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RB #004 Risikobeurteilung – Ermittlung von Gefahren

Risikobeurteilung erstellen - Ermittlung von Gefahren

Risikobeurteilung: Ermittlung von Gefahren

Ein herzliches Willkommen an alle neuen und alten Zuhörer dieses Podcasts rund um die Risikobeurteilung und CE-Kennzeichnung. Mein Name ist Florian Seckinger und ich arbeite bei der GFT Akademie in der Technischen Dokumentation.

Für alle die heute das erste Mal in diese Reihe einschalten, empfehle ich Ihnen auch die anderen dieser Serie um die Risikobeurteilung anzuhören. Darin gehe ich auf die Grundlagen sowie die Voraussetzungen und ersten Schritte einer Risikobeurteilung ein.

Unser heutiges Thema ist der zweite Punkt in der Aufgabenbezogenen Risikobeurteilung, nämlich die Ermittlung von Gefahren an der Maschine.

Gefahren ermittelt in der Risikobeurteilung

Dieser Schritt ist laut der Norm DIN EN ISO 12100 Sicherheit von Maschinen einer der wichtigsten Schritte. Eine Bewertung von Risiken kann nur stattfinden, wenn man eine Gefährdung gefunden hat und diese Gefährdungssituation auch genau beschrieben ist.

Hierzu habe ich den passenden Auszug aus der DIN EN ISO 12100 herausgesucht. Darin heißt es:

„Maßnahmen zur Beseitigung der Gefährdung oder zur Risikominderung können erst eingeleitet werden, wenn die Gefährdungen identifiziert wurde. Um diese Gefährdungsidentifizierung zu leisten, muss festgestellt werden welche Arbeitsgänge durch die Maschine ausgeführt werden und welche Aufgaben durch Personen zu erfüllen sind, die mit der Maschine umgehen.“

Um also alle Gefahren an einer Maschine aufdecken zu können, benötigen die Personen, welche die Risikobeurteilung durchführen, zuerst die Informationen über alle Handlungen und Abläufe an der Maschine. Erst dann können alle denkbaren Gefährdungen in Verbindung mit der Maschine aufgelistet werden.

Der Faktor Mensch spielt dabei eine größere Rolle. Das Handeln und Einwirken von Personen haben eine große Auswirkung auf das mögliche Gefährdungspotenzial. Wie verhalten sich die Benutzer der Maschine unter Faktoren wie Stress, Hektik oder Ermüdung? Wichtige Verhaltensregeln oder Vorsichtmaßnahmen können dann leicht übersehen werden. Kann es dabei zu gefährlichen Situationen kommen?

So können unordentlich abgelegte Werkzeuge andere Personen bei der Arbeit behindern oder sogar ein Auslöser für einen Unfall sein.

Weiterhin muss in der Risikobeurteilung die Tauglichkeit von bereits bestehenden Schutzmaßnahmen überprüft werden. Der Benutzer könnte auch versuchen, sich die Arbeit mit der Maschine zu erleichtern, indem er Schutzmaßnahmen umgeht oder diese ausschaltet. Auch diese Möglichkeit muss während der Risikobeurteilung in Betracht gezogen werden. Bei der Ermittlung von Gefahren muss sich überlegt werden, ob der Benutzer durch das Umgehen von Schutzmaßnahmen einen erheblichen Vorteil in der Ausführung seiner Tätigkeit hat. Schutzmaßnahmen werden nämlich von den Bedienern meist als Schikane empfunden, da Sie die Arbeit mit der Maschine erschweren oder die Sicht auf das Werkstück bzw. den Arbeitsprozess einschränken. Das erhöhte Unfallrisiko durch Umgehen der Schutzmaßnahmen wird von den Bedienern dabei meist sogar in Kauf genommen.

Auch das Verhalten der Maschine selbst kann gefährlich Situationen erzeugen. Typische Beispiele hierfür sind plötzlich herausgeschleuderte Werkstücke der Maschine oder einzelne Teile der Maschine selbst. Auch eine Veränderung der Leistung wie eine ungesteuerte Geschwindigkeitsänderung kann zu gefährlichen Situationen führen. Auch über den plötzlichen Ausfall oder die Wiederkehr der Energieversorgung muss in der Risikobeurteilung betrachtet werden. Aber auch die Eigenschaften von Maschinenteile oder Werkstoffe können eine Gefährdungsursache beinhalten. Scharfe Kanten an der Maschine beispielsweise fallen unter die Kategorie von Mechanischen Gefährdungen.

