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DD#012 Die künstliche Intelligenz in der technischen Redaktion

DD#012 Die Künstliche Intelligenz In Der Technischen Redaktion

Künstliche Intelligenz – ein Begriff, der spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT in nahezu aller Munde ist, dessen Bedeutung aber manchem gar nicht so geläufig ist.

Vereinfacht gesagt geht es bei der künstlichen Intelligenz darum, den Vorgang und das Resultat des menschlichen Lernens auf Maschinen zu übertragen. Der Begriff Maschine kann dabei in diesem Zusammenhang stellvertretend für alle elektronischen Produkte angesehen werden.

Künstliche Intelligenz in der Robotik

Ein populäres Beispiel wäre der Roboter. Wer von den Älteren kennt nicht Dewey, Huey und Louie in dem Science Fiction Film Silent Running, oder R2D2 aus Star Wars? Bereits hier handelte es sich schon nicht mehr um einfache mechanische Gebilde, sondern um scheinbar intelligente Maschinen. Diese scheinbare Intelligenz verlieh den Robots – wenn auch nicht optisch – etwas Menschliches, nämlich das scheinbar selbstbestimmte handeln. Roboter in dieser Form sind längst keine Fiktion mehr, sondern spätestens mit dem auf der Cebit 2018 vorgestellten selbstlernenden Assistenzroboter ama6 Realität geworden.

Ich habe das Beispiel Roboter gewählt, weil sich hier meiner Meinung nach alle Komponenten wiederfinden können die für ein solches System von Bedeutung sind: Ein oder mehrere bewegliche Extremitäten, Augen aus Kameras oder anderen Bilderfassungssystemen, Mikrofone als Ohren, Lautsprecher und synthetische Stimme für die Sprachausgabe, Sensoren der verschiedensten Ausführungen für die Erfassung von Temperaturen, Feuchte, Druck und anderen Zuständen.

Ein Roboter der mit diesen Komponenten und einer entsprechenden Steuerungselektronik ausgestattet ist, ist nun aber noch kein intelligenter Robot. Er führt nur die Handlungen aus, die in seiner Steuerung hinterlegt sind. Nehmen wir nur einen Roboter, der unterschiedliche Maschinenteile von einem Fließband nimmt und diese auf andere Transportbänder verteilt. So etwas lässt sich mit einem nicht intelligenten System nur dann bewerkstelligen, wenn die Maschinenteile in einer vorsortierten Reihenfolge über das Band laufen. Also beispielsweise immer 10 Stck. von der Sorte, dann 10 Stck. von der Sorte und so weiter bis wieder 10 Maschinenteile der ersten Sorte anrollen. Es liegt auf der Hand, dass dieses System seine Schwächen hat. Jedes Teil, dass nicht in seiner zugehörigen Gruppe anrollt, muss zwangsläufig vom Roboter auf dem falschen Band abgelegt werden.

Hier hilft die künstliche Intelligenz weiter. Mittels seiner Kameras erkennt ein intelligenter Roboter beispielsweise die Form und Größe sowie die Lage des auf dem Fließband anrollenden Maschinenteiles und legt nun anhand eines entsprechend mit Algorithmen versehenen Programmes selbst fest, wie er seinen Arm am besten positioniert, um das Teil zu greifen. Anschließend legt er es auf dem richtigen Transportband zum Weitertransport gleich so ab, dass es bereits in der richtigen Lage und Position an der nächsten Station ankommt. Der Vorteil: Die Maschinenteile können nun in wahlloser Reihenfolge und beliebig auf dem Fließband angeliefert werden – der Roboter weiß jederzeit wie er zu handeln hat.

Dies ist nun ein ganz einfaches Beispiel, und der Selbstlerneffekt, der die KI mit ausmacht, kommt hier noch nicht so recht zu Tage. Wie auch beim Menschen gehört zu den meisten Tätigkeiten ein Lernprozess und Training dazu. Die Thematik ist also viel zu komplex, um tiefer darauf einzugehen.

