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Leben#07 Kostenklartext Teil 4: Kleinserien & Low-Price – CE-Fixkosten im Griff

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Willkommen zu Kostenklartext, Teil 4. In Teil 1 bis 3 haben wir das Fundament gelegt: Warum Dokumentation und CE echte Fixkostenblöcke sind, wie Serien diese Blöcke pro Stück drücken – und wie Meilensteine Projekte planbar machen.

Heute schauen wir auf zwei oft schmerzhafte Ecken: Kleinserien und Low-Price-Produkte. Und wir diskutieren einen Sonderfall, den viele kennen: dreimal dasselbe Produkt zum Stückpreis von 20.000 Euro – Zielmarkt Deutschland, keine sicherheitsbezogene Steuerung, keine Übersetzung. Wird das wirtschaftlich? Oder ist die Marge schon weg, bevor das erste Teil ausgeliefert ist?

Unser Ziel: einen kühlen, ehrlichen Blick – und einen klaren Handlungsplan, mit dem Sie morgen besser entscheiden.

Ein paar wichtige Hinweise vorab: Alles, was wir heute an Zahlen nennen, sind wieder Orientierungswerte. Produkte unterscheiden sich. Komplexität unterscheidet sich. Darum legen wir Rechenwege offen, damit Sie die Größenordnung selbst übertragen können.

Alle Tagessätze beziehen sich dabei auf durchschnittliche Werte von externen Dienstleister und nicht auf interne Abteilungen. Falls Sie an einer Vergleichsrechnung zwischen Interner Erstellung und Outsourcing interessiert sein sollten, lassen Sie es mich in den Kommentaren wissen. Dann machen wir dazu einen Podcast.

Und zu guter Letzt: Ich spreche heute von einer guten, hochwertigen Dokumentation, die von einem professionellen Dienstleister erstellt wird. Und zwar im Zuge eines Erstprojektes für den Start einer Zusammenarbeit mit dem Anlagenhersteller. Denn dieser Podcast soll die Frage beantworten, warum die Kosten zu diesem Zeitpunkt sind, wie sie sind. Kosten nach einer längeren Zusammenarbeit lasse ich bewusst außen vor, da deren Kalkulation stark abhängig von Arbeitsweise und Datenlage ist. Ein solches Beispiel zu konstruieren ist sehr komplex, eventuell könnte das jedoch eine Folge für die Zukunft werden.

Auch möchte nicht die Arbeit von Kollegen und Kolleginne schlecht reden. Auch angestellte Redakteure können tolle Dokumentationen erstellen und leider gibt es auf der anderen Seite auch Dienstleister die schlechte Dokumente liefern. Die Ausgangssituation dieser Folge soll jedoch die Situation beschreiben, die wir häufig vorfinden. Unser Anlagenhersteller ist somit ein Klein- bis Mittelständisches Unternehmen ohne eigenen technischen Redakteur, bei dem die Technische Dokumentation bisher eher stiefmütterlich behandelt wurde.

So, genug mit dem Vorgeplänkel. Jetzt geht es los

Spielfeld abstecken: Was meinen wir mit „Kleinserie“ und „Low-Price“?

Zunächst müssen wir Definitionen festlegen. Was ist eine Kleinserie, was ist „Low-Price“? Kleinserie heißt: wenige hundert bis wenige tausend Stück – manchmal auch nur Dutzende Produkte. Low-Price heißt: harter Endkundenpreis, Mini-Marge, oft anzutreffen im Consumer-Umfeld oder bei sehr wettbewerbsintensiven Komponenten. Beiden Produktarten haben gemeinsam: Fixkosten tun hier besonders weh, weil sie sich auf wenige Stücke verteilen oder weil jeder Cent zählt.

Ganz wichtig dabei: CE-Pflichten und eine angemessene Anleitung gelten unabhängig von Preis und Stückzahl. Egal ob 3 Stück oder 30.000: Risikobeurteilung, Kennzeichnung, Konformitätserklärung, technische Unterlagen und eine verständliche Betriebsanleitung gehören zu jedem Produkt. An dieser Stelle gibt es keinen „Rabatt“.

Berechnung der Fixkosten

Die Berechnung dieses Fixkostenblockes ist simpel:

Der Block Fixkostenblock F = „CE-Prozess + Betriebsanleitung“ fällt einmal an.

Unsere Stückzahl wird als „n“ bezeichnet.