Wie geht man nun am besten vor, um Gefährdungen zu ermitteln?

Eine gängige Methode in der Praxis ist es alle möglichen Zustände der Maschine sowie die Arbeitsabläufe zu analysieren. Dazu gehören alle Hauptfunktionen der Maschine wie auch mögliche Nebenfunktionen wie beispielsweise der automatische Ablauf einer internen Reinigung der Maschine. Den Arbeitsabläufen und Zuständen der Maschine können dann die zu erwartenden Eingriffe der Benutzer zugeordnet werden.

Dann werden nacheinander mögliche Gefährdungen innerhalb der Abläufe und Zustände ermittelt. Bei komplexen Maschinen und Anlagen lohnt es sich auch zu untersuchen, wie die jeweiligen Komponenten zusammenarbeiten und ob dort spezielle Gefährdungssituationen entstehen können.

Eine große Schwierigkeit in diesem Schritt ist es sicherlich die an der Maschine auftretenden Gefährdungen zu ermitteln und zu klassifizieren. Alle Lebensphasen der Maschine wie zum Beispiel Transport, Montage/Installation, Bedienung oder Wartung müssen betrachtet werden und alle damit zusammenhängende Gefährdungssituationen bzw. ereignisse ermittelt werden.

Um die richtige Art der Gefährdungen zu ermitteln, müssen bei der Risikoeinschätzung vorhandene Vorschriften oder Normen mit Anforderungen oder Grenzwerten, bezogen herangezogen werden. Dabei bietet sich beispielsweise der Anhang der DIN EN ISO 12100 an. Hier finden sich unter anderem Checklisten zu Gefährdungen, Gefährdungssituationen und –Ereignissen.

Ebenfalls sind dort Beispiele für die verschiedenen Arten von Gefährdungen aufgelistet wie Elektrische, Thermische oder Mechanische Gefährdungen. Auch Beispiele für Gefährdungssituationen innerhalb der Lebensphasen sind im Anhand der Sicherheitsnorm abgebildet wie beispielsweise das Anbringen von Schutzgittern bei der Montage und Installation einer Maschine oder das Anheben der Maschine beim Transport. Auch die möglichen Ursachen für die Gefährdung wie scharfe Kanten, bewegliche Teile oder spannungsführende Teile sind aufgezählt. Ebenfalls die Folgen der Gefährdung wie Schneiden, Scheren, Quetschen oder Aufwickeln sind im Anhang der Norm aufgeführt.

Weiterhin helfen bei der Ermittlung von Gefährdungen natürlich Erfahrungswerte über Risiken, denen Arbeitnehmer während der Bedienung der Maschine ausgesetzt sind oder Aufzeichnungen über Arbeitsunfälle. Auch die zuständige Berufsgenossenschaft kann hilfreiche Auskünfte zu Unfällen von ähnlichen Maschinen liefern. Hersteller sollten auch relevanten Regeln und Vorschriften für die Benutzung von Maschinen und anderen Arbeitsmitteln im Allgemeinen berücksichtigen.

Eine weitere gute Hilfe sind genormte Gefährdungslisten aus den Sicherheitsnormen vergleichbarer Maschinentypen. Diese beziehen sich häufig auf DIN EN ISO 12100 als Grundnorm, bieten aber Gefährdungen die im speziellen an dieser Art von Maschine zu erwarten sind. So sind in diesen Normen Beispiele für Gefährdungsereignisse aufgelistet wie schmerzhafte und ermüdende Körperhaltungen für das Bedienpersonal während einer bestimmten Tätigkeit an dem speziellen Maschinentyp.

Diese Listen und Beispiele aus den Normen helfen dabei, alle Gefährdungen zu dokumentieren, die man in der Risikobeurteilung ermittelt.

Wo wir beim Thema Dokumentation sind…

Die ganzen ermittelten Gefährdungen gilt es dann in der Risikobeurteilung auch entsprechend zu dokumentieren. Die schriftliche Dokumentation ist eine wertvolle Basis für die Sicherheit und zum Schutz vor möglichen Produkthaftungsklagen. Sie erleichtert es, nachzuvollziehen welche Maßnahmen für die Durchführung von Arbeitsschutzmaßnahmen getroffen wurden. Dazu gehört natürlich eine Aufführung von Gefährdungen, welchen die Mitarbeiter ausgesetzt sind oder wie groß das Ausmaß der Gefährdungen ist. Hierzu bietet es sich an, alle Gefährdungen in eine tabellarische Liste einzutragen.