Künstliche Intelligenz in der IT

Nun kommt die künstliche Intelligenz aber nicht nur im Maschinenbereich vor, sondern auch im Computer des Unternehmens oder privaten Heimes.

In diesem Zusammenhang kommt mir ein DOS-Programm in den Sinn das Ende der achtziger Jahre aufkam. Soweit ich mich erinnere, handelte es sich noch nicht um KI im heutigen Sinne, sondern viel mehr um eine Simulation einer KI aber das Programm vermittelte doch eindrucksvoll, was es mit der KI grundsätzlich auf sich hat. Der Ablauf war in etwa folgender: Man sollte sich beispielsweise ein Tier oder eine Farbe ausdenken und das System wollte erraten, um was es ging. Die ersten Durchläufe waren sehr kurz, das Programm gab nach drei Fragen meist auf. Wichtig dabei, man musste jedes Mal, wenn es falsch riet, die richtige Antwort eintippen. Diese Antwort speicherte es in einer einfachen Textdatei. Nach einigen Durchläufen hatte das Programm schon etwas „Wissen“ angehäuft und gab nicht mehr so schnell auf. Je häufiger und länger man mit dem Programm arbeitete, desto präziser wurden die Fragen und der Rateerfolg nahm zu. War das nun KI?

Ich bin geneigt, das zu bejahen, denn es vermittelte schon den Eindruck zu lernen und aus diesem Wissenschatz Schlüsse zu ziehen. Ob die Erfahrungswerte nun in einer Datei oder in einem biologischen Computer abgelegt werden scheint für mich nicht von Relevanz – wichtig ist das Ergebnis. Leider weiß ich nicht mehr, wie dieses Programm hieß.

Im Bereich der Computer begegnet uns die KI heute in so einigen Bereichen und ihre Verbreitung nimmt stetig zu. So seit Kurzem auch in Microsofts Bing das die Technik von ChatGPT4 integriert hat. Bing in dieser Form wird mittlerweile schon als Alternative zu Google gehandelt.

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Künstliche Intelligenz in Microsoft Office

Aber nicht nur in Bing, sondern auch in Edge und Skype soll KI integriert sein und so ist es wohl auch nicht verwunderlich, dass nun mit Microsoft 365 Copilot ein neues KI-basiertes Produkt bereitgestellt wurde. Microsoft 365 ist eine cloudbasierte Plattform die im Online-Abo bezogen wird und die bekannten Anwendungen Word, Excel, Powerpoint, Outlook und Co. zur Verfügung stellt.

Das bekannte Microsoft 365 wird nun um Copilot ergänzt, das in die Word-, Excel- und Co – Apps eingebettet ist. Zusätzlich steht mit Business Chat ein Chatbot für Teams bereit, der Zugriff auf die Daten der Microsoft 365 Apps bietet.

Ermöglicht wird das durch die Einbindung sogenannter LLM – Large Language Models.

LLMs sind Sprachmodelle die aus künstlichen neuronalen Netzwerken und Milliarden Parametern bestehen und mittels großer Textmengen und selbstüberwachtem Lernen trainiert werden. Diese künstlichen neuronalen Netze sind dem Gehirn des Menschen nachempfunden und bestehen, wie auch ihr biologisches Vorbild, aus einer Vielzahl von Knoten – also den Neuronen – nur sind diese hier technischer Natur. Innerhalb dieses Neuronengeflechts werden Informationen aufgenommen, aufgearbeitet und an andere Neuronenkollegen weitergeleitet.

Kurzum: Mit Microsoft 365 Copilot scheint ein KI-basiertes, produktiveres und kreativeres Zeitalter in der Nutzung von Office-Anwendungen angebrochen zu sein.

