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BA #013 Betriebsanleitung erstellen mit der DIN EN ISO 20607
Beachten Sie zu diesem Thema auch unser Online-Seminar: „Die neue DIN EN ISO 20607 – Das müssen Sie wissen!“ mit Referent Matthias Schulz.
Termine:
- 21.-22.10.2020
Status und Veröffentlichung der DIN EN ISO 20607
Die DIN EN ISO 20607 ist eine neue Norm für die technische Dokumentation. Sie befindet sich aktuell im Entwurfsstadium und wurde im Januar 2018 zur Kommentierung veröffentlicht. Dies bedeutet, dass die Norm noch nicht final ist und noch Änderungen vorgenommen werden können. Dieser Zeitraum soll allen Institutionen und Personen die mit der DIN EN ISO 20607 in Kontakt kommen bzw. mit ihr arbeiten, die Möglichkeit geben Kommentare zu der Norm abzugeben und diese so eventuell noch in ihrem Sinne zu ändern.
Die Veröffentlichung der finalen Form wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2019 stattfinden, ein genauer Termin ist noch nicht bekannt. Für Sie liebe Zuhörer, bedeutet dies, dass die Inhalte die wir heute besprechen nicht in Stein gemeißelt sind und sich bis zur Veröffentlichung noch ändern können. Daher werde ich um den Veröffentlichungstermin herum, diesen Podcast aktualisieren bzw. einen neuen Podcast veröffentlichen um den korrekten Stand der DIN EN ISO 20607 darzustellen.
An dieser Stelle möchte ich auch gleich erwähnen, dass die DIN EN 82079 sich aktuell in der Überarbeitung befindet und auch nächstes Jahr in der neuen Version erscheint. Somit wird 2019 ein spannendes Jahr mit zwei neuen Normen für die Technische Dokumentation.
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Bedeutung der DIN EN ISO 20607
Doch was ist die DIN EN ISO 20607? Die DIN EN ISO 20607 trägt den Namen „Sicherheit von Maschinen – Betriebsanleitung – Allgemeine Gestaltungsgrundsätze“ und gehört wie der Name schon sagt, zu den Normen um das Thema Maschinensicherheit.
Sie soll das Thema Betriebsanleitungen für den Maschinenbau festlegen. Warum diese Norm neben der DIN EN 82079 entworfen wurde, ist unklar. Hier scheiden sich die Geister der Fachwelt. Es ist auch kein Thema das ich in diesem Podcast behandeln möchte. Stattdessen soll es heute um den Inhalt der DIN EN ISO 20607 im Vergleich zur DIN EN 82079 gehen und wo die Unterschiede liegen.
Wir wissen nun bereits, dass die Norm ein Teil der Normen zur Maschinensicherheit ist. Ein anderer bekannter Vertreter dieser Normenreihe ist die DIN EN ISO 12100. Nach DIN EN ISO 12100 ist das Abfassen von Benutzerinformation ein integraler Bestandteil bei der Gestaltung der Maschine. Hier wird besonders auf die Betriebsanleitung verwiesen. Außerdem fordert die DIN EN ISO 12100-2 unter dem Punkt 6.5 eine Betriebsanleitung mit bestimmten Inhalten. Diese sollen nun mit der DIN EN ISO 20607 näher definiert werden. Die DIN EN ISO 20607 merkt außerdem an, dass sie auch geeignet ist, Anleitungen zu unvollständigen Maschinen zu erstellen.
Formale Unterschiede zwischen DIN EN 82079 und DIN EN ISO 20607
Kommen wir nun direkt zu den Unterschieden zwischen der DIN EN 82079 und der DIN EN ISO 20607. Wir beginnen dabei mit den formalen Unterschieden. Hier können wir direkt mit dem Namen der Normen beginnen. Die DIN EN 82079 ist vom Namen her eine europäische Norm, ist jedoch weltweit über Gremien wie der IEC (der internationalen elektronischen Kommission), der ISO und der IEEE (dem Institute of Electrical and Electronics Engineer, dem weltweiten Berufsverband von Ingenieuren aus den Bereichen Elektrotechnik und Informationstechnik) anerkannt wurde. Die DIN EN ISO 20607 hingegen ist direkt eine ISO-Norm und daher auch direkt weltweit gültig.
