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KG #005 Schwierigkeiten im Erstellungsprozess von Nutzungsinformationen für Konsumgüter

KG #005 Schwierigkeiten Im Erstellungsprozess Von Nutzungsinformationen Für Konsumgüter

Der neue Fernseher hat eine, der Küchenmixer hat eine und auch der Radiowecker hat eine…ich spreche natürlich von der Anleitung. Genauer gesagt die Nutzungsinformationen. Auch Konsumgüter für Endverbraucher benötigen entsprechende Nutzungsinformationen, so schreibt es der Gesetzgeber im Produktsicherheitsgesetz vor. Jetzt möchten Sie selbst ein Produkt für Endkunden auf den Markt bringen. Sie wissen zwar, dass Sie eine Anleitung benötigen, aber nicht wie Sie eine Anleitung erstellen können. Also suchen Sie sich jemanden, der dies für Sie übernehmen kann. Und damit sind wir in unserem heutigen Thema. Ich möchte die heutige Folge nutzen um ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern, welche Schwierigkeiten im Erstellungsprozess für Nutzungsinformationen für Konsumgüter anstehen oder wie ich es nennen würde: Der Steinige Weg zur Anleitung für ein Endkundenprodukt.

Der Anfang: Die Anfrage

Vor der Anleitung kommt die Anfrage. Wie so oft bekommen wir bei einer Anfrage für eine Anleitung von einem Endkundenprodukt nur wenige Informationen. Meist möchte der Kunde problemlos, schnell und vorallem günstig eine Anleitung für sein Produkt haben. Die Anleitung soll gut aussehen und allen rechtlichen Aspekten entsprechen, damit auch alles sicher ist.

Nun hat die Person, welche die Anfrage stellt, es sich einfach gemacht und hat sein Produkt in einem asiatischen Markt produzieren lassen. Die Informationen zum Produkt die wir mit der Anfrage bekommen sind dann meist recht dünn. Erst nach Rücksprache mit dem Kunden weiß man nun, um was es sich handelt und welche Besonderheiten das Produkt bietet. Dann können wir meist ein Angebot für die Erstellung der Nutzungsinformationen erstellen.

„Doch was ist denn mit der CE-Kennzeichnung, wenn das Produkt in China produziert wird?“ werden Sie sich nun fragen. Dazu komme ich nun.

Was ist mit der CE-Kennzeichnung?

Im Laufe der Anfrage stellen wir auch immer die Frage welche Richtlinien für das Produkt gelten. Schließlich gelten für die jeweiligen Richtlinien ja unterschiedliche Bestimmungen, auch hinsichtlich der Nutzungsinformationen. Die Antwort darauf hat uns nicht sonderlich schockiert, da wir sie schon gewohnt sind. „Das weiß ich nicht, aber das wird alles in China produziert und die machen schon alle Tests und Kennzeichnungen“.

In der Regel müssen wir dem Kunden dann erst mal das Rechtsgefüge innerhalb der Europäischen Union erläutern und welche Pflichten er als Hersteller bzw. Importeur hat. Von Sachen wie einer Konformitätserklärung hat er zuvor noch nie etwas gehört.

Einen schönen Podcast zu dem Thema „Import von Konsumgütern“ hat mein Kollege Florian Schmider erstellt.

Aber nun zurück zu unserer Anfrage. Sein Produkt ist ein Elektronikgerät mit eingebauter Batterie, welches für Endkunden bestimmt ist. So können mehrere Richtlinien darunterfallen: EMV, Niederspannungsrichtlinie, Ökodesignrichtlinie und ROHS-Richtlinie.

Durch Rücksprachen und Nachlesen in den jeweiligen Richtlinien und Anwendungsleitfäden konnten wir dann die Ökodesignrichtlinie, EMV-Richtlinie und Niederspannungsrichtlinie ausschließen. Diese haben keine Anwendung gefunden aufgrund der Eigenschaften des Produktes.

Es verblieb dann nur noch die ROHS-Richtlinie, welche aufgrund der verbauten Batterie im Produkt zutreffend war.

Nun kommt das Kuriose: Wissen Sie noch, dass ich gesagt habe der Kunde hat in China Tests machen lassen? Er hat uns sogar Testberichte zukommen lassen. Das interessante war, dass die Chinesen das Produkt auf Ihre EMV-Verträglichkeit untersucht haben. Die Chinesen haben dem Kunden sogar bereits eine Konformitätserklärung (natürlich in Englisch) ausgestellt, die dieser verwenden wollte.

