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CE #012 CE-Kennzeichnung für den Einkauf

CE #012 CE-Kennzeichnung Für Den Einkauf

Die CE-Kennzeichnung ist ein komplexer Prozess der sich in allen Abteilungen eines Unternehmens abspielt. Ein häufiges Missverständnis ist daher, dass es Abteilungen im Unternehmen gibt, die nichts damit zu tun haben. Eine dieser Abteilungen ist der Einkauf.

Worauf ein Einkäufer in Zusammenhang mit der CE-Kennzeichnung achten sollte und warum er Kenntnisse in diesem Themengebiet benötigt, erfahren Sie in dieser Folge. Außerdem betrachten wir auch, welche Chancen ein Unternehmen hat, falls ein Einkäufer diese Kenntnisse hat.

Gleich vorne weg: Dieser Podcast hat die Einkäufer von Unternehmen als Zielgruppe. Wer eine ausführliche Erläuterung und Tipps zur CE-Kennzeichnung sucht, den verweise ich hiermit direkt auf die Folgen CE#001 bis CE #007 in dieser Reihe. Dort betrachte ich in 7 Folgen die CE-Kennzeichnung und die dazugehörenden Schritte im Detail. Diese Folge bleibt im Vergleich dazu eher oberflächlich. Die erste Folge der Reihe CE-Kennzeichnung finden Sie über diesen Link.

Bevor wir in die Thematik starten können, muss ich noch ein paar Grundlagen erläutern. Damit wir alle auf derselben Stufe stehen und nachfolgend klar ist, von was ich rede. Beginnen wir daher mit dem Einkauf. Unter diesem Begriff verstehe ich die Abteilung die für die Beschaffung von Materialien, Zuliefererkomponenten und Produkten im Unternehmen verantwortlich ist. Von ihr wird alles, was für die Herstellung von Produkten benötigt wird, bestellt und eingekauft.

Außerdem bezieht sich dieser Podcast auf ein Unternehmen, dass mit Produkten zu tun hat, die unter die CE-Kennzeichnung fallen. Was mit diesen Produkten im Anschluss geschieht ist dagegen eher uninteressant. Sie könnten unter weitere CE-Richtlininen fallen und beispielsweise in Maschinen verbaut oder in irgendeiner Art und Weise weiterverarbeitet werden. Oder auch ein einfacher Handel mit den Produkten ist denkbar.

Aufgrund der zahlreichen CE-Richtlinien, der damit verbundenen Produktvielfalt und meiner daher sehr wagen Formulierung, verdeutliche ich es am besten mit ein paar Beispielen. Diese Folge gilt für: Maschinen- und Anlagenbauer, Hersteller von Niederspannungsprodukten und Haushaltsgeräten, Spielzeughersteller, Unternehmen aus dem Chemiebereich, Elektronikhersteller, Generalunternehmer oder auch Handelsunternehmen.

Die Aufgabe des Einkäufers

In all diesen Unternehmen hat der Einkäufer dabei immer die zentrale Aufgabe, alle benötigten Teile in der benötigen Menge, in der gewünschten Qualität und zum richtigen Zeitpunkt zu beschaffen. Damit die Prozesse im Unternehmen reibungslos funktionieren können.

Und in diesem Zusammenhang ist natürlich der Preis der eingekauften Produkte ein entscheidender Faktor. Denn wie eine alte Kaufmannsregel sagt: „Der Gewinn liegt im Einkauf“. Werden Waren oder Dienstleistungen günstig eingekauft, so gibt dies Spielraum bei der Preisgestaltung im Verkauf und kann gleichzeitig den Gewinn des Unternehmens am Ende des Jahres enorm beeinflussen.

Aber heutzutage ist nicht nur der Preis für den Einkäufer wichtig. Häufig hat er weitreichende Kenntnisse im Bereich Vertragsrecht, um Rahmenverträge abschließen zu können und kennt sich mit der erforderlichen Qualität für das Produkt aus. Und ebenso häufig erhält der Einkäufer Bonuszahlungen, wenn er seinen Job besonders gut macht.

