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BA #002 Betriebsanleitung erstellen – Tipps und Hintergründe die es zu beachten gibt!

Betriebsanleitung erstellen Tipps

Liebe Leser und Zuhörer, auf unseren Seiten finden Sie viele weitere Artikel zum Thema Betriebsanleitungen erstellen. Falls Ihnen die Risikobeurteilung oder die CE-Kennzeichnung interessiert, werden Sie auch hierbei fündig.

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1. Zielort des Produktes, Maschine oder Anlage

Die erste Frage geht bei einer Betriebsanleitung um den Zielort des Produktes, der Maschine oder Anlage, dies wird auch im Vertrag meist festgeschrieben.

Diese Fragen stellen sich dazu:

  • Welche örtlichen Gesetze, Normen und Richtlinien müssen für dieses Zielland beachtet werden?
  • Gibt es dazu bereits eine Recherche für die technische Dokumentation oder muss diese noch durchgeführt werden?
  • Für die USA, sowie Länder außerhalb der EU muss die Betriebsanleitung /technische Dokumentation nach deren besonderen Gesetzten und Vorgaben (kann sogar in jedem Bundesstaat unterschiedlich sein) erstellt werden.
    z.B. müssen Angaben zum Arbeitsschutz und Arbeitsrecht in der technischen Dokumentation und Betriebsanleitung zielortspezifisch beachtet werden

Wird der im Vertrag genannte Zielort nicht berücksichtigt, kann die Folge ein Sachmangel in der Betriebsanleitung sein. Der Kunde hat dann das Recht auf Nachbesserung, Preisnachlass oder Rücktritt vom Vertag.

Geschieht aufgrund der Missachtung der örtlichen Gesetze, Normen und Richtlinien ein Unfall, eine Verletzung oder ein Sachschaden, kann der Hersteller zur Haftung herangezogen werden. Er kann in diesem Fall jedoch nicht behaupten, dass er nicht wusste dass das Produkt an diesen Zielort geht, wenn es im Vertrag klar festgelegt wurde.

2. Normen- und Richtlinienrecherche

Die Normen- und Richtlinienrecherche sollten durch die Risikobeurteilung im Vorfeld abgedeckt sein.

  • Eine Risikobeurteilung wird im Idealfall bereits bei der Konstruktionsphase mit erstellt und beinhaltet die Normen- und Richtlinienrecherche

Was ist eine Richtlinie?

Es gibt derzeit 26 Europäische Richtlinien, davon 22 welche die CE-Kennzeichnung vorsehen, z. B. Maschinenrichtlinie. Diese Richtlinien geben teilweise Informationen zum Inhalt der technischen Dokumentation / Betriebsanleitung vor.

z.B. Auszug aus der Maschinenrichtlinie:

  • Artikel 5 fordert die Erstellung und zur Verfügungstellung einer Betriebsanleitung,
  • Montageanleitung bei unvollständigen Maschinen
  • Bestimmungsgemäße Verwendung und vorhersehbare Fehlanwendung
  • Angaben zum Transport der Maschine
  • Amtssprache des Ziellandes
  • Firmenname und vollständige Anschrift des Herstellers
  • Angaben zur Wartung, Instandsetzung und Arbeitsplätze

Die Menge der Angaben kann von Richtlinie zu Richtlinie abweichen, dies muss in der jeweiligen Richtlinie nachgeprüft werden. Die jeweilige geltende Richtlinie muss für das Produkt, Maschine oder Anlage angewendet werden.

Richtlinien können sich gegenseitig ausschließen, dies muss ebenfalls in der jeweiligen Richtlinie nachgeschaut werden.

Was sind Normen? Was ist eine A-Norm, B-Norm und C-Norm?

Es gibt eine Vielzahl an Normen zu verschiedenen Produktgruppen. Wir unterscheiden A-, B-, und C-Normen.