Berechnet wird das ganze nun: F / n = Stückbelastung

Je kleiner n ist, desto höher ist die Stückbelastung.

Für Serien ist das großartig – F verteilt sich auf viele Geräte. Für Kleinserien und Einzel-/Dreifach-Fertigungen ist das dagegen brutal.

Setzen wir das ganze mit Zahlen um. Nehmen wir einen konservativen Orientierungswert für F (CE Prozess + Anleitung in DE): F = 24.000 €.

1.000 Stück: 24.000 / 1.000 = 24 € pro Stück (ohne Übersetzung)

10.000 Stück: 2,40 €

100.000 Stück: 0,24 €

Das ist der Vorteil bei einer Serienfertigung.

Und jetzt der harte Schnitt zu unserem Sonderfall:

3 Stück (Sonderanfertigung, gleiches Produkt, dreimal gefertigt, DE-Markt, keine Sicherheitssteuerung, keine Übersetzung):

24.000 / 3 = 8.000 € pro Stück – nur für CE + BA.

Bei einem Stückpreis von 20.000 € ist die Marge faktisch aufgebraucht, bevor Material, Fertigung, Einkauf, Logistik, Vertrieb und Overhead betrachtet sind.

Das ist der Moment, in dem viele Projekte ins Rutschen geraten – obwohl technisch nichts „Besonderes“ passiert.

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Warum das so ist – ohne Drama, mit System

Warum ist das so oder ist das eventuell einfach zu viel Bürokratie? Auch das steht als Vorwurf seitens der Kunden gegenüber der EU im Raum.

Zunächst muss folgendes bedacht werden: Die CE-Kennzeichnung ist ein Prozess, kein Zettel, kein bloßer Aufkleber auf dem Typenschild. Und sie hat ein klares Ziel: Die Bereitstellung von sicheren Produkten auf dem europäischen Markt.

Und dazu werden verschiedene, klare Schritte benötigt. Und diese sind:

  • Produkt abgrenzen, Verwendungszweck festlegen
  • zutreffende Rechtsakte und Normen prüfen
  • Risikobeurteilung erstellen
  • Betriebsanleitung / Nutzerinformation aufbauen
  • Kennzeichnung, Typenschild und Konformitätserklärung ausstellen
  • Technische Unterlagen zusammenstellen (Zeichnungen, Stücklisten, Schalt-/Aufstellpläne, Prüf-/Messprotokolle)

Ob Sie dabei drei Geräte bauen oder drei Millionen: die Schritte bleiben dieselben. Der Unterschied ist nur, wie viele Stücke den Aufwand tragen.

Und was dazu noch kommt: Die Zusammenarbeit mit einem Dienstleister beginnt häufig vor einem Trümmerhaufen an Dokumentation. Zuvor wurden die gesetzlich geforderten Dokumente zwar erstellt, aber leider häufig ohne Plan oder System. Oder an der ehemals guten Dokumentation wurde nichts mehr geändert, keine Pflege durchgeführt.

Es ist wie bei einem Auto. Wenn man den Neuwagen nach der Anschaffung nur tankt und die nötigsten Dinge durchführt, aber Service und Ölwechsel missachtet, steht man früher oder später vor einem Schrotthaufen. Genau wie ein Auto muss auch die Dokumentation regelmäßig zum Service. Normen ändern sich, Regulatorische Anforderungen werden umfangreicher, Arbeitsweisen werden durch technischen Fortschritt schneller und modularer.

Was ich damit sagen will: Beim Start der Zusammenarbeit mit einem Dienstleister ist häufig ein Großteil der Fixkosten die Aufarbeitung und Pflege der Dokumentation. Ein zeitgemäßer Grundstock muss aufgebaut werden, bevor die eigentliche CE-Kennzeichnung dokumentiert werden kann. Und dieser Part ist auch in den Fixkosten enthalten. Sollte also bereits ein qualitativ guter Grundstock vorhanden sein, können auch so bereits die Fixkosten reduziert werden.

3 Stellhebel, die fast immer helfen

Mit welchen Hebeln können wir die Fixkosten dennoch weiter reduzieren? Ich habe Ihnen 3 Stellhebel mitgebracht, die fast immer weiterhelfen können.

Hebel A – Wiederverwendung organisieren

Arbeiten Sie mit Familienlogik: eine gemeinsame Struktur für die Anleitung, identische Warnmuster, parametrisierte Daten (z. B. Leistung, Maße, Optionen). Auch bei drei Geräten lohnt sich das – und erst recht, wenn #4–#6 später kommen. Gleichzeitig lässt sich dieser Grundstock auch auf andere Produkte übertragen. Denn gewisse Inhalte der Anleitung sind auch produktübergreifend wiederverwendbar. Wie zum Beispiel die Corporate Identity.