In diesem Zusammenhang gehen dabei leider häufig die Kenntnisse für die CE-Kennzeichnung unter. Denn der Einkäufer kennt sich zwar mit der erforderlichen Qualitätsmerkmalen für das einzukaufende Produkt aus, aber selten mit der rechtlichen Seite des Produktes. Das Thema CE-Kennzeichnung landet häufig nur bei eigenen Konstruktion und Entwicklung, um das eigene Produkt rechtssicher zu machen. Die Zukaufteile werden häufig nicht betrachtet, es entsteht ein großes Risiko.

Durch den Einkäufer verursachte Risiken

Jetzt werden sich viele vermutlich fragen, was hat der Einkauf den mit der CE-Kennzeichnung zu tun? Denn die CE-Kennzeichnung beschäftigt sich doch nur mit dem Bereitstellen von Produkten auf dem Markt. Wie zum Beispiel unserem Endprodukt, welches wir als Unternehmen verkaufen möchten.

Nun diese Aussage ist teilweise richtig. Die CE-Kennzeichnung legt den Fokus auf das erstmalige Bereitstellen von Produkten auf dem EU-Markt. Jedoch fallen unter den Begriff des „erstmaligen Bereitstellens“ nicht nur unser Produkt, sondern auch alle darin verbauten Produkte und Zuliefererteile. Wir müssen also alle verbauten Komponenten darauf untersuchen, ob sie bereits auf dem EU-Markt bereitgestellt worden sind oder ob wir diese durch unser Produkt zum ersten Mal bereitstellen. Wenn auch nur als Ersatzteil oder Komponente durch unser Produkt.

Denn derjenige der ein Produkt erstmalig auf dem europäischen Markt bereitstellt, ist für dessen CE-Kennzeichnung verantwortlich. Die EU weißt ihm dabei quasi dieselben Pflichten zu, wie dem eigentlichen Hersteller des Produktes. Ein Importeur von Produkten in die EU muss also die CE-Kennzeichnung für das Produkt durchführen bzw. vorlegen können. Das kann teuer werden und ist für viele Einkäufer ein unbekanntes Risiko.

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Standort des Herstellers – EFTA Staaten oder Drittländer?

Was hier etwas kompliziert klingt ist eigentlich ganz einfach. Wir untersuchen die Hersteller unserer Zukaufteile auf ihren Standort. Also von wo die jeweiligen Teile an uns gesendet werden. Dabei unterscheiden wir in Zulieferer die in der EU oder den EFTA-Staaten sitzen und in Zulieferer die in Drittstaaten ihren Sitz haben.

Zwischen EU-Staaten und den EFTA-Staaten wird dabei nicht unterschieden. Denn die EFTA-Staaten, also die Schweiz, Island, Norwegen und Liechtenstein, haben über verschiedene Abkommen die CE-Kennzeichnung und andere Verträge akzeptiert. Produkte die wir aus diesen Staaten einkaufen, erfüllen also theoretisch bereits die Anforderungen der CE-Kennzeichnung. Sie wurden bereits auf dem Markt bereitgestellt. Ich sage hier bewusst theoretisch, aber dazu kommen wir später.

Sitzt der Hersteller dagegen in einem Drittland wird es komplizierter. Denn dann wird unser Unternehmen als Importeur der Ansprechpartner für die Behörden der EU. Wir sind dann für die ordnungsgemäße CE-Kennzeichnung der importierten Produkte verantwortlich und können auch bei Fehlern oder Missachtung belangt werden.

Risiko: Import aus Drittländern

Das ist ein großes Risiko für uns als Unternehmen und es sollte jedem Einkäufer bewusst sein. Wird nur auf den Preis des zu importierenden Produktes geschaut, kann es schnell zu Problemen kommen. Es könnte zum Beispiel sein, dass die Produkte beim Import vom Zoll beanstandet und aufgehalten werden, weil die CE-Kennzeichnung fehlt. Und unsere Produktion steht dann still, weil diese die importierten Teile für eine Weiterarbeit benötigt. Der Zähler der entstandenen Kosten wächst in solchen Situationen schnell an. Insbesondere in Branchen wie der Automobilbranche, wo alle Bereiche Just-In-Time ablaufen.

