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Extra #29 GFT Infotag 2025: Risikobeurteilung, digitale Dokumentation und Markteintritt USA im Praxis-Check

GFT Infotag 2025

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Nach längerer Pause haben wir wieder zu einem GFT Infotag 2025 eingeladen – mit Themen, die im Maschinenbau entweder immer wieder oder eben ganz aktuell auf dem Tisch liegen: Risikobeurteilung, digitale Dokumentation und der Markteintritt in die Vereinigten Staaten von Amerika.

Es war keine riesige Konferenz, sondern eine bewusst kleine Runde mit sechzehn Teilnehmenden, alle aus dem Umfeld Maschinenbau, aber aus sehr unterschiedlichen Bereichen: handgeführte Maschinen, Bearbeitungszentren, Tunnelbau und mehr.

In dieser Folge möchte ich Ihnen einen Einblick geben, wie dieser Tag abgelaufen ist, welche fachlichen Punkte besonders spannend waren und warum wir schon jetzt den GFT Infotag 2026 im Blick haben.

Rahmen und Atmosphäre

Der Infotag fand am vierzehnten November in Schenkenzell statt, von Vormittag bis Nachmittag. Selbstverständlich waren meine Kollegen und ich auch selbst vor Ort. Wir haben die Begrüßung übernommen, Fragen in den Pausen beantwortet und den Tag begleitet.

Die Atmosphäre würde ich als ruhig, konzentriert und sehr praxisorientiert beschreiben. Es war kein Frontalevent, bei dem jemand zwei Stunden lang Folien zeigt und alle schauen schweigend zu.
Stattdessen ergaben sich manchmal während dem Vortrag, aber ansonsten immer nach jedem Vortrag Fragen, kleine Diskussionsrunden und auch Gespräche unter den Teilnehmenden: „Wie machen Sie das bei Ihrer Maschine? Was nutzt Ihr Unternehmen?“

Und ja – ein Highlight am Rande möchte ich nicht verschweigen: Der Flammkuchen. Spätestens beim gemeinsamen Essen löst sich die Stimmung erfahrungsgemäß, und genau so war es auch dieses Mal. Fachliche Tiefe und ein bisschen Genuss schließen sich eben nicht aus.

Die Reihenfolge der Vorträge war: zuerst Risikobeurteilung, dann digitale Dokumentation und zum Abschluss der Markteintritt in die Vereinigten Staaten von Amerika. Und ich fange in diesem Rückblick auch mit dem Thema an, das für mich persönlich am meisten nachgewirkt hat.

Risikobeurteilung: seit zwanzig Jahren bekannt – und immer noch falsch

Der erste Vortrag drehte sich um die Risikobeurteilung. Referent war Matthias Schulz – und wer ihn kennt, weiß: Er formuliert klar, direkt und durchaus auch emotional, wenn es um sicherheitsrelevante Themen geht.

Seine Kernbotschaft war deutlich:
Die Risikobeurteilung ist seit über zwanzig Jahren ein zentrales Element der Produktsicherheit. Trotzdem wird sie in vielen Unternehmen immer noch falsch verstanden und falsch umgesetzt. Und leider tragen manche Programmlösungen ihren Teil dazu bei.

In vielen Betrieben beginnt die Risikobeurteilung damit, Gefährdungen zu sammeln: Elektrizität, Quetschen, Scheren, Lärm, Strahlung und so weiter. Diese Listen werden dann mit Zahlen bewertet: Schadensschwere, Eintrittswahrscheinlichkeit, Häufigkeit der Exposition. Auf dem Papier sieht das systematisch aus.
Das Problem: Häufig fehlt die konkrete Gefährdungssituation. Es ist nicht klar beschrieben, was der Mensch an der Maschine eigentlich gerade tut, in welcher Lebensphase sich die Maschine befindet und welches gefährliche Ereignis realistisch eintreten kann.

Genau hier setzt die Kritik an. Eine Risikobeurteilung, die nicht von der konkreten Aufgabe ausgeht, bleibt abstrakt. Sie ist kaum geeignet, daraus sinnvolle Schutzmaßnahmen und verständliche, zielgerichtete Warnhinweise für die Betriebsanleitung abzuleiten.

Ein zweiter Kritikpunkt waren starre Programmlösungen. Viele Unternehmen arbeiten mit Software, die fest vorgibt, wie die Risikobeurteilung abzulaufen hat. Wenn diese Programmlösung aber ein falsches Prozessmodell zugrunde legt, dann erzwingt sie genau das, was wir eigentlich vermeiden wollen: eine Tabellenübung ohne echten Denkprozess.

