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BE# 039 Effizienz und Nachhaltigkeit in der Technischen Dokumentation

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Mehr InformationenVielleicht ging es Ihnen beim Durchblättern einer Anleitung auch schon so, viele weiße Stelle, Leerseiten als Platzhalter, Bilder mit ungeschickt platzierten Legenden oder Tabellen. Das alles macht die Anleitung unnötig lange und damit werden unnötig Ressourcen verbraucht.
Rechenbeispiel zum Papierverbrauch
Wir nehmen eine Anleitung für ein Consumer-Produkt – beispielweise eine Kettensäge.
Das Dokument hat eine Auflage von 500.000 Stück für die erste Version, so viel werden weltweit verkauft – daher ist das Dokument auch mehrsprachig.
Jedes Dokument zu jeder Sprache hat 30 A4 Seiten.
Dann haben wir satte 15 Millionen Seiten Anleitung für alle Sprachen.
Wenn wir das Dokument nun um nur 2 Seiten kürzen können, sparen wir 1 Million Ausdrucke.
Für diese 1 Million eingesparter Seiten habe ich folgende Rechnung erstellt:
7.000 Euro für das Papier, ich gehe bei der Menge hier von einer Mengenstaffelung aus, die Preise eines Steinbeis Großkarton mit 2500 Blatt liegen bei ca. 4 Euro.
Der Preis für den Schwarz-Weiß-Druck mit 2 Cent pro Blatt und der farbige Druck mit 9 Cent habe ich aus verschiedenen Quellen als Mittelwert errechnet.
Und um das ganze Bild zu zeichnen, die kompletten Kosten für den Druck liegen:
- 15 Mio Seiten in SW: 300.000 €
- 15 Mio Seiten in Farbe: 1,35 Mio €
| Kostenbestandteil | Einheitspreis je Seite | Gesamtkosten für 1 Mio. Seiten |
|---|---|---|
| Papier (80 g/m², A4) | 0,007 € | 0,007 € × 1 000 000 = 7 000 € |
| Druck schwarz weiß | 0,020 € | 0,020 € × 1 000 000 = 20 000 € |
| Summe SW | — | 37 000 € |
| Druck farbig | 0,090 € | 0,090 € × 1 000 000 = 90 000 € |
| Summe farbig | — | 97 000 € |
CO2-Einsparung
Das sind 7,2 % vom Gesamtpreis bei Farbe und 12,3 % bei SW – nur eingespart durch neue Anordnung, weniger Leerraum oder was eben noch dazu geführt hat, dass Seiten eingespart werden konnten.
Das ist aber definitiv nicht der Aufruf, alles zusammenzuquetschen – wie bereits eingangs erwähnt.
Es geht um den unnötigen Weißraum, die Seite, die man irgendwie sparen könnte, oder den Passus, der kommentarlos aber historisch von einer Revision in die nächste getragen wird, den es eigentlich echt nicht braucht – aber man nicht motiviert genug war, das doch zu ändern, weil es dem Kunden auch egal war. Und wenn man da was ändert, bekommt man wieder vier Mails, warum das jetzt anders aussieht. Da heißt es: stur bleiben. Auf der richtigen Seite zu stehen ist nicht immer einfach.
Vielleicht helfen dann nicht nur die Zahlen, die den Geldbeutel schonen, sondern auch die folgenden – die Umwelt betreffend:
Unser Beispiel mit der Anleitung für die Kettensäge würde nämlich satte 10 bis 15 t CO₂ Emission einsparen.
Die Rechnung dazu finden Sie in den Shownotes auf unserer Homepage www.gft-akademie.de, oben im Reiter Downloads und Mediathek, dann zu den Podcasts.
Aber zurück zur Einsparung, die unseren Planeten betrifft.
| Druckmodus | CO₂-Faktor pro Seite | Gesamt CO₂ für 1 Mio Seiten | Einsparung |
|---|---|---|---|
| Schwarz weiß | 10 g CO₂e / Seite | 10 000 000 g = 10 000 kg = 10 t CO₂e Quelle: docs.flexxible.com |
10 t CO₂e |
| Farbe | 15 g CO₂e / Seite | 15 000 000 g = 15 000 kg = 15 t CO₂e Quelle: docs.flexxible.com |
15 t CO₂e |
Anmerkungen:
• Die Werte basieren auf typischen Schätzungen für den CO₂-Fußabdruck von Druckvorgängen (inkl. Papier und Energie).