Rechtliche Probleme durch missbräuchliche CE-Kennzeichnung

Nun kommen hier schon zwei große Probleme auf, von denen der Kunde natürlich nichts gewusst hat:

  1. Die EMV-Richtlinie schließt in ihrem Anhang die Produktgattung des Kunden sogar aus, da diese Sorte Produkt als unkritisches Betriebsmittel angesehen wird. Also darf die EMV-Richtlinie hier nicht angewendet werden. Wenn nun der Kunde die angefertigte Konformitätserklärung verwendet hätte, wäre dies eine missbräuchliche Anbringung der CE-Kennzeichnung, da das Produkt nicht unter die EMV-Richtlinie fällt. Wäre das herausgekommen, hätte er mit einem hohen Bußgeld in Höhe von bis zu 100.000 € rechnen müssen.
  2. Eine rein englische Konformitätserklärung bringt dem Kunden in Deutschland nichts. Die Konformitätserklärung muss natürlich in die jeweilige Landessprache übersetzt sein, in der das Produkt vertrieben wird. In Deutschland ist dabei natürlich eine deutschsprachige Konformitätserklärung Pflicht. Auch hier können Bußgelder anfallen. Eine fehlende Konformitätserklärung gilt als „einfacher“ Verstoß und kann ein Bußgeld von 3.000 bis hin zu 10.000 EUR nach sich ziehen.

Für den Kunden als Laie ist es natürlich nicht möglich gewesen, nachzuprüfen, ob sein Produkt alle Anforderungen der EU entspricht und auch die richtigen Richtlinien einhält. Der Kunde ist natürlich aus allen Wolken gefallen, als wir ihm erläutert haben auf welchem Pulverfass er dort sitzt.

Nach unserer ausführlichen Beratung wurden wir beauftragt ihm nicht nur die Nutzungsinformationen zu erstellen, sondern ihn ebenfalls auch im CE-Prozess zu unterstützten.

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Erstellungsphase: die ersten Hürden

Der Kunde möchte, dass seine Anleitung möglichst kurz ist, diese auf wenige Seiten passt und kaum Text beinhalten. Die Realität sieht dann doch anders aus. Hier kommt nämlich schon die erste Hürde im Erstellungsprozess, über welche die meisten Laien stolpern. Es gibt genügend Vorgaben hinsichtlich der Inhalte einer Anleitung durch Gesetze, Richtlinien und Normen, welche die Wörteranzahl und somit auch die Seitenanzahl von einer Anleitung nach oben treiben.

Den Kunden und seine Erwartungen bremsen

Hier gilt es den Kunden häufig in seinen Erwartungen an die Nutzungsinformationen zu bremsen. Oft weichen nämlich die Vorstellungen und Forderungen der Kunden stark von den Vorgaben hinsichtlich Gesetze, Richtlinien und Normen ab.

So scheiden sich beim Thema Sicherheit bereits die Geister. Beim Kunden kam die Frage auf, warum in seiner Anleitung Hinweise mit der Aufschrift „Warnung“ stehen und warum diese so beschrieben sind, dass bei einer gefährlichen Situation mögliche schwere Verletzungen bis zum Tod möglich sind.

Der Kunde dann gleich mit der Frage: „Ja mein Produkt ist doch sicher, da passiert doch nicht viel und warum muss da was von Tod stehen?“

So mussten wir ihm erst mal erläutern, dass in seinem Produkt ja auch Batterien verbaut sind, welche verschiedene Gefahrenquellen beinhalten. Zum einen sind das Kleinteile, in diesem Fall war das eine Knopfzelle, welche von Kindern verschluckt werden können und diese möglicherweise daran ersticken können. Auch besteht die Gefahr bei Batterien, dass diese auslaufen bzw. wegen hoher Temperatureinwirkung explodieren können. Auch hier können unterschiedlich starke Verletzungen die Folgen sein, weswegen das Signalwort mit „Warnung“ berechtigt ist.

