Gerichtssaal deutlich. Diese verstärkt sich noch durch die Anwesenheit der Medien, also Fernsehen und Fotografen, da die Prozesse öffentlich geführt sind.

Die Anwaltskosten, ob nun wegen eines Rechtsstreites aufgrund der US Produkthaftung oder eines anderen Rechtsstreites sind in den USA von jeder Partei selbst zu tragen. Die Kosten für einen amerikanischen Anwalt werden über einen Stundennachweis abgerechnet. Der Stundenlohn eines durchschnittlichen US-Anwaltes beläuft sich zwischen 300-600 Dollar. Es besteht zwar die Möglichkeit mit dem Anwalt ein Erfolgshonorar anstatt einem Stundenlohn zu vereinbaren. Dies wird in der Praxis aber nicht oft durchgeführt, da der Anwalt nichts erhalten könnte, wenn er den Fall verliert.

Im Gegensatz zum deutschen Rechtsprozess besteht in den USA zudem keine Kostenerstattungspflicht der unterlegenen Partei. Das bedeutet auch der Sieger des Prozesses muss die Kosten der am Prozess beteiligten Rechtsanwälte, die Gerichtskosten, Auslagen für Zeugen und Sachverständige aus eigener Tasche bezahlen. Ausnahmen dazu sind aber durch Urteile im Prozess möglich. Ein Beklagter kann beispielsweise seine Anwaltskosten gegenüber dem Kläger geltend machen, wenn er nachweisen kann, dass die Klage mutwillig eingereicht ist und keine Aussicht auf Erfolg hatte.

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Welche Strafen sieht die US Produkthaftung bei rechtskräftigen Verurteilungen vor?

Ist die Klage erfolgreich, wird der Beklagte zur Zahlung einer Schadensersatzsumme verurteilt. Die Höhe der Schadensersatzsumme ist zum einen abhängig vom vorliegenden Ausmaß der Schäden aufgrund des Produktfehlers. Der einfache Schadensersatz (Compensatory Damages) in der US Produkthaftung dient zum Ausgleich des entstandenen Schades, die beim Kläger entstanden sind. Personenschäden fallen bezüglich der Höhe des Schadensersatzes höher aus.

Weiterhin spielen die finanzielle Lage des Klägers und der Grad der Verwerflichkeit im Verhalten des Beklagten eine Rolle. Der Strafschadensersatz (Punitive Damages) ist in der US Produkthaftung eine Art Abschreckung bzw. Mahnung. Dies dient dazu, um den Beklagten zur dauerhaften Änderung seines Verhaltens zu bewegen. Ein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Fehlverhalten ist Voraussetzung für den Strafschadensersatz. Die Summen beim Strafschadensersatz in Prozessfällen aufgrund der US Produkthaftung fallen deutlich höher aus als beim einfachen Schadensersatz.

Produktfehler aufgrund mangelnder Sicherheitsbewertung des Produktes kann die Hersteller im Schadensfall in den USA eine Menge Geld kosten. Deswegen ist es ratsam für den gesamten Produktlebenszyklus von der Lieferung bis zur Entsorgung, einschließlich besonderer Situationen wie Wartung, Störungsbehebungen oder Demontage eine Risikobeurteilung durchzuführen. Lesen Sie zu diesem Thema auch unseren Artikel Risikobeurteilung – Noch nie etwas passiert – wozu eine Risikobeurteilung erstellen?.

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