  • A-Normen = Sicherheitsgrundnormen für Grundbegriffe, Gestaltungsleitsätze und allgemeine Aspekte für alle Maschinen, Geräte und Anlagen
  • Beispiel EN ISO 12100 (fordert unter anderem die Durchführung einer Risikobeurteilung)
  • B-Normen = Sicherheitsgruppennormen für Sicherheitsaspekte oder Arten von Schutzeinrichtungen die für eine Reihe von Maschinen verwendet werden können
  • Maschinentypen übergreifend wie Zweihandbedienung, Oberflächentemperatur, Lärm
  • Unterteilung in B1 und B2 Normen
  • B1 Norm = bestimmte Sicherheitsaspekte (z.B. Sicherheitsabstände, Lärm, Temperaturen)
  • B. EN ISO 13855 Anordnung von Schutzeinrichtungen
  • B2 Norm = bestimmte Schutzeinrichtungen
  • B. EN 574 Zweihandschaltungen
  • B. EN 953 feststehende trennende Schutzeinrichtungen

A- und B-Normen beinhalten meist wenige Angaben für eine Betriebsanleitung / technische Dokumentation,

  • C-Normen = Maschinensicherheitsnorm
  • Detaillierte Informationen zu bestimmten Maschinen oder Maschinengruppen
  • Pumpen, hydraulische Pressen, Nahrungsmittelmaschinen

Beispiel aus der DIN EN 12355 für Nahrungsmittelmaschinen

  • konkrete Angaben zur Nicht bestimmungsgemäßen Verwendung
  • Beschreibung der Maschinenaufstellung in Arbeitsräumen
  • Angaben zu Schulungen, Schulungsnachweisen und PSA (persönliche Schutzausrüstung)

ACHTUNG: Wenn eine C-Norm von Angaben in den A- und B-Normen abweicht, hat die C-Norm Vorrang. Bei ignorierten/übersehenen C-Normen sind die Anforderungen der Maschinenrichtlinie nicht erfüllt! Sie sollten deshalb gründlich recherchiert werden.

Was ist eine Risikobeurteilung?

Eine Risikobeurteilung sollte im Voraus bereits in der Konstruktionsphase erstellt werden. Das Ziel einer Risikobeurteilung ist es, Gefahren im Vorfeld bereits konstruktiv zu lösen. Falls dies nicht möglich ist, muss in der technischen Dokumentation / Betriebsanleitung auf die Gefahr und mögliche Lösungen hingewiesen werden. Dies kann ein technischer Redakteur anhand einer Risikobeurteilung erkennen und entsprechend in der technischen Dokumentation / Betriebsanleitung darauf hinweisen sowie Lösungen angeben.

Die technische Dokumentation / Betriebsanleitung ist immer das letzte Mittel zur Sicherung der Personen / Maschine. Schutzeinrichtungen sind zur Vermeidung von Gefahren und haben Vorrang vor der technischen Dokumentation / Betriebsanleitung! Nur Restgefahren sollten in Anleitung noch beschrieben werden.

Die Risikobeurteilung ist ebenso wichtig um die Warnhinweise, Signalwörter und Symbole richtig auszuwählen und in der technischen Dokumentation / Betriebsanleitung angeben zu können.

3. Konzeption der Anleitung und Zielgruppe

Wichtige Fragen bei der Zielgruppe sind:

  • Zielgruppe (sollte bereits bei der Konzeption/Entwicklung des Produktes und Risikobeurteilung bedacht werden), wird in der Norm EN DIN 82079-1 – auf 60 Seiten 40-mal erwähnt und verdeutlicht deren Wichtigkeit. Der technische Redakteur soll sich ausführlich damit beschäftigen
  • Welche Zielgruppe nutzt wann das Produkt? (z.B. Transporteur zum Transport, Teilzeitkraft zur Bedienung)
  • Welche Informationen sollten in welcher Tiefe vorhanden sein? Besonderer Informationsbedarf der Zielgruppe (z. B. Informationsbedarf einer Teilzeitkraft während der Bedienung höher als die einer ausgebildeten Fachkraft) auch nach Lebensphasen
  • Besonderer Schutz bei besonderen Zielgruppen (z.B. behinderte Menschen oder junge Eltern mit Kleinkinder im Hinblick auf verschluckbare Kleinteile)
  • Welche Terminologie, Fachwissen, Sprache beherrscht die Zielgruppe (z.B. ungelernter Bediener kennt keine Abkürzungen wie niO, iO oder HSK)
  • Warnhinweise verständlich für die Gruppe gestalten (z.B. Abkürzungen und Fachbegriffe vermeiden) um Produkthaftungsfälle zu verhindern
  • Sind Autoren qualifiziert für die Zielgruppe (z.B. sind es ausgebildete technische Redakteure oder Konstrukteure die evtl. zu fachspezifisch schreiben und so unverständliche oder komplizierte Sachverhältnisse darstellen)
  • Den Zielort des Produktes beachten, vor allem im Bereich der Ausbildung, deutsches Ausbildungssystem ist hochwertig und beinahe einzigartig auf der Welt.
    Lokale Besonderheiten berücksichtigen z. B. Kaminfeger gibt es nicht in Spanien. Arbeitsschutz ist in Schweden umfassend und hat andere Vorgaben wie in Deutschland (z.B. zumutbares Höchstgewicht beim Heben von schweren Gewichten/Produkten wird in Deutschland getrennt nach männlich / weiblich und liegt bei 35-55 kg (Männer) in Schweden generell bei 25 kg)
  • Empfohlen werden empirische Tests speziell für Verbraucherprodukte = Verständlichkeit und Usability abprüfen, die Ergebnisse der Studie sollten archiviert werden
  • Klare und angemessene Trennung der Zielgruppen in Inhalte in der Anleitung (z.B. Transport-Kapitel für Zielgruppe Transporteure und nicht für ungelernte Fachkräfte)

Wichtige Fragen bei der Konzeption der Anleitung sind:

  • Wie soll die Anleitung aussehen (Design oder Vorlage z.B. in Word, InDesign, Framemaker, Redaktionssystem festlegen)?
  • Soll die Betriebsanleitung als Beileger / in Papierform erstellt werden
  • Internet (auch angepasst an unterschiedliche Bildschirmgrößen und Endgeräte wie Handy, Laptop oder Tablet)
  • Digital im Produkt vorhanden Betriebsanleitung

Wichtig! Hierbei gilt nach wie vor in der EU: Anleitung in Papier ist Pflicht.

Wichtig für die Struktur der Anleitung und zur Verfügungstellung der Informationen für die Zielgruppen ist der Zeitpunkt, wann die Informationen benötigt werden.
Zusätzliche, digitale Betriebsanleitungen an der Maschine oder Anlage stellen einfacher Informationen bereit (bspw. umfassen Anleitungen für die Wartung von Kraftwerken aufgrund der Komplexität eine Vielzahl von Ordnern. Diese während der Wartung innerhalb des Kraftwerkes zu transportieren ist aufwendig und mühselig. Eine digitale Anleitung auf einem Tablet unterstützt hier die praktische Umsetzung der Wartung).

Praktische Tipps:

Betriebsanleitung Vorlagen erstellen: Möglichkeit zur Wiederverwendung (Modularisierung) nutzen und Risiko des Vergessens von Inhalten verringern

Redaktionsleitfaden erstellen: Gibt klare Darstellungs- und Strukturvorgaben zur Vereinheitlichung von technischen Dokumenten vor und ermöglicht es Vorgaben an mehrere Redakteure oder externe Dienstleister zu geben

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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Vielen Dank für die Tipps zur Erstellung einer Betriebsanleitung. Mein Neffe muss in seiner Ausbildung eine Anleitung zum Thema Hydraulik erstellen und braucht noch Tipps. Gut zu wissen, dass die Anleitung an die Zielgruppe angepasst sein sollte und die Autoren das nötige Know-how besitzen.

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