Zudem ist es auch wichtig zu wissen, wer das Produkt den verwendet. Hier haben wir mal wieder den in unseren Podcast schon sehr häufig verwendeten Begriff Zielgruppe. Dürfen Kinder das Produkt verwenden? Und ab welchem Alter? Die Nutzungsinformationen müssen hierüber ja auch Auskunft geben. Was ist mit Personen mit verringerten physischen, sensorischen oder mentalen Fähigkeiten? Also beispielsweise teilweise Behinderte oder ältere Personen mit Einschränkung ihrer physischen und mentalen Fähigkeiten. Die Zielgruppe der Nutzungsinformationen entscheidet darüber, wie detailliert die Informationen beschrieben sein müssen. Gerade wenn Kinder ein Produkt verwenden dürfen, muss viel mehr beachtet werden. Dann kann schon die Verpackung mit Schutzfolien ein Problem sein. Schließlich könnte Sie diese in den Mund nehmen oder verschlucken und daran ersticken.

Die Beschaffenheit des Produktes ist auch ein sehr wichtiger Faktor. Wie stabil ist das Gehäuse? Aus welchem Material besteht das Produkt? Müssen die Nutzungsinformationen vor Besonderheiten informieren, die das Produkt beschädigen können? Das alles muss natürlich die Nutzungsinformationen aufzeigen.

Nehmen wir als Beispiel eine Armbanduhr. Diese trägt man an seiner Hand und kann diese dazu nutzen, die Zeit abzulesen. Was ist aber nun im Schwimmbad oder am Badestrand? Darf ich mit der Armbanduhr ins Wasser? Ist diese wasserdicht? Ohne entsprechende Informationen in der Anleitung weiß der Kunde natürlich nicht, ob die Armbanduhr zum Duschen, Schwimmen oder Tauchen geeignet ist. Die Nutzungsinformationen geben darüber Auskunft, in wie weit das Produkt Wasserdicht ist.

Vorgaben nicht nur beim Text

So ganz ohne Text kommt also eine Anleitung nicht aus, wie das oft von Kunden gewünscht wird. Und auch bei den Abbildungen bzw. Symbolen gibt es Vorgaben. Dort müssen ebenfalls die lokal geltenden Gesetze und landesspezifische Besonderheiten beachtet werden.

 

Zum Beispiel muss bei Elektrogeräten in den Nutzungsinformationen auch ein Hinweis vorkommen, dass Elektro- und Elektronikgeräte nicht im normalen Hausmüll entsorgt werden dürfen. Diese müssen im Handel oder bei einem Wertstoffhof abgegeben werden. Nur so ist eine umweltschonende Entsorgung garantiert. Hierfür hat die EU sogar ein extra Symbol als Hinweis herausgegeben. Die durchgestrichene Mülltonne.

Piktogramm Entsorgung Elektrogeräte

Egal ob Waschmaschine, Fernseher, Handy oder Armbanduhr – alle diese Elektrogeräte haben dieses Zeichen auf dem Produkt, in den Nutzungsinformationen oder der Verpackung abgebildet.

Bei den Warn- oder Gebotssymbolen, welche auf einem Produkt oder in den Nutzungsinformationen vorkommen können, haben wir mit der ISO 7010 eine genormte Sammlung an Symbolen. Die Formen und Farben beruhen auf den Gestaltungsregeln der Norm ISO 3864-1. Diese legt Sicherheitsfarben und Gestaltungsgrundlagen für Sicherheitszeichen und Sicherheitsmarkierungen fest. Alle Symbole, die in Arbeitsstätten und in öffentlichen Bereichen zu sehen sind, beruhen auf dieser Norm und sind für den Zweck der Unfallverhütung, des Brandschutzes, des Schutzes vor Gesundheitsgefährdungen und für Fluchtwege geschaffen worden.

Kein Budget

Neben diesen Vorgaben vergessen unsere Kunden häufig auch einen anderen, sehr wichtigen Punkt bei ihrer Businessplanung: Das Budget. Das gesamte Budget wird erfahrungsgemäß für die Entwicklung des Produktes ausgegeben, die Anleitung bleibt leider auf der Strecke. Und das obwohl die Anleitung aus rechtlicher Sicht ein wichtiger Teil des Produktes ist.