 

Hebel B – Meilensteine & messbare Ergebnisse

Minimieren Sie Schleifen und Zyklen in Ihren Projekten. Manchmal genügen auch kleine Prüfpunkte:

  • Klare Rollenstruktur (Wer übernimmt welche Aufgabe)
  • Sammeln und bündeln von Informationen.
  • Struktur der Dokumente steht
  • Eine Prüf-PDF mit einem Korrekturlauf.

So bleibt der Fix Block F stabil, statt still zu wachsen. Denn es gibt nichts Schlimmeres, als wenn 5 Leute Daten zur Verfügung stellen, unter Umständen ähnliche Daten mit verschiedenen Altersangaben. Oder wenn mehrere Personen gleichzeitig die Daten prüfen, alle dieselben Fehler aufzeigen und jeder noch unter Umständen 2 Änderungswünsche hat. Wie heißt es so schön: „Viele Köche verderben den Brei“ oder in unserem Fall unser Projekt und somit die Fixkosten.

 

Hebel C – Sprachenstrategie realistisch planen

Für Low-Price-Serien sind Übersetzungen oft der größte Cent-Hebel. Für Produkte, die jenseits des deutschen Marktes vertrieben werden, gilt: Kernmärkte zuerst bedienen, Dokumente modular aufbauen, Translation-Memory nutzen, Bausteine sorgfältig pflegen, erst dann einzelne Märkte schrittweise ergänzen.

Der Sonderfall im Fokus: „Dreimal dasselbe“ zum Low-Price

Kommen wir zurück zu unserem echten Sonderfall vom März diesen Jahres. Ein Produkt, dreimal gefertigt, Verkaufspreis 20.000 € je Stück, DE-Markt. Das Produkt ist recht einfach gehalten, keine sicherheitstechnische Steuerung, keine Übersetzungskosten. Das Problem: Der Prozess CE-Kennzeichnung oder die daraus entstehenden Unterlagen waren in der Kalkulation nicht berücksichtigt. Aussage Vertrieb: „Kostet ja schließlich nichts“, „CE kann jeder drauf kleben“.

Die kurze Wahrheit:

Rein betriebswirtschaftlich kippt das in Richtung No-Go, wenn Sie den Block F für die CE-Kennzeichnung im Stückpreis „versenken“ müssen und der Kunde bereits das falsch kalkulierte Angebot akzeptiert hat. Fixkosten / 3 ist zu hoch.

Meine ehrliche Empfehlung:

Versuchen Sie nachzuverhandeln und weißen Sie den Kunden auf ihren Fehler hin. Denn jedem kann mal ein Fehler passieren. Packen Sie F als Projektposten in ein Angebot – separat vom Stückpreis. Erklären Sie, dass es sich um Pflichtaufwand handelt.

Und in der Dokumentation? Dort gibt es auch ein paar Möglichkeiten:

Legen Sie gleich eine Mini-Familie an (auch bei drei Stück): ein Skelett, modulare Inhalte, gleiche Warnlogik, gleiches CI. Damit Sie davon beim nächsten Projekt profitieren können. Egal ob es ein komplett anderes Produkt ist oder nicht. Auf einer Basis anzufangen ist immer besser als von „0“.

Für die Konstruktion habe ich auch noch ein paar Hinweise:

Halten Sie den Anwendungsbereich diszipliniert: kein technischen Spielereien, keine „kleinen“ Extras, die die Fixkosten unbemerkt aufblähen. Und verbieten Sie Ihrem Vertrieb unüberlegte Aussagen zu tätigen. Kein: „Ja, die Funktion bekommen wir auch noch unter“. Das führt nur zu einer wirtschaftlichen Katastrophe.

 

Und was, wenn der Kunde den CE-Block nicht separat vergüten will oder technische Spielereien haben möchte?

Dann ist es ehrlicher, offen zu sagen: „In dieser Preisarchitektur ist das Projekt für uns wirtschaftlich nicht darstellbar.“ Das schützt beide Seiten vor bösen Überraschungen.

