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MED#001 Gebrauchsanweisungen Medizinprodukte – Besonderheiten der Dokumentation

Gebrauchsanweisungen Medizinprodukte

Die produktbegleitenden Unterlagen sind wichtige Informationen für Nutzer der Produkte. Nur mit ihnen weiß ein Nutzer, wie er ein Produkt richtig und bestimmungsgemäß verwendet. Die Wichtigkeit dieser Unterlagen im Bereich von normalen Produkten ist bekannt, durch sie kann der Hersteller des Produktes beispielsweise Haftungsansprüche verhindern.

Normalerweise liegt der Schwerpunkt unseres Podcasts dabei auf technischen Produkten wie Maschinen oder Anlagen. Diese Folge und diese Reihe soll den Schwerpunkt aber etwas verschieben, wir betrachten nun erstmals Medizinprodukte und deren besondere Anforderungen.

Für Medizinprodukte sind die begleitenden Unterlagen entsprechend noch wichtiger als im technischen Bereich. Den hier haben wir Produkte, die für Menschen entwickelt werden, ihnen implantiert werden oder von ihnen eingenommen werden, um ihnen in unterschiedlichen Formen zu helfen.

Wird dabei das Produkt missbräuchlich oder falsch verwendet, führt dies meist zu sehr unangenehmen Folgen. Konkret bedeutet dies meist Schmerzen oder sogar den Tod. Entsprechend hoch sind die Haftungsrisiken für Hersteller und die Anforderungen an die Produkte und Unterlagen.

Inhalte der Podcast-Reihe

In dieser Reihe werden wir uns daher mit diesen Themen und den Anforderungen an die begleitenden Unterlagen beschäftigen. Einzelne Folgen werden dabei den Schwerpunkt auf einzelne Themen wie die Medizinproduktverordnung legen, da diese entsprechend ausführlich behandelt werden müssen.

Auch werden wir uns eine Übersicht von einzelnen Normen anschauen und wie wichtig diese für die Medizinprodukte sind. Insbesondere betrachten wir dabei auch die DIN EN 82079—1 „Erstellen von Gebrauchsanweisungen“, eine Norm für die Erstellung von Betriebs- und Gebrauchsanleitungen. Deren Anwendungsbereich beginnt bei einer Farbdose und geht bis zu riesigen Anlagen. Also müsste sie doch auch für Medizinprodukte gelten, oder? Dies klären wir jedoch auch in einer der kommenden Folgen.

Diese Folge soll zunächst einmal Basisarbeit leisten. Bevor wir in die Tiefe eintauchen können, muss ich Ihnen einige Grundlagen und Begriffe erläutern, damit die Zusammenhänge klarer sind. Denn die Unterschiede zu, ich sage mal, „normalen Produkten“ ist doch etwas größer.

Begriffserläuterung - Gebrauchsanleitung

Wie sie vielleicht bemerkt haben, spreche ich die bereits die ganze Zeit von Gebrauchsanweisungen. Obwohl dieser Begriff auch im Rahmen der DIN EN 82079-1 vorkommt, ist er im technischen Bereich eher selten anzutreffen. Dort wird im Allgemeinen von Betriebsanleitungen, Gebrauchsanleitungen, Bedienungsanleitungen, Anleitungen oder ähnlichen Synonymen gesprochen.

Im medizinischen Bereich spricht man dagegen jedoch von Packungsbeilage, Gebrauchsanweisung oder Gebrauchsanleitung. Für einige Produkte gibt es hingegen OP-Anleitungen oder ähnliche Begrifflichkeiten.

Der Zweck dieser Dokumente ist dabei jedoch immer derselbe. Sie sollen den Personen die mit den Produkten zu tun haben, Information zu den Produkten und deren Nutzung zur Verfügung stellen. Im Zuge des Podcasts werde ich einfachheitshalber von Gebrauchsanweisung sprechen.

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  • Übersichtliches Layout der Betriebsanleitung
  • Verständliche Abbildungen
  • Hochwertige textliche Gestaltung

Definition der Gebrauchsanweisung nach Medizinprodukteverordnung

Wir bleiben gleich bei diesem Begriff und schauen uns die Definition dazu an. Diese ist in der Medizinprodukteverordnung festgelegt und lautet wie folgt: „Gebrauchsanweisung“ bezeichnet vom Hersteller zur Verfügung gestellte Informationen, in denen der Anwender über die Zweckbestimmung und korrekte Verwendung eines Produkts sowie über eventuell zu ergreifende Vorsichtsmaßnahmen unterrichtet wird“

Ziele der Hersteller

An dieser Definition können wir auch bereits Ziele der Hersteller ableiten, die sie mit der Bereitstellung einer Gebrauchsanweisung verfolgen:

  • Die sichere Anwendung des Produktes zu ermöglichen,
  • Über Vorsichtsmaßnahmen und Nebenwirkungen zu informieren,
  • Die Anforderungen vom Gesetzgeber zu erfüllen und die Voraussetzung für die Zulassung der Produkte zu schaffen,
  • Und durch die korrekte Anwendung die positive Resonanz der Anwender zu bekommen, um so den Markterfolg zu erhöhen.

Gerade den letzten Punkt sollten sie nicht unterschätzen, wenn sie zum Beispiel eher aus dem Maschinenbau kommen. Denn Medizinprodukte und deren Anwendung sind etwas sehr persönliches. Entsprechend wichtig ist es, dass die Anwender mit dem Produkt zufrieden sind. Zufriedene Anwender werden das Produkt weiterempfehlen und so den Erfolg des Produktes weiter steigern. Umgekehrt ist es natürlich ebenso. Den überlegen sie mal selbst beispielsweise anhand eines Mittels gegen Kopfschmerzen. Sie werden nur das Produkt kaufen, mit dessen Wirkung sie zufrieden sind. Entsprechend werden sie dieses Mittel auch weiterempfehlen oder sogar weitergeben, falls einer ihrer Kollegen oder Bekannten dieselben Beschwerden haben sollte.

Begriffserläuterung – Medizinprodukteverordnung

Kommen wir nun zum nächsten Begriff, den wir im Zuge dieses Themas bereits öfters gehört haben und noch öfter hören werden. Die Medizinprodukteverordnung. Die Medizinprodukteverordnung ist der Nachfolger der Medizinprodukterichtlinie. Die Medizinprodukterichtlinie ist dabei vergleichbar mit der Maschinenrichtlinie. Sie war die oberste Richtlinie seitens der EU, die sich um Anforderungen an Medizinprodukte kümmerte.

Die Medizinprodukterichtlinie wurde im April 2017 von der Medizinprodukteverordnung 2017/745 abgelöst. Verordnungen sind ein Rechtsakt der Europäischen Union im Zuge des neuen Gesetzgebungsverfahrens und im Grunde ähnlich wie Richtlinien. Der größte Unterschied zwischen Richtlinien und Verordnungen liegt jedoch bei deren Umsetzung. Richtlinien müssen zuerst in nationales Recht der Mitgliedsstaaten überführt werden, bevor sie gelten. Dadurch dauerte es erfahrungsgemäß immer ein paar Jahre, bevor diese vollständig gültig und umzusetzen waren. Entsprechend viel Zeit hatten die betroffenen Unternehmen, um sich darauf einzustellen.

Verordnungen hingegen müssen nicht mehr in nationales Recht umgesetzt werden. Entsprechend gelten sie sofort und müssen sofort auch umgesetzt werden. Unternehmen haben zwar eine Übergangsfrist, diese ist jedoch wesentlich kürzer als bei Richtlinien. Für Unternehmen, die sich bei Normen und Richtlinien nicht auf dem Laufenden halten, kann dies unangenehme Folgen haben. Die genaue Gegenüberstellung der alten Richtlinie zur neuen Verordnung werde ich in einer anderen Folge thematisieren.

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Der Geltungs- und Anwendungsbereich der Medizinprodukteverordnung

Doch für welche Arten von Medizinprodukten gilt die Medizinprodukteverordnung eigentlich? Wie ist der Anwendungsbereich definiert? In Artikel 1 der Verordnung können sie es nachlesen. Ich möchte es hier kurz zusammenfassen. Prinzipiell gilt die Verordnung für alle Medizinprodukte, die für den menschlichen Gebrauch bestimmt sind sowie deren Zubehör. Diese Produkte müssen vor der Zulassung eine klinische Prüfung durchlaufen, für die ebenfalls diese Verordnung gilt. Sprich alle Produkte, die an Menschen angewendet werden.

Neben diesen Produkten gibt es im Anhang der Norm noch weitere Produkte, die ebenfalls unter die Verordnung fallen, obwohl diese keinen klaren medizinischen Verwendungszweck haben. Hierzu gehören:

  • Kontaktlinsen oder andere zur Einführung in oder auf das Auge bestimmte Artikel,
  • Produkte zur Fixierung von Körperteilen, die vollständig oder teilweise in den menschlichen Körper eingeführt werden, ausgenommen Tätowierungs- oder Piercingprodukte,
  • Stoffe oder Artikel, die zur Verwendung als Gesichts- oder sonstige Haut- oder Schleimhautfüller bestimmt sind,
  • Geräte die zur Reduzierung, Entfernung oder Zersetzung von Fettgewebe bestimmt sind,
  • Geräte die zur Anwendung am menschlichen Körper bestimmte sind und Strahlung abgeben, beispielsweise Geräte zur Tattoo- oder Haarentfernung und andere Formen der Hautbehandlung
  • Geräte zur transkraniellen Stimulation des Gehirns

Neben diesen Punkten gilt die Verordnung auch für Produkte, die als integralen Bestandteil einen Stoff enthalten, der für sich allein genommen, als Arzneimittel im Sinne der Arzneimittelrichtlinie 2001/83/EG gilt. Oder Produkte die Arzneimittel abgeben können.

Ausgeschlossene Produkte

Das Kapitel des Anwendungsbereiches enthält noch weitere Produkte, die unter die Verordnung fallen, die ich jetzt aber nicht aufzählen möchte. Aufgezählt werden dort noch Produkte die untere mehrere Richtlinien fallen oder besondere medizinische Ursprünge haben.

Jedoch schließt das Kapitel auch einige Produkte aus, die somit nicht unter die Medizinprodukteverordnung fallen:

  • In-Virtro-Diagnostika im Sinne der Verordnung 2017/746 (dies sind Produkte, die zur medizinischen Laboruntersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben dienen)
  • Arzneimittel im Sinne der Arneimittelrichtlinie
  • Arzneimittel für neuartige Thearpien gemäß Verordnung 1394/2007 (hierzu gehören Gentherapien, Zelltherapien und andere)
  • Menschliches Blut oder Blutprodukte menschlichen Ursprungs
  • Kosmetische Mittel im Sinne der Verordnung 1223/2009
  • Transplantate, Gewebe und Zellen tierischen Ursprungs
  • Transplantate, Gewebe und Zellen menschlichen Ursprungs
  • Transplantate, Gewebe und Zellen aus anderen lebensfähigen Organismen
  • Lebensmittel im Sinne der Verordnung 178/2002

Beim Lesen dieser Verordnung fällt direkt auf, dass es sehr viele Querverweise zu anderen Richtlinien und Verordnungen gibt. Dies zeigt schön, dass es sich bei der Medizinprodukteverordnung lediglich um ein grobes Gerüst handelt und bei einer Produktentwicklung in diesem Bereich je nach Produkte viele Richtlinien und Verordnungen greifen können. Der Aufwand einer Normenrecherche ist im medizinischen Bereich entsprechend hoch. Das Risiko, das das Produkt aufgrund einer übersehenen Verordnung nicht zugelassen und verkauft werden darf, noch größer. Etwas, was meiner Meinung nach die Wichtigkeit und die Risiken dieses Bereichs unterstreicht.

Besonderheit Medizinprodukteverordnung: Gebrauchsanweisung ist keine Pflicht!

Die Medizinprodukteverordnung hat auch ein paar weitere Besonderheiten, gerade im Vergleich zur Maschinenrichtlinie. Beispielsweise ist die Beilage einer Gebrauchsanweisung nicht immer zwingend notwendig. Für bestimmte Produkte kann eine Gebrauchsanweisung entfallen, wenn eine sichere Anwendung der Produkte ohne Gebrauchsanweisung gewährleistet ist und dies nicht an einer anderen Stelle oder von einer anderen Norm gefordert wird.

Eine andere Besonderheit liegt im Grund ihres jüngeren Alters. Die Medizinprodukteverordnung erschien 2017, die Maschinenrichtlinie ist hingegen wesentlich älter, sie erschien 2006. Dadurch berücksichtigt die Medizinprodukteverordnung auch neuere Möglichkeiten wie eine elektronische Bereitstellung der Gebrauchsanweisung.

Dies ermöglicht die Verordnung 207/2012 für Medizinprodukte. Dabei handelt es sich um eine Verordnung, die bestimmte Produktkategorien betrifft und entsprechende Voraussetzungen schafft. Diese Voraussetzungen definieren, ab wann es ausreichend ist, die Gebrauchsanweisung nur elektronisch zur Verfügung zu stellen. Die Papierform der Anleitung darf dann entfallen.

Eine der dortigen Voraussetzungen ist, dass das Produkt ausschließlich von Professionals genutzt wird und eine umfassende Risikoanalyse mit speziellen Punkten vorliegt. Durch diese Verordnung sind die dortigen Medizinprodukte die einzigen Produkte, für die es bisher seitens der EU ausreichend ist, die Anleitung nur elektronisch auszuliefern. In wie weit dies zukünftig für andere Produkte erlaubt wird, werden wir erst mit der neuen Maschinenrichtlinie erfahren.

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