Diese Liste soll dazu dienen, alle Informationen zu Gefährdungen einzutragen, die sich rund um eine Maschine und deren Arbeitsabläufe auftreten können. Bei der Auflistung beginnt man mit den Lebensphasen entlang der Maschine. Eine der ersten Lebensphasen ist beispielsweise der Transport einer Maschine zu seiner späteren Wirkungsstätte bzw. Aufstellort. Dann kann man die dafür notwendigen Tätigkeiten in der ersten Spalte der Liste aufführen.

So kann beispielsweis das Auf- bzw. Abladen der Maschine mit einem Kran als Tätigkeit für die Lebensphase Transport eingetragen werden.

Die nächste Spalte dient zur Dokumentation der ermittelten Gefährdung bei dieser Tätigkeit. Man definiert die Ursache der Gefährdung bzw. die Art der Gefährdung und trägt diese in der Spalte ein.

Eine Maschine die beim Transport mittels einem Kran angehoben wird ist hierbei eine Mechanische Gefährdung aufgrund „sich bewegender Teile“. Die Ursache für die Gefährdung kann hierbei sein, dass die Maschine durch pendeln, schwingen oder herunterfallen Personen gefährdet.

Die möglichen Folgen, die eine ermittelte Gefährdung, mit sich bringen kann wird in einer weiteren Spalte festgehalten.

Bezogen auf das erwähnte Beispiel in der Lebensphase Transport könnte als Folge für die beweglichen Teile der Maschine „Stoßen“, „Kippen“  oder „überfahren“ in die Spalte eingetragen werden.

Zu der Dokumentation der ermittelten Gefährdung zählen auch Angaben, ob ein etwaiger Handlungsbedarf bei der Gefährdung besteht und welche Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Verminderung der Gefährdung getroffen werden muss. Meistens wird in einer weiteren Spalte die passende Maßnahme für die ermittelte Gefährdung eingetragen.

In unserem Beispiel für den Transport einer Maschine und die Gefährdung durch sich bewegende Teile könnt man als passende Maßnahme die Benutzerinformation wählen. Dann führt man in dieser Spalte auf, dass ein Warnhinweis wie „Nicht unter schwebenden Lasten aufhalten“ oder „Sicherheitsabstand zu bewegten Teilen von mindestens X Metern einhalten“ auf der Verpackung des Produktes und in der Betriebsanleitung stehen muss.

Nachdem auch die passende Maßnahme dokumentiert ist, fährt man mit der Beschreibung der nächsten Tätigkeit und damit verbundenen Gefährdungen fort.

Sollten bei einer Tätigkeit bzw. einem Arbeitsvorgang an der Maschine mehrere Arten von Gefährdungen vorkommen, wie beispielsweise eine mechanische und eine thermische Gefährdungen ist es zu empfehlen diese in getrennten Zeilen des Formulars zu erfassen. Dies ist zudem sinnvoll, da für die verschiedenen Gefährdungsarten auch verschiedenen Lösungsansätze beschrieben sein müssen.

Der nächste Schritt in der Risikobeurteilung ist es nun die ermittelten Gefährdungen nach ihrem Risiko einzustufen. Was man hierbei alles zu beachten hat, werde ich in der nächsten Folge dieser Reihe erläutern. Darin widme ich mich der Einschätzung des Risikos und deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Ich gehe darauf ein, wie die ermittelten Gefahren auf ihr mögliches Gefährdungspotenzial untersucht werden müssen bezüglich der Einschätzung der zu erwartenden Verletzungsschwere, der Häufigkeit bzw. Dauer der Gefahr, welchen die Anwender ausgesetzt sind und ob diese eine Möglichkeit zur Vermeidung oder Begrenzung des Gefährdungsausmaßes haben.

Abschließend möchte ich mich bei Ihnen für das Zuhören bei unserem Podcast zur Risikobeurteilung bedanken. Sollten Sie Fragen haben oder Anregungen zu weiteren Podcast, schreiben Sie diese in die Kommentare oder senden Sie sie uns per E-Mail info@gft-akademie.de zu.

Ich wünsche Ihnen bis zum nächsten Mal eine gute Zeit…auf ein baldiges Wiederhören

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