Damit die Zahl etwas greifbarer wird, habe ich sie in ein allgemein verständliches Format übertragen:
- 125.000 km Autofahrt:
Ein durchschnittlicher Benziner stößt ca. 120 g CO₂ pro Kilometer aus.
15.000 kg CO₂ ÷ 0,12 kg/km ≈ 125.000 km Fahrstrecke
Quelle: DA Direkt - 610 ausgewachsene Bäume für ein Jahr:
Ein Baum bindet im Schnitt etwa 24,62 kg CO₂ pro Jahr.
15.000 kg CO₂ ÷ 24,62 kg/Baum ≈ 610 Bäume
Quelle: ForTomorrow
Diese beiden Vergleiche machen deutlich, wie groß die Einsparung von 15 t CO₂e wirklich sein kann – das entspricht einer enormen Fahrleistung oder über einem halben Hektar aufgeforstetem Wald, der ein ganzes Jahr lang CO₂ bindet.
Gerade heute habe ich ein Dokument fertiggestellt, bei dem ich nach Absprache mit dem Kunden eine Optimierung der Seitenzahl gemacht habe – und wir haben 20 Seiten gespart. Von 112 auf 92 Seiten. Für das Produkt, ein Motor zur Durchmischung von Flüssigkeiten, vermute ich eine Auflage von ca. 1.000 – dann wären das 20.000 Seiten oder 40 Pakete mit je 500 Blatt.
Papier
Jetzt haben Sie und ich also schonmal Seiten eingespart – aber auf welches Papier drucken wir das nachher?
Potential nachhaltig und effizient mit Papier umzugehen heißt auch, das richtige Druckmedium zu verwenden. Muss es glänzend sein oder extra weiß?
Eine vollständige Übersicht dazu finden Sie in den Shownotes auf unserer Homepage.
Da lohnt es sich auch herauszufinden, wo denn später die Anleitung eingesetzt wird:
- Die Anleitung für ein Dachfenster hat der Zimmermann oben auf dem Dach dabei und freut sich ggf. über eine Heftung, damit nicht alles wegfliegt beim ersten Wind – und weil er vermutlich eher etwas raue Finger hat, kein Papier, das zusammenklebt.
- Im Sanitärbereich macht es eventuell Sinn, ein Papier zu verwenden, das nicht gleich aufgibt, wenn ein paar Tropfen Wasser draufspritzen – Schrift und Bild sollen ja nicht sofort verschwimmen.
Was ist denn genau nachhaltiges Papier – und worauf ist zu achten?
Dafür gibt es verschiedene Kriterien. Diese habe ich Ihnen ebenfalls in den Shownotes als Tabelle zusammengestellt:
- FSC- oder PEFC-Zertifizierung: Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft, umweltfreundlich produziert.
- Recyclingpapier: Am besten mit dem Blauen Engel, vergeben vom Bundesumweltministerium.
- Der Blaue Engel bietet Industrie und Handel eine verlässliche Kennzeichnung für umweltfreundliche Produkte – mit über 30.000 zertifizierten Angeboten in rund 100 Kategorien.
- TCF/ECF: Chlorfrei gebleicht – weniger Umweltauswirkung durch Bleiche.
Diese Papiere haben nicht so einen hohen Weißegrad, sind aber bei großen Stückzahlen eine gute Wahl zur Reduktion der Umweltbelastung.
Nachhaltiges Papier – worauf achten?
| Kriterium | Empfehlung |
|---|---|
| FSC® oder PEFC-Zertifizierung | Nachhaltige Forstwirtschaft. Umweltfreundlich produziert. |
| Recyclingpapier | 100 % Recyclingpapier mit Blauem Engel (RAL-UZ 14a) – reduziert Wasser- und Energieverbrauch drastisch. |
| Chlorfrei gebleicht (TCF/ECF) | Besser für Umwelt als herkömmlich gebleichtes Papier. |
| Grammatur | 80 g/m² ist Standard. Für hochwertigere Anleitungen ggf. 90–100 g/m². |
| Opazität / Weißegrad | Hoher Weißegrad wirkt professionell, aber Naturweiß ist nachhaltiger. |
Meine Praxisempfehlung für Sie:
- Recyclingpapier mit Blauem Engel (RAL-UZ 14a), z. B. Steinbeis No.1 oder vergleichbare Produkte
- Papierklasse LTA oder ISO 9706, falls rechtlich oder archivisch notwendig
ISO 9706 beschreibt die Anforderungen an Alterungsbeständigkeit von Papier. - Grammatur 80–90 g/m² für mehrseitige Anleitungen
Grammatur = Gewicht in g/m². Höherer Wert = stabileres Papier. - Druckerkompatibilität nach DIN EN 12281, wichtig bei vielen Ausdrucken
Diese Norm stellt sicher, dass das Papier zuverlässig in Laserdruckern und Kopierern funktioniert.
Was regelt die DIN EN 12281?
- Physikalische Eigenschaften wie Glätte, Feuchtegehalt, Temperaturstabilität für Toner
- Empfohlen von vielen Druckerherstellern (z. B. Epson) zur Vermeidung von Papierstau, Qualitätseinbußen
- Wichtig: Nur Altpapier, das diese Norm erfüllt, ist für viele Geräte uneingeschränkt geeignet
- Papier unter 60 g/m² oder beschichtetes/synthetisches Papier ist meist ungeeignet
Fazit:
Die Norm EN 12281 garantiert, dass das verwendete Papier zuverlässig im Kopier- oder Laserdrucker funktioniert und schützt vor Papierstau, Fixierproblemen und Qualitätsverlust – insbesondere auch bei zertifiziertem Recyclingpapier.
Denken Sie aber daran, im Vorfeld einen Testdruck mit den neuen Medien zu machen.
Da es aber häufig so ist, dass das PDF oder das Word-Dokument an den Kunden übergeben wird und dieser dann die Kontrolle über den weiteren Prozess hat, können Sie ihn mit ein paar Infos aus diesem Podcast für die Sache sensibilisieren.
| Papiersorte | Beispiele / Verwendung | Entsorgung |
|---|---|---|
| Druck- und Schreibpapier | Büropapier, Briefe, Kopien | Altpapier (blaue Tonne) |
| Zeitungspapier | Tageszeitungen, Werbeprospekte | Altpapier (blaue Tonne) |
| Karton / Pappe | Versandkartons, Schuhkartons, Verpackungen | Altpapier (blaue Tonne) |
| Wellpappe | Umverpackungen, Versandmaterial | Altpapier (ggf. zerkleinern) |
| Hochglanzpapier | Magazine, Kataloge, Werbebroschüren | Altpapier (sofern unbeschichtet) |
| Thermopapier | Kassenbons, Fahrkarten, Etiketten | Restmüll (nicht recycelbar) |
| Beschichtetes Papier | Einwickelpapier mit Kunststoff-/Alubeschichtung | Restmüll oder Gelber Sack* |
| Fotopapier | Fotoabzüge, glänzende Ausdrucke | Restmüll |
| Taschentücher / Küchenrolle | Gebrauchtes Hygienepapier, Papierservietten | Bio- oder Restmüll je nach Verschmutzung |
| Geschenkpapier | Bedruckt, beschichtet, mit Glitzer | Restmüll (meist beschichtet) |
| Pergamentpapier / Backpapier | Fettdicht, hitzebeständig | Restmüll |
Inhalte
Textoptimierung
- Reduktion unnötiger Füllwörter
- Sätze so lang wie nötig und so kurz wie möglich – unter der Prämisse, dass die Zielgruppe es verstehen kann
- Fachwörter überdenken: Wenn es ein mehrseitiges Glossar braucht, eventuell einfachere Wörter verwenden
Kürzlich hatte ich eine Anleitung, in der vom Ingenieur immer wieder von Rekuperation und Ermangelung gesprochen wurde.
Das ist die Energie-Rückgewinnung und das Fehlen eines Antriebselements. Verständlicher für die Zielgruppe – und kürzer. So konnten wir eine halbe Seite gewinnen.
Prägnante Formulierungen und klare Terminologie:
- Lieber: „Drücken Sie den Schalter“
- Statt: „Erleben: Aktivieren Sie nun das Gerät“
Man merkt schnell, wenn das Marketing mitgemischt hat – das soll Emotionen erzeugen. Diese Inhalte passen besser in ein Handout zum Produkt.
Modularisierung und Verweise
- Texte in Module aufteilen spart Wiederholungen und beschleunigt Änderungen
- Verweisstrukturen wie „Siehe Kapitel XY“ vermeiden doppelte Erklärungen
Zielgruppenanalyse
Die Zielgruppe bestimmt, was wirklich in die Anleitung gehört. Bei Mehrsprachigkeit lohnt sich eventuell eine separate Sprachversion statt alles in ein Dokument.
QR-Codes nutzen
Nur nach Prüfung der Normen und abhängig vom Produkt möglich – aber sehr flexibel:
- Video/Info hinter dem QR-Code kann später ausgetauscht werden
- Gedruckte Anleitung bleibt aktuell
Bilder effizient und nachhaltig nutzen
1. Effizienz: Zeit- und Kostenoptimierung bei Bildern
| Aspekt | Empfehlung |
|---|---|
| Modularisierung | Bilder mehrfach verwenden (z. B. Symbole, Icons, Standardprozesse) |
| Reduzierte Detailtiefe | Nur relevante Bildinformationen zeigen – kein dekorativer Ballast |
| Vektor statt Pixel | Vektorgrafiken (SVG, EPS) sind skalierbar, kleiner, universeller |
| Templating | Einheitliche Bildformate, Perspektiven und Stile durch Vorlagen |
| Automatisierung | Screenshots oder CAD-Renderings mit Batch-Tools automatisieren |
| Layer-Technik | In Illustrator/Photoshop Layer für Mehrsprachigkeit oder Varianten nutzen |
| Formatwahl | TIFF/JPG nur für Fotos, PNG/SVG für Grafiken – spart Speicher und Ladezeit |
2. Nachhaltigkeit: Ressourcenschonung & Zukunftssicherheit
| Aspekt | Empfehlung |
|---|---|
| Datenmenge gering halten | Kompression ohne Informationsverlust (SVG, PNG-8, JPG mit 60–80 % Qualität) |
| Barrierefreiheit | Bilder mit Alt-Text versehen, möglichst auch mit Textersatz |
| Reduktion von Druckkosten | Schwarzweiß-Illustrationen statt Farbfotos, besonders bei Print |
| Wartbarkeit sichern | Bilder mit Versionierung, Dateibenennung und Metadaten versehen |
| Recycling von Bildmaterial | Bildarchive aufbauen, z. B. für wiederverwendbare Piktogramme |
| Verzicht auf Screenshots bei instabilem UI | Stattdessen schematische Abbildungen verwenden |
| Dokumentation in Medienneutralität | Bilddaten getrennt vom Layout speichern (z. B. XML-first, DITA) |
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Recycling
Nachdem wir das richtige Papier ausgesucht haben, das Layout mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln optimiert haben, Seiten eingespart sind und die Anleitung bei der Person angekommen ist, die sie benötigt, bleibt noch ein letzter Punkt offen.
Die Entsorgung – je nachdem, für welches Papier Sie sich entschieden haben, gibt es hier noch etwas zu beachten: das Recycling. Und das geht über sogenannte Material-Nummern.
Diese dienen der Identifikation von Materialien, um den Recyclingprozess zu vereinfachen.
Sie bestehen aus einer Zahl und gegebenenfalls einem Buchstabenkürzel. Das steht in einem schwarzen Dreieck mit Pfeilen. Unterschieden werden unter anderem Kunststoffe, Papier- und Kartonarten, Metalle, Holz, Textilien, Glas und Verbundmaterialien. Die Verwendung eines Dreiecks als Symbol ist nicht verpflichtend.
Die Altpapier-Einsatzquote beschreibt das Verhältnis zwischen der eingesetzten Menge an Altpapier und der insgesamt produzierten Menge an Papier, Karton und Pappe. Im Jahr 2019 lag sie in Deutschland bei 78 %. Sie hängt sowohl von den geforderten Materialeigenschaften als auch vom verfügbaren Altpapieraufkommen ab.
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Fazit
Mit diesem Punkt sind wir auch am Ende der heutigen Folge angekommen. Wie Sie hören konnten, ist es mir sehr ernst mit dem Thema – vor allem der Punkt Nachhaltigkeit ist mir stets präsent.
Ich erinnere nur an unseren fragwürdigen ersten Platz in Europa beim Papierbedarf pro Kopf. Weltweit betrachtet stehen wir zwar nicht auf dem Treppchen, aber Platz 4 – nach China, USA und Japan – ist auch kein Grund, sich auf die Schulter zu klopfen.
Wir dürfen – oder besser: wir müssen – auch in diesem Bereich unserer Tätigkeit Verantwortung übernehmen.
Das beginnt am besten mit dem aktuellen Projekt. Einfach den Gedanken anstoßen, mit den Kolleginnen teilen oder die Abteilungsleitung mit ins Boot holen.
Das geht auch proaktiv: Drei Teile aus der aktuellen Doku kopieren, verkürzen und als Vorschlag beim nächsten Gespräch diskutieren – so als Überraschung.
Es lohnt sich jedenfalls immer, für den Planeten zu kämpfen – und wenn dann auch noch der Geldbeutel geschont wird, ist es doch eine Win-Win-Situation, für die es sich immer lohnt, aktiv zu werden oder zu bleiben.
-Folgt in kürze-