Spezialisierung schlägt „Wir können alles“

Denn eine wichtige Ansage an den Vertrieb da draußen ist: Nur weil Sie etwas fertigen können, heißt das nicht, dass Sie es auch fertigen sollten. Egal ob es der Kunde wünscht oder nicht. Das Ziel sollte nicht einfach nur sein, Produkte zu verkaufen. Auch wenn ich aus eigener Erfahrung weiß, dass dies das einzige Ziel in den Köpfen einiger Vertriebler ist.

Den die Spezialisierung auf Bereiche oder Produkte senkt den Fixkostenblock „CE“ dramatisch: Wiederkehrende Gerätetypen, bekannte Normenlandschaften, gepflegte Vorlagen – all das macht Sie schneller und drückt die Fixkosten pro Projekt.

Praktisch heißt das:

  • Konzentrieren Sie sich auf Baugruppen/Typen, für die Sie Vorarbeit besitzen
  • Pflegen Sie eine Bibliothek: Warnstellen, Standardkapitel, Terminologie, wiederkehrende Illustrationen
  • Bauen Sie Prüfprozesse auf, die zu Ihrem Portfolio passen – nicht andersherum
  • Je klarer Ihre Nische, desto öfter wird aus einer „Sonderanfertigung“ in Wahrheit ein Serienstück mit Parametern. Und dann ist Low-Price plötzlich machbar.

Entscheidung in 60 Sekunden: die Mini-Formel

Sollten Sie sich trotzdem mal in der Situation vorfinden, in der Sie eine schnelle Entscheidung für Ihr Produkt benötigen, habe ich eine Mini-Formel für Sie. Sozusagen eine schnelle Go/No-Go-Formel:

Wir haben 3 Formelzeichen:

R = Ziel-Rohertrag pro Stück

F = Fix Block CE + BA (nutzen Sie hier gerne die 24.000 € um auf der sicheren Seite zu sein)

n = benötigte Stückzahl, damit sich ohne separate CE-Pauschale eine Serie nur aus dem Stückpreis trägt

 

Formel: n = F / R

Beispiel: Sie brauchen R = 2.500 € Rohertrag pro Stück?

Dann gilt: n = 24.000 / 2.500 = 9,6 ⇒ 10 Stück aufwärts sind wir auf der sicheren Seite.

Bei unserem Sonderfall wäre es also sehr kritisch. Verkauft werden 3 Stück, also sind wir weit weg von 10 Stück – es sei denn, CE wird separat bezahlt oder es gibt realistische Aussichten auf die Folgegeräte #4–#10 auf derselben Basis.

Sie wollen die Übersicht behalten? Dann nutzen Sie unsere kostenlosen Checklisten für die Technische Dokumentation und zur Überprüfung Ihrer Betriebsanleitungen!

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Schlussworte

Was bleibt zum Schluss noch zu sagen? Der Kostenblock CE-Kennzeichnung ist häufig identisch. Ausschlaggebend ist hier immer die Stückzahl der verkauften Produkte. Je größer die Zahl umso weniger fallen Kosten für die CE-Kennzeichnung ins Gewicht. Bei Kleinserien oder Produkten mit geringem Verkaufspreis ist der Prozess der CE-Kennzeichnung durchaus kritisch zu betrachten. Schnell sprengen die Kosten den Rahmen, wie unsere Rechnungen zeigen.

Wichtig dabei ist aber auch, dass die CE-Kennzeichnung in diesen Fällen nicht alleine ausschlaggebend ist. Es gibt weitere Faktoren, die wir bisher nicht betrachtet haben. Klassischerweise läuft dies in der BWL in der Kosten- und Leistungsrechnung zusammen. Zum Beispiel haben auch die Konstruktions- und Entwicklungsabteilung ebenfalls größere Aufwendungen, da hier ebenfalls nicht auf bestehende Erfahrungen zurückgegriffen werden kann.

Bei neuen Produkten und Projekten sollten also viele Faktoren im Unternehmen betrachtet werden, die CE-Kennzeichnung und die damit verbundenen Kosten sind nur ein Teil davon.

Und beim Beginn der Zusammenarbeit mit einem Dienstleister sollten die Vorteile mit berücksichtigt werden. Die häufig hohen Initialkosten für Instandsetzung und Strukturierung der vorhanden Daten können sich über die Jahre der Zusammenarbeit auszahlen. Dann sinken die Aufwände für die CE-Kennzeichnung stark, da auf strukturierte, modulierte und aktuelle Informationselemente zurückgegriffen werden kann und die Wiederverwendung viele Kosten eliminiert.

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