Nun soll dieser Podcast keineswegs eine Werbeveranstaltung für Microsoft 365 Copilot sein. Vielmehr möchte ich versuchen zu beleuchten ob und inwieweit die Nutzung dieses Produktes auch in der technischen Redaktion einen Mehrwert bringt, denn insbesondere Word ist sehr häufig in technischen Redaktionen in Zusammenhang mit der Erstellung von Betriebsanleitungen und Co anzutreffen.

Schauen wir, was Microsoft zu Microsoft 365 Copilot ausführt:

Zuerst einmal hat Microsoft 365 Copilot in Echtzeit Zugriff auf Inhalte und den Unternehmenskontext in Microsoft Graph.

Sie kennen Microsoft Graph noch nicht? Nun, wenn Sie das aktuelle Microsoft 365 haben, dann haben Sie wohl auch Microsoft Graph. Hinter diesem Namen verbirgt sich das Gateway zu allen Daten und Informationen in Microsoft 365. Keine Angst, wir bleiben nur an der Oberfläche daher kurz und knapp: Microsoft Graph ermöglicht Ihnen den Zugriff auf die in den Microsoft 365 Diensten gespeicherten Daten – z.B. Kalendereinträge, Chatverläufe, Notizen, E-Mails, u.a. mehr. Mit Copilot können auch eigene benutzerdefinierte Anwendungen zur Nutzung der gespeicherten Daten auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnitten erstellt werden – möglich macht das die Microsoft-Graph-API.

Ziel soll es sein, durch den Einsatz der KI Arbeitsabläufe zu automatisieren und den Usern damit Arbeitsaufwand zu ersparen. So wäre es beispielsweise denkbar Copilot den Auftrag zu erteilen, eine Zusammenfassung der letzten Redaktionssitzung zu erstellen und diese an einen oder mehrere Mitglieder zu versenden.

Fassen wir das bisher zusammen bedeutet das wohl, dass alle unternehmensinternen Daten die wir Microsoft 365 Copilot anvertrauen für eine Vielzahl von Anwendungsfällen miteinander verknüpft werden können.  Das Ganze laut Microsoft natürlich sicher und datenschutzkonform.

Hier könnten sich also möglicherweise Vorteile bei der Arbeit in der technischen Redaktion ergeben. Leider lassen diese sich jedoch aktuell noch nicht ermitteln. Dies unter anderem deswegen, weil die Funktionen von Copilot (Stand März 2023) noch nicht abschließend entwickelt sind.

Künstliche Intelligenz in der Technischen Redaktion 

Dessen ungeachtet tue ich mich derzeit – durchaus auch mangels weiterer praktischer Erfahrungen – etwas schwer einen sinnvollen Einsatz dieser KI-Form in der technischen Redaktion zu erkennen. Ist es wirklich sinnvoll und überhaupt machbar von der KI beispielsweise eine Auswahl und Zusammenstellung von Illustrationen für eine Betriebsanleitung durchführen zu lassen? Das kann ich – eine stringente Verwendung von Metadaten in Photoshop oder Illustrator vorausgesetzt – manuell vermutlich effektiver.

Allerdings ist auch durchaus denkbar, dass die KI Vorteile bietet: So beispielsweise, wenn ein Technischer Redakteur seine Arbeit krankheitsbedingt nicht weiterführen kann und eine Vertretung übernehmen muss. Die kennt sich möglicherweise nicht mit dem bisher verwendeten Ordnungssystem aus und muss sich erst einarbeiten. Hier könnte die KI die entsprechenden Arbeitsschritte übernehmen. Oder wenn es darum geht, eine Betriebsanleitung auf Einhaltung der normativen Anforderungen, Terminologie und anderen Punkten zu überprüfen. Eine weitere sehr interessante Möglichkeit wäre die KI bei der Normenrecherche beispielsweise während der Erstellung einer Risikobeurteilung einzusetzen.