An dieser Stelle war der Vortrag spürbar aufgeladen – und ehrlich gesagt hat mich das sehr angesprochen.
Ich stehe aktuell selbst vor genau diesem Problem: Ich arbeite in einem Projekt mit einer Programmlösung, die mir einen aus meiner Sicht falschen Ablauf der Risikobeurteilung aufzwingt. Nicht, weil ich mir das so ausgesucht hätte, sondern weil der Kunde diese Lösung vorschreibt.
„Dann nehmen Sie doch einfach ein anderes Werkzeug“ ist in solchen Fällen keine Option. Und ich glaube, viele Zuhörerinnen und Zuhörer im Raum kannten dieses Gefühl.

Die positiv formulierte Botschaft des Vortrags war:
Risikobeurteilung ist zuallererst ein strukturierter Denkprozess. Wir analysieren Aufgaben und Lebensphasen der Maschine, beschreiben konkrete Gefährdungssituationen, leiten daraus gefährliche Ereignisse ab und bewerten dann das Risiko.
Erst dann ergeben Schutzmaßnahmen und Warnhinweise wirklich Sinn – und erst dann kann die Technische Dokumentation ihre Rolle erfüllen.

Für mich war dieser Vortrag das fachliche Highlight des Tages, weil er sehr klar gezeigt hat, wie stark die Qualität der Risikobeurteilung und die Qualität der Anleitung zusammenhängen. Und natürlich weil ich mich sehr häufig mit dem Thema auseinander setze und auch entsprechend mit Kunden bespreche und diskutiere.

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Digitale Dokumentation: Wissen aus den Köpfen holen

Der zweite Schwerpunkt des Infotags war das Thema digitale Dokumentation und Wissenssicherung.
Hier ging es nicht nur um klassische Betriebsanleitungen, sondern vor allem um interne Arbeitsanweisungen – und genau das fand ich besonders spannend.

In vielen Unternehmen hängt ein großer Teil des Wissens an Einzelpersonen: an der einen erfahrenen Monteurin, am langjährigen Servicetechniker, an der Qualitätssicherungskraft, die „schon immer“ weiß, worauf man schauen muss.
Diese Kopfmonopole sind riskant: Krankheit, Kündigung, Ruhestand oder auch schneller Personalaufbau durch Wachstum – und plötzlich fehlt entscheidendes Wissen, Prozesse kommen ins Stocken.

Digitale Dokumentation kann hier ein Schlüssel sein.
Ein Schwerpunkt lag darauf, wie Unternehmen interne Arbeitsanweisungen professioneller aufbauen können, zum Beispiel:

  • für Montageschritte in der Produktion,
  • für Prüfschritte in der Qualitätssicherung,
  • für wiederkehrende Wartungs- und Rüsttätigkeiten.

Die Idee ist simpel, aber wirkungsvoll:
Statt dass eine erfahrene Fachkraft einem neuen Mitarbeitenden alles mündlich erklärt und das Wissen dann wieder nur in diesem Kopf landet, werden Abläufe strukturiert beschrieben.
Fotos und Videos aus der Praxis, aufgenommen mit einem Mobiltelefon, können ein Ausgangspunkt sein. Daraus lassen sich Schritt-für-Schritt-Anweisungen entwickeln, die verständlich, aktuell und wiederverwendbar sind.

Für die Unternehmen hat das mehrere Vorteile:

  • Neue Mitarbeitende können schneller eingelernt werden, unabhängig davon, ob jemand krank ist, das Unternehmen verlässt oder neue Stellen aufgebaut werden.
  • Qualitätsanforderungen werden klarer, weil nicht nur „ungefähr“ gezeigt wird, was zu tun ist, sondern verbindlich dokumentiert ist, wie ein Arbeitsschritt korrekt aussieht.
  • Fehler werden reduziert, weil weniger Interpretationsspielraum besteht.

Aus Sicht der Technischen Redaktion ist das besonders interessant:
Die gleichen Prinzipien, die wir bei guten Betriebsanleitungen anwenden – klare Zielgruppenanalyse, strukturierte Information, eindeutige Formulierungen, sinnvolle Bilder – lassen sich auf interne Arbeitsanweisungen übertragen.
Damit wird Technische Dokumentation zur strategischen Disziplin im Unternehmen: Sie schützt nicht nur Kunden und Anwender, sondern sichert auch internes Wissen und erhöht die Effizienz.

Für mich war das einer der Aha-Momente des Infotags:
Digitale Dokumentation ist nicht nur „Produktbegleitdokumentation“, sondern auch ein Instrument, mit dem Unternehmen ihre eigenen Abläufe stabiler und weniger anfällig für Kopfmonopole machen.

Markteintritt in die Vereinigten Staaten von Amerika: mehr als nur Export

Der dritte Vortrag des Tages hat den Blick noch weiter geöffnet: Markteintritt in die Vereinigten Staaten von Amerika.

Hier wurden drei große Themenbereiche behandelt:

Erstens die Frage der passenden Rechtsform und der Unternehmensstruktur vor Ort.
Zweitens Produkthaftung und Warnhinweise.
Und drittens die Einreise- und Aufenthaltsbedingungen für Personen, die im Rahmen von Projekten, Service oder Inbetriebnahmen in die Vereinigten Staaten reisen.