Beide Normen beschäftigen sich mit dem Erstellen von Anleitungen. Die DIN EN 82079 ist dabei eine Norm für das generelle Erstellen von Benutzerinformationen über alle Arten von Produkten und Systemen, einschließlich Maschinen. Sie gilt also beispielsweise für das Erstellen von Benutzerinformationen von Farben und Lacken, über Konsumgüter bis hin zu großen Maschinen und Anlagen. Ebenso beschäftigt sich die DIN EN 82079 mit den Gestaltungsprozessen, Prozessen zur Qualitätssicherung, dem Inhalt, der Gestaltung und den Prinzipien dazu. Sprich ein sehr großes Spektrum und Themengebiet.
Die DIN EN ISO 20607 hingegen beschäftigt sich nur mit Betriebsanleitungen für Maschinen und konkretisiert dabei die Anforderungen der ISO 12100. Der Schwerpunkt hier liegt also hauptsächlich auf dem sicherheitsrelevanten Teil der Betriebsanleitung.
Ein weiterer Unterschied ist, dass die DIN EN 82079 eine sogenannte horizontale Norm ist, sie beschäftigt sich mit allen Arten von Produkten. Die DIN EN ISO 20607 hingegen ist eine Typ-B-Norm. Diese Unterscheidung ist für die Konformitätsvermutung wichtig. Die Einhaltung der DIN EN 82079 gewährt eine nationale Konformitätsvermutung für bestimmte Anforderungen im Rahmen der allgemeinen Produktsicherheit. Die DIN EN ISO 20607 hingegen kann aufgrund ihres Status als Sicherheitsgrundnorm eine Konformitätsvermutung für die Umsetzung der Maschinenrichtlinie erreichen.
Unterschiede zwischen DIN EN ISO 20607 und DIN EN 82079 im Detail
Kommen wir nun von den formalen Unterschieden zu den interessanteren, inhaltlichen Unterschieden. Wie bereits erwähnt, behandelt die DIN EN 82079 auch die Anforderungen, Kompetenzen und Prinzipien rund um das Thema „Erstellen von Betriebsanleitungen“. Die DIN EN ISO 20607 hingegen erwähnt diese Inhalte nicht. Hier geht es sehr schnell direkt um die Inhalte und die Struktur von Betriebsanleitungen, konkret bezogen auf Maschinen.
Analog zu dieser Podcast Reihe geht es nun um die einzelnen Kapitel der Betriebsanleitung im Vergleich. Die ersten Kapitel zur Identifikation und Ausgabe der Betriebsanleitung werden in der DIN EN 82079 genauer beschrieben als in der DIN EN ISO 20607. Viele inhaltliche Forderungen sind gleich, jedoch aufgrund der Produktbandbreite der DIN EN 82079 ist das Thema dort ausführlicher behandelt.
Die Anforderungen an die Inhaltliche Gliederung der Anleitung wie dem Inhaltsverzeichnis werden in der DIN EN 82079 hauptsächlich in Regeln und Kriterien beschrieben. Einen ausdrücklichen Gliederungsvorschlag gibt die DIN EN 82079 nicht. Dazu im Gegensatz die DIN EN ISO 20607. Sie gibt Anhand eines Beispiels einen konkreten Gliederungsvorschlag für Anleitungen für Maschinen vor. Die großen Unterschiede dabei sind, dass beispielsweise das Kapitel Sicherheit vor der Maschinenbeschreibung und Maschinenübersicht eingeordnet ist. Auch fordert die DIN EN ISO 20607 in ihrer Übersicht ein eigenes Kapitel für die „Herstellereinstellungen von Originalzubehör“ und „Produkt- oder Kapazitätswechsel“. Das Kapitel „Störungsbeseitigung und Fehlersuche“ erhält ebenfalls ein eigenes Hauptkapitel und ist nicht mehr dem Betrieb oder dem erweiterten Betrieb untergeordnet. Zu guter Letzt fordert die DIN EN ISO 20607 noch zum Schluss der Anleitung ein Kapitel zum Prüfen und Testen von Einstellungen und Sicherheitsvorkehrungen.
Wenn man sich diese Unterschiede anschaut, sieht man, dass die DIN EN ISO 20607 Inhalte etwas umstrukturiert oder verschiebt. Der Schwerpunkt für die Gliederung von Anleitungen nach DIN EN 82079 liegt auf den Aufgaben der Nutzer, dem Produkt selbst, dem Lebenszyklus und der Zielgruppe. Daher kann dort keine direkte Aussage wie bei der DIN EN ISO 20607 getroffen werden.
So kann es beispielsweise sinnvoll sein, die Fehlersuche und Störungsbeseitigung auf zwei Kapitel nach der DIN EN 82079 aufzugliedern, wenn diese teilweise vom Anwender und teilweise von Fachkräften durchzuführen ist. So können der Zielgruppe entsprechend die Informationen aufgeteilt und verhindert werden, dass der Anwender Tätigkeiten durchführt, für die er nicht qualifiziert ist. Auf der anderen Seite definiert dafür die DIN EN ISO 20607 die Inhalte zur Störungen detaillierter und fordert dabei beispielsweise explizite eine Störungstabelle.
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Unterschiede in der Erstellung von Text und Schreibweisen
Neben diesen inhaltlichen Unterschieden unterscheiden sich die beiden Normen auch in der Gestaltung des Textes und dessen Schreibweisen. Die Prinzipien zur Erstellung von Sicherheits- und Warnhinweisen sind ähnlich, beide lehnen sich an das Konzept nach ANSI Z535.6 an. Jedoch sind einige Begriffe in der DIN EN ISO 20607 im Zusammenhang mit Sicherheits- und Warnhinweisen unklar, da die Norm Begriffe aufführt, die nicht definiert sind. Hierzu gehören beispielsweise Sicherheitsanweisungen oder Warnungen.
Auch führt der deutsche Normentwurf die Signalwörter Gefahr, Warnung, Achtung und Anmerkung auf. Gerade Achtung weicht hierbei von den internationalen Standards ab, ist das Wort im Englischen und im Deutschen normalweise als „Caution/Vorsicht“ definiert. Vermutlich handelt es sich hierbei um einen Übersetzungsfehler, da im selben Absatz auf die ISO 3864 verwiesen wird und diese das Wort mit „Vorsicht“ definiert.
Die Übersetzung des englischen Signalwortes „Note“ oder „Notice“ für die Sachschäden wurde leider bisher nicht einheitlich definiert, die Übersetzungen reichen von „Hinweis“, über „Achtung“ zu „Anmerkung“ oder ähnlichen Signalwörtern.
Im Bereich der Schreibweise und Texterstellung ergänzen sich beide Normen. Die DIN EN 82079 verweist hierbei stark auf die Zielgruppe und die Rahmenbedingungen für die Erstellung von verständlichen Texten. Die DIN EN ISO 20607 gibt konkrete Beispiele und Regeln für die Formulierung des Textes selbst vor. So dass beispielsweise im aktiv geschrieben werden soll und Handlungsschritte im Imperativ zu verfassen sind. Jedoch wird auch die Zielgruppe im Rahmen der DIN EN ISO 20607 angesprochen und deren Wichtigkeit betont. Jedoch nicht so sehr wie bei der DIN EN 82079.
In der Schriftgröße sind sich beide Normen einig, die DIN EN ISO 20607 enthält die Tabelle mit den Empfehlungen der DIN EN 82079.
Besonderheiten der Norm DIN EN ISO 20607
Neben diesen Inhalten weißt die DIN EN ISO 20607 noch einige Besonderheiten auf, die dem geübten Leser auffallen und so bisher weniger im Bereich der Technischen Dokumentation angetroffen wurden.
Beispielsweise fordert die Norm dazu auf, dass die Betriebsanleitung Informationen zu IT-Sicherheitsschwachstellen liefern muss. Damit bezeichnet die Norm Schwachstellen die durch vorsätzlicher Missbrauch oder kriminelle Handlungen ausgenutzt werden können und dazu dienen die Maschinensicherheit zu beeinträchtigen. Im speziellen geht es dabei um IT-Sicherheitsangriffe von außen.
Was sich hier so kompliziert anhört ist in unserer heutigen Welt leider möglich und sollte ganz klar von Maschinenherstellern bedacht werden. Es geht um Hackerangriffe oder ähnliches, die über Schwachstellen in der Software der Maschine stattfinden und das Ziel haben Schutzeinrichtungen oder ähnliches zu deaktivieren und Bedrohungen zu verursachen. Beispielsweise könnte man hier die Kühleinrichtungen von Kraftwerken nennen, wodurch es zu Störungen in der Energieversorgung oder schlimmeren kommen könnte. Diese Schwachstellen soll der Hersteller im Zuge der Risikobeurteilung erkennen und entsprechend auch in der Betriebsanleitung aufführen.
Unter Punkt 6 der Norm wird neben der Art der Formulierungen auch nochmals auf die Sprache eingegangen, in der die Anleitung ausgeliefert werden muss. An sich ist es vielen Herstellern inzwischen bekannt, dass sie in der Sprache des Verwender Landes liefern müssen. Jedoch wird dies gerne mit der Aussage umgangen, dass die Anleitung in Englisch ausgeliefert wird, da dies vertraglich so im Kaufvertrag vereinbart wurde und dies somit ausreicht.
Diese Aussage entkräftet nun die DIN EN ISO 20607. Dort steht nun ganz klar, dass die Anleitung in einer Sprache verfasst sein muss, damit sie den lokalen, gesetzlichen Bestimmungen des Landes entspricht, in dem die Maschine auf den Markt gebracht wird. Erst wenn es keine solchen Bestimmungen gibt, kann der Hersteller die Sprache über einen Vertrag mit dem Kunden festlegen.
Somit fordert diese weltweit gültige ISO Norm ganz klar, dass Anleitungen für beispielsweise China auch in Chinesisch verfasst sein müssen und dies nicht mehr über den Vertrag anders geregelt werden kann. In China wird übrigens die Übersetzung in Chinesisch durch das chinesische Produkthaftungsrecht gefordert.
Das Fazit – welche Norm ist besser und wichtiger für die technische Dokumentation?
Kommen wir nun zum Fazit. Welche Norm ist nun wichtiger oder besser für die Erstellung der technischen Dokumentation geeignet? Aus meiner Sicht gibt es hier keine klare Entscheidung. Nur in Zusammenarbeit beider Normen kann eine gute technische Dokumentation erstellt werden. Die DIN EN 82079 umfasst das Thema im Ganzen, gibt Prinzipien, Grundlagen und Kriterien vor und unterstützt den Redakteur bei der Konzeptarbeit für die Erstellung eines zum Unternehmen passenden Anleitungskonzeptes.
Die DIN EN ISO 20607 hingegen ist eher die „Light“-Version des Ganzen. Sie versucht durch die Eingrenzung auf die Produktgruppe Maschinen das Thema einfach an den Redakteur zu vermitteln. Mit den ausführlichen Beispielen bietet sie einfache Rezepte für die Erstellung von Betriebsanleitungen, der Redakteur benötigt keine besonderen Vorkenntnisse. Jedoch bietet sie keine Ansätze für die grundlegende Konzeption für die Erstellung von gleichbleibend, guter technischer Dokumentation.
Mit beiden Normen zusammen kann der Redakteur jedoch eine gute Anleitung und ein gutes Konzept entwickeln. Dazu sollte die DIN EN 82079 als Basis genutzt werden und die Informationen aus der DIN EN ISO 20607 ergänzend, um so die Konformitätsvermutung zu unterstützen. Generell gilt hier jedoch wie immer: Eine Einhaltung der Normen schützt nicht vor der Haftung. Die Einhaltung der Normen ist besser als eine eigene Lösung, sie sollten jedoch nie stur befolgt werden. Ist die Anwendung der Norm ungeeignet oder schlechter als die eigene Lösung muss dies begründet und dokumentiert werden.
Zukünftige Podcasts – In eigener Sache
Wir sind nun wieder am Ende des heutigen Podcasts. Ich möchte nun nochmals die Möglichkeit anbieten, mir ein Wunschthema für den nächsten Podcast zu nennen. Sollten Sie ein Wunschthema haben, schicken Sie es mir einfach direkt per E-Mail unter f.schmider@gft-akademie.de oder schreiben Sie es in die Kommentare. Das Thema mit den meisten Anfragen, wird dann nächste Woche behandelt. Im Anschluss wird der Podcast für eine kurze Zeit pausiert, um weitere Themen festzulegen.
Ich hoffe, Ihnen hat diese Folge gefallen und Sie sind auch wieder beim nächsten Mal dabei. Sollten Sie Fragen oder Anregungen zu unseren Podcast haben, schreiben Sie sie in die Kommentare oder senden Sie sie uns per E-Mail an info@gft-akademie.de zu. Wir freuen uns auf jede Rückmeldung.
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