Aber auch eine Zusage des Herstellers im Ausland muss grundsätzlich überprüft werden. Denn diese geben häufig an, die CE-Richtlinien einzuhalten, tun dies aber in Wahrheit gar nicht. Und eine Überprüfung dieser Aussage ist für uns als Hersteller teilweise unmöglich. Den häufig werden ja Zukaufteile bestellt, für deren Fertigung in unserem Unternehmen die Kenntnisse fehlen. Wie wollen Sie als zum Beispiel Spielzeughersteller überprüfen, ob die elektronischen Platinen aus China die Grenzwerte der ROHS-Richtlinie einhalten? Nun einfach ist das auf jeden Fall nicht.

Verträge und Muster können die Lösung sein

Entsprechend wichtig werden in diesem Zusammenhang Produktmuster und Lieferantenverträge. Vor dem Kauf einer größeren und vielleicht für die eigene Produktion kritische Anzahl an Zukaufteilen, sollten beim Hersteller im Drittland Muster angefordert werden. Dieses Muster sollten auf die Einhaltung der erforderlichen CE-Richtlinien genausten überprüft werden. Im Anschluss muss dann über einen Rahmenvertrag die Beschaffenheit der Zukaufteile genaustens festgelegt werden. Regelmäßige Kontrollen und Stichproben bei der Anlieferung gehören natürlich ebenso dazu. So haben wir als Hersteller zumindest eine gewisse Rechtssicherheit.

Denn mehr geht häufig nicht. Und verändern lassen sich die Pflichten der EU auch nicht. Als Importeur werden wir immer der Ansprechpartner und Adressat für Bußgelder und Produktmängel bleiben. Und da wir alle auch nur Menschen sind, passieren Fehler. Was passiert also, falls nicht gekennzeichnet Zukaufteile in unseren Produkten verbaut und auf dem europäischen Markt bereitgestellt werden?

Sollte dies der Marktaufsicht auffallen, so steht ein Produktrückruf unserer Produkte im Raum. Und das bereits auch dann, wenn die Teile nur falsch oder fehlerhaft gekennzeichnet wurden. Es muss dazu kein Personenschaden oder Unfall geschehen. Es genügen Fehler in der CE-Kennzeichnung. Die Rechte der Marktaufsicht dazu werden immer wieder seitens der EU gestärkt. Mit importierten Zukaufteilen müssen wir also größtmögliche Vorsicht walten lassen.

Verwendung von Produkten aus dem EU-Markt

Entsprechend besser sieht es dagegen bei Zukaufteilen aus, die bereits auf dem EU-Markt vorhanden sind. Denn hier trägt jemand anders die Pflichten der CE-Kennzeichnung. Wir als Unternehmen können uns dann auf die Konformitätserklärung des Herstellers berufen und damit Strafmaßnahmen abwehren.  Denn dieser hat seine Pflichten vernachlässigt und nicht wir.

Neben dieser Weitergabe von Haftungsrisiken bietet die Verwendung von Produkten aus dem EU-Markt eine weitere Möglichkeit. Denn auch der Einkäufer kann bereits Qualitätsprüfungen aus Sicht der CE-Kennzeichnung durchführen. Zum Beispiel wenn er die Konformitätserklärung des Zukaufteils anfordert. Erkennt er hier Fehler, so kann er Rückschlüsse auf den CE-Prozess des Herstellers schließen.

Chancen durch schlechte CE-Kennzeichnungsprozesse

Denn einige Teilbereiche der CE-Kennzeichnung können als Verhandlungsargument mit dem Zulieferer genutzt werden. Zum Beispiel um Preisnachlässe auszuhandeln. Hierbei ist wichtig, dass nicht einfach die CE-Kennzeichnung „abbestellt“ werden kann. Diese muss immer auf dem Produkt angebracht sein.

Aber jetzt nehmen wir mal an, wir bekommen die Konformitätserklärung des Zulieferers vorgelegt. Und aufgrund von Fehlern im Dokument erkennen wir, dass auf die Dokumentationspflichten wenig wert gelegt wird. Dies kann man zum Beispiel durch falsch zitierte oder veraltete Normen und Richtlinien erkennen.

In einem solchen Fall würde ich mir dann die Anleitung des Zulieferers anschauen und ggf. überprüfen lassen. Entweder durch die eigene technische Dokumentation oder durch einen externen Prüfer. Jetzt nehmen wir an, dass diese Anleitung in einem schlechten Zustand ist und nicht der erforderlichen Beschaffenheit entspricht. Wir verbauen das Zukaufteil und binden es komplett in unserer Maschine ein. Die Anleitung des Zulieferers wird von uns nicht weitergegeben und entsorgt, da wir die Informationen daraus in unserer eigenen Anleitung aufbereiten und sie nicht benötigen.

Hier könnte nun tatsächlich mit dem Zulieferer diskutiert werden. Entweder er liefert uns eine fehlerfreie Anleitung die die rechtlichen Anforderungen erfüllt oder er gewährt uns einen Preisnachlass damit wir diese selbst korrigieren. Die Korrektur erfolgt dann durch die Einbettung der Informationen in unsere eigene Anleitung. Aber da wir dies sowieso gemacht hätten, sparen wir uns hier Kosten. Das ist ein in der Praxis gern genutztes Vorgehen. Denn häufig wird der Nachlass gewährt, da viele Einkäufer die mangelhafte Anleitung nicht erkennen und somit keinen Abzug verlangen können. Die Anpassung seitens des Herstellers wäre dann meist teurer als das gewähren eines einmaligen Abzugs.

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Grundkenntnisse in der CE-Kennzeichnung sind für Einkäufer Pflicht

Grundlegende Kenntnisse für die CE-Kennzeichnung sind somit auch für Einkäufer sinnvoll. Denn nur so können sie Vorgaben kennen und berücksichtigen. Und nur so können sie seitens der Lieferanten erkennen, ob gegen Vorgaben verstoßen wird.

Daneben sollte ein Einkäufer wissen, welche Dokumente für die CE-Kennzeichnung relevant sind. So kann er auch den eigenen CE-Prozess im Unternehmen unterstützen. Bei jedem Produkt das unter die CE-Kennzeichnung fällt, sollte er eine Betriebsanleitung oder anderes Informationsmaterial, eine Konformitätserklärung sowie das eigentliche Produkt erhalten. Fehlt auch nur eines dieser Dokumente, so muss dies angefordert werden. Ansonsten fehlen diese Unterlagen für die eigene CE-Kennzeichnung.

Im Kontext der Anleitung kann es übrigens sinnvoll sein, die Anleitung des Zulieferers direkt in der Sprache des späteren Ziellandes des Produktes zu bestellen. So müssen Dokumente des Zulieferers die an den Endkunden weitergegeben werden nicht mehr extra übersetzt werden. Auch das kann Kosten bei uns als Hersteller senken.

Zu guter Letzt noch von mir zwei Anmerkungen zu Elementen der CE-Kennzeichnung, die ein Einkäufer hingegen nicht verlangen kann. Zum einen ist dies die Herausgabe der Risikobeurteilung. Dieses Dokument wird häufig von Einkäufern verlangt. Aber zu Unrecht, denn dieses Dokument ist Teil der internen Dokumentation und muss nicht an den Kunden übergeben werden. Der Kunde hat lediglich das Recht auf Einsicht, nicht auf Herausgabe. Der Grund dafür ist, dass die Risikobeurteilung auch technische Lösungen und Patente beinhalten kann, die geschützt werden sollen.

Außerdem denken einige Einkäufer das sie mit Verzicht auf die Anleitung oder der Übersetzung in die eigene Landessprache Kosten senken können. Wenn diese quasi nicht bestellt werden. Aber auch das ist nicht der Fall. Denn zum Prozess der CE-Kennzeichnung gehört die Erstellung der Anleitung und deren Übersetzung. Ohne diese beiden Vorgänge, darf die CE-Kennzeichnung nicht angebracht werden, das Produkt wäre wieder zu Unrecht mit dem CE-Zeichen versehen, es drohen die vorhin erwähnten Strafmaßnahmen der Marktaufsicht gegen die Parteien.

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