Beim Thema Rechtsform ging es darum, dass Maschinenbauunternehmen, die den amerikanischen Markt ernsthaft bedienen wollen, sich mit Kapitalgesellschaften und Haftungsfragen beschäftigen müssen.
Es reicht nicht, einfach nur Maschinen zu schicken. Die rechtliche Struktur des Engagements entscheidet mit darüber, wie Risiken verteilt sind und wie angreifbar das Unternehmen im Haftungsfall ist.

Der zweite Block knüpfte direkt an unsere Kernthemen an: Produkthaftung und Warnhinweise.
Die Produkthaftung in den Vereinigten Staaten von Amerika ist stärker klageorientiert als in vielen Ländern Europas.
Warnhinweise, unklare Benutzerinformationen oder fehlende Dokumentation können dort sehr viel schneller zu einem Haftungsthema werden.

Besonders angesprochen hat mich der Hinweis auf die Praxis:
Wenn eine Zielgruppe beispielsweise vor allem aus Mitarbeitenden besteht, die Spanisch sprechen und nur eingeschränkt lesen können, dann reicht es nicht, sich darauf zu berufen, dass formal ein Warnhinweis vorhanden ist.
Die Frage lautet: Wird die Information tatsächlich verstanden?
Das ist im Grunde genau das, was wir auch aus europäischer Sicht fordern – nur mit deutlich höherem Risiko, wenn es schiefgeht.

Der dritte Block betraf Einreise und Aufenthalt:
Welche Möglichkeiten es für kurzfristige Geschäftsreisen gibt, welche Rolle Programme für visumsfreies Reisen spielen und ab wann längere, visumspflichtige Einsätze im Raum stehen.
Auch hier wurde klar: Unternehmen müssen Technik, Dokumentation und den rechtlichen Rahmen für ihre Mitarbeitenden zusammen denken.

Der Vortrag hat gezeigt:
Markteintritt in die Vereinigten Staaten von Amerika ist machbar, aber sicher kein „Nebenbei-Thema“.
Es geht um rechtliche Strukturen, um belastbare technische Dokumentation und um die Rahmenbedingungen für Menschen, die vor Ort Projekte umsetzen.
Und gerade beim Thema Warnhinweise und Dokumentation können wir als Technische Redaktion einen wichtigen Beitrag leisten.

Sie wollen die Übersicht behalten? Dann nutzen Sie unsere kostenlosen Checklisten für die Technische Dokumentation und zur Überprüfung Ihrer Betriebsanleitungen!

Rückblick: Was bleibt vom GFT Infotag 2025?

Wenn ich den Tag in wenigen Sätzen zusammenfassen müsste, dann so:

  • Risikobeurteilung bleibt die fachliche Grundlage für sichere Produkte und gute Anleitungen. Sie funktioniert nur, wenn wir sie als Denkprozess verstehen – nicht als bloße Tabellenübung oder Programmbedienung.
  • Digitale Dokumentation ist ein Schlüssel, um Wissen im Unternehmen zu sichern, insbesondere bei internen Arbeitsanweisungen in Produktion und Qualitätssicherung.
  • Beim Markteintritt in die Vereinigten Staaten von Amerika treffen Haftungsfragen, Dokumentation und Organisationsstruktur direkt aufeinander. Ohne durchdachtes Konzept wird es schnell riskant.

Für mich persönlich war es sehr schön zu sehen, dass wir nach längerer Pause wieder einen Infotag mit einer richtig guten Mischung aus aktuellen Themen, interessierten Teilnehmenden und intensiven Gesprächen hatten.
Die kleine Gruppe von sechzehn Personen hat sich als Vorteil erwiesen: genug Vielfalt, aber klein genug für ehrlichen Austausch.

Ausblick: Infotag 2026 und Ihre Themenwünsche

Natürlich stellt sich nach so einem Tag die Frage: Geht es weiter?
Die klare Antwort lautet: ja.

Wir planen für das Jahr 2026 den nächsten GFT Infotag.
Einige Themenwünsche sind schon gefallen: ganz vorne mit dabei sind die neue Maschinenverordnung und der digitale Produktpass. Beide Themen werden in den nächsten Jahren enorm an Bedeutung gewinnen – für Hersteller, für Technische Redaktion und für Unternehmensprozesse insgesamt.

Wenn Sie diese Folge hören und sagen:
„Das klingt spannend, da möchte ich beim nächsten Mal dabei sein“
oder
„Ich hätte einen Themenvorschlag, der in diesen Rahmen passt“,

dann melden Sie sich sehr gern bei uns.

Über den Link gelangen Sie zur Infotag-Seite. Über unsere Internetseite erreichen Sie uns bequem über die dort genannten Kontaktwege.

Wir freuen uns über Rückmeldungen, Themenideen und natürlich auch darüber, wenn wir Sie beim nächsten Infotag persönlich begrüßen dürfen.

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