Wie im vorherigen Beispiel genannt, wird bei der Herstellung in China oft eine Anleitung und andere Dokumente mit zur Verfügung gestellt. Auf den ersten Blick hat also unser Kunde alle Unterlagen für den Import und Vertrieb in der EU. Erfahrungsgemäß hat er jedoch nur eine geringe Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und kann die Qualität bzw. Korrektheit der Dokumente nicht überprüfen. Die Folge sind dann schlecht übersetzte und somit unbrauchbare Nutzungsinformationen sowie fehlerhafte, oder falsch ausgestellte Konformitätserklärungen. Es können Bußgelder drohen.

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Anforderung an die Übersetzung

Hinzu kommt häufig, dass sich der Kunde nur wenig Gedanken über seine Vertriebsgebiete macht. Eine englische Anleitung reicht ja. Aber auch diese Annahme ist falsch. Selbst im Maschinen- und Anlagenbau ist häufig unbekannt, dass die EU die Übersetzung der Nutzungsinformationen in die jeweiligen Landessprachen fordert. Soll ein Produkt in Italien verkauft werden, so muss auch eine italienische Nutzungsinformation zur Verfügung gestellt werden. Da dieser Arbeitsschritt Teil des Prozesses der CE-Kennzeichnung ist, können auch hier bei Missachtung Bußgelder anfallen.

Soll ein Produkt also europaweit verkauft werden, so muss die Nutzungsinformation auch in allen Amtssprachen der EU vorliegen. Wie wichtig die Übersetzung ist, zeigt sich sehr häufig in wettbewerbsrechtlichen Klagen. Denn eine fehlende Anleitung oder eine fehlende Übersetzung sind häufig genutzte Angriffspunkte des Wettbewerbs. Insbesondere bei Konsumgütern wird dieses Mittel gerne angewendet, da es hier viele kleine Händler und Importeure auf dem Markt gibt, die so einfach „aus dem Weg geräumt“ werden können. Denn diese haben häufig keine Rücklagen, um die Bußgelder und den Gerichtsprozess zu bezahlen.

Rechtliche und unerwartete Kosten vermeiden

Um als klein- oder mittelständischer Unternehmer wegen solchen Fehlern nicht in den finanziellen Bankrott zu geraten, sollte man sich also vorher einige Gedanken machen und einen guten Plan ausarbeiten. Es sollte vorab definiert werden, welche Vertriebsgebiete und Märkte interessant sind. Und man sollte sich einen Experten und Fachmann für die erforderlichen Unterlagen in der EU suchen. Dieser kann dann den rechtlichen Rahmen und häufig auch die erforderlichen Dokumente inklusive Übersetzung erstellen.

Denn die Qualität der Nutzungsinformationen und der Konformitätserklärungen aus China oder anderen Märkten ist häufig mangelhaft. Kein Wunder, denn der Importeur in die EU haftet und nicht der Unternehmer aus China. Wieso sollte dieser sich also die Mühe machen?

Fazit

Wie wir sehen, sind in unserem Erstellungsprozess für die Nutzungsinformationen schon einige Hürden angefallen. Was sind also die häufigsten Probleme, die uns so begegnen?

Nun zum einen sind das die mangelhaften Informationen zum Produkt und dessen Bedienung bzw. seiner Eigenschaften. Das erschwert schon zu Beginn das abschätzen, wie umfangreich die Nutzungsinformationen werden. Gleichzeitig führt dies zu vielen Rückfragen und Korrekturen im Projektverlauf. Und so kann schnell ein geplantes Budget überschritten werden.

Dazu kommen dann noch häufig mangelnden Kenntnisse der Kunden bezüglich der Rechtslandschaft. Welche Richtlinien sind einzuhalten? Gibt es Normen und daraus auch Vorgaben, welche das Produkt einhalten muss? Was muss alles in den Nutzungsinformationen enthalten sein, was durch die entsprechenden Richtlinien und Normen gefordert wird?

Solche Punkte erschweren uns oder auch dem Kunden die Erstellung von rechtssicheren Nutzungsinformationen. Gleichzeitig betritt der Kunde rechtlich „dünnes Eis“ wenn er keine Maßnahmen ergreift. Dünnes Eis, dass im schlimmsten Fall zum Bankrott führen kann, da er sich für den Wettbewerb angreifbar macht.

Es lohnt sich daher bereits frühzeitig einen Experten für diese Themen in das Projekt miteinzubeziehen, der einen beraten und unterstützen kann. Um eine bestmögliche und rechtsichere Nutzungsinformation sowie korrekte Dokumente zu erhalten und um doppelte Kosten zu sparen.

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