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Extra #009 Inhalte der Marktüberwachungsverordnung

Extra #009 Inhalte Der Marktüberwachungsverordnung

Worum geht es in dieser Verordnung? Die Verordnung soll sich mit den Pflichten der Wirtschaftsakteure besser auseinandersetzen und genaue Bestimmungen festlegen. Auch eine strengere und effizientere Marktüberwachung soll durch die Vorschriften der Verordnung erreicht werden. Die Veröffentlichung der Marktüberwachungsverordnung im EU-Amtsblatt erfolgte am 25. Juni 2019 und die Bestimmungen der Verordnung gelten ab dem 16. Juli 2021 für alle Mitgliedsstaaten.

Bisherige Probleme in der Marktüberwachung

Die erste Frage, die wir uns stellen sollten, ist diese warum es eine neue Verordnung zur Marktüberwachung gibt. Welche Probleme gibt es in der Praxis der Marktüberwachung denn aktuell?

Ein Hauptgrund für eine neue Verordnung sind sicher eklatante Lücken in den gesetzlichen Anforderungen und die steigende Zahl illegaler Produkte, die nicht konform mit den Regelungen der EU-Richtlinien sind. Dadurch entstehen Gefahren für Verbraucher und der Wettbewerb unterhalb den Marktteilnehmern wird verzerrt.

Die Überwachung von international tätigen Firmen sowie die Problematik mit dem Internethandel strapazieren zudem die Marktüberwachungsbehörden. Diese sind bereits unterfinanziert und sind durch Einschränkungen von nationalen Grenzen und Gesetzen schnell in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt. Auch personell sind viele der Marktüberwachungsbehörden unterbesetzt, um in allen Produktkategorien entsprechende Inspektionen durchzuführen.

Bekannte Fälle in der Marktüberwachung

Ein bekannter Fall der letzten Zeit in Deutschland hinsichtlich der Marktüberwachung ist der Fleisch- und Wurstwarenherstellers Wilke. Im Oktober 2019 starben 3 Menschen an mit Listerien belastete Lebensmittel. Die Marktüberwachung legte den kompletten Betrieb lahm und ließ weltweit die Waren zurückrufen. Vorhandene Bestände an Lebensmitteln wurden komplett vernichtet. Der Hersteller musste aufgrund dieses Skandals zudem Insolvenz anmelden. Jedoch reagierten die Behörden erst recht spät. Auch wurde der Fleischhersteller zu wenig kontrolliert. Eigentlich hätte der Betrieb wegen früheren Verstößen monatlich kontrolliert werden. Aufgrund von Verwaltungsfehler fand aber nur alle 3 Monate eine Kontrolle statt.

Ein weiteres bekanntes Beispiel der Marktüberwachung ist die Conditorei Coppenrath & Wiese. Im Jahr 2003 starb eine Elfjährige nach dem Verzehr einer Sahnetorte. Wo zuerst ein Lebensmittelskandal vermutet wurde, konnte man nach staatlichen Labertest jedoch Entwarnung geben. Es war keine bakterielle Verunreinigung in der Sahnetorte zu finden. Eine Obduktion ergab, dass das elfjährige Mädchen an Erbrochenem erstickt ist. Der Imageschaden für den Hersteller ist aber in diesem Fall dennoch enorm. Durch die mediale Berichterstattung aufgrund der falschen Ersteinschätzung hat das Unternehmen sicher einen wirtschaftlichen Verlust erlitten.

Aber nicht nur inländische Produkte sind für Probleme in der Marktüberwachung verantwortlich. Gerade der schnellwachsende Onlinehandel sorgt für rechtliche Unsicherheiten beim Vollzug der Marktüberwachung.

Rechtliche Unsicherheiten im Vollzug der Marktüberwachung

Die Hersteller von außerhalb der EU, die unsichere und nicht konforme Produkte über sogenannte Erfüllungsdienstleister bzw. Fullfillment-Dienstleiter innerhalb der EU anbieten, sorgen immer wieder für Probleme in der Marktüberwachung. Die Fullfilment-Dienstleister sind spezialisiert auf die Logistiktätigkeiten und übernehmen für den Hersteller der Produkte die Lagerhaltung, Kommissionierung, Verpackung und Versendung sowie in vielen Fällen auch die Rechnungsstellung und Kundenbetreuung. Hersteller, die dabei im EU-Ausland sitzen, hinterlegen möglicherweise falsche Kontaktdaten und können dann durch die Marktüberwachungsbehörde nicht überprüft bzw. belangt werden.

Die EU sah deswegen die Notwendigkeit die Überwachung der Marktteilnehmer zu verstärken und auch die Abschreckungsmaßnahmen für Hersteller von illegaler und nicht konformen Produkten zu erhöhen. Die neue Marktüberwachungsverordnung soll alle Produkte betreffen, die in den Warenwirtschaftsraum der Europäischen Union in Verkehr gehen. Das sind sowohl die Produkte, die von den Herstellern innerhalb der EU produziert werden, sowie auch für Hersteller aus Drittstaaten, die Ihre Produkte in die EU einführen.

Damit solche