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Künstliche Intelligenz und die (Daten)Sicherheit

Gehen wir aber einmal im Moment nur davon aus, dass wir Word mit Hilfe der KI sinnvoll im Redaktionsalltag – also zum Verfassen von Betriebsanleitungen – verwenden können: Wie schaut es nun mit dem Schutz der uns vom Kunden anvertrauten Daten aus? Wie sieht es mit der Datensicherheit allgemein, wie sieht es mit dem Urheberrecht aus?

Ein interessanter Beitrag zum Thema KI-Chatbots ist gerade bei Heise online erschienen. Er lautet: „Drei Gründe, warum KI-Chatbots eine Sicherheitskatastrophe sind“. Wer sich ernsthaft mit dem Gedanken einer Nutzung von ChatGPT und Co – insbesondere im gewerblichen Umfeld – trägt, dem sei das vorhergehende Studium dieses Beitrages wärmstens ans Herz gelegt. Mein persönliches Fazit nach Lesen dieses Artikels: Finger weg, und zwar bis auf weiteres.

Die Frage, die sich aber damit nun stellt: Wie soll das denn gehen? Selbst wenn ich bewusst keine Produkte mit KI-Chatbots in der Redaktion nutze – was mache ich im Falle Word? Dieses Programm ist ja wie bereits erwähnt essentiell in technischen Redaktionsstuben. Und Word durch OpenOffice oder eine andere freie Anwendung zu ersetzen dürfte wohl auf Dauer auch keine Lösung sein. Zum einen ist MS Word Industriestandard, zum anderen ist es wohl nur eine Frage der Zeit bis auch die OpenSource-Community den Einsatz von KI-Chatbots ins Visier nimmt.

Aus meiner Sicht kann es daher derzeit nur eine Lösung geben: Wer auf „Nummer sicher“ gehen will, entzieht dem Produktivnetzwerk im Unternehmen jegliche Legitimation in das Internet zu gelangen. Dies ist etwas umständlich, wenn es darum geht, dem Kunden beispielsweise einen aktuellen Proof zu schicken aber das klassische sogenannte Turnschuhnetzwerk das uns, die in den achtziger Jahren in die IT eingestiegen sind, noch bestens bekannt ist, scheint mir hier aktuell der einzige Ausweg.

Künstliche Intelligenz in Maschinenverordnung und anderen Richtlinien

Hinsichtlich des Einsatzes von KI in der technischen Dokumentation sei unbedingt auch der Blick in die kommende Maschinenverordnung und weitere Dokumente angeraten.

So erwähnt der aktuelle Entwurf der Maschinenverordnung in Kapitel 1.1 das im Februar 2020 von der EU-Kommission veröffentlichte Weißbuch über künstliche Intelligenz. Hierzu ist auf der Website des Bundesinnenministeriums auch eine Stellungnahme der Bundesregierung erhältlich. Des Weiteren sei das Studium der KI-Verordnung des europäischen Parlamentes und des Rates zur Festlegung Harmonisierter Vorschriften für Künstliche Intelligenz empfohlen. Alle Dokumente können von der eur-Lex heruntergeladen werden.

Fazit

Halten wir also fest:

  • Die aktuelle Entwicklung der künstlichen Intelligenz schreitet mit Riesenschritten voran. Ob und inwieweit eine Nutzung in der technischen Redaktion sinnvoll ist, scheint abhängig vom Einsatzgebiet – denkbare Einsatzgebiete gibt es aber ganz sicher.
  • Die drängendsten Fragen zum Einsatz der KI in der technischen Redaktion dürften – wie wohl auch sonst – in Zusammenhang mit der Datensicherheit und dem Urheberrecht zu stellen sein.
  • Nutzungsmöglichkeiten innerhalb der technischen Redaktion für bestimmte Aufgaben der KI und abseits des Internets wären nach meiner Ansicht sehr zu begrüßen. Wir müssten dann aber damit leben, dass das System erst mehr oder weniger aufwändig angelernt werden müsste. Ein Aufwand, der sich aber wohl bald amortisiert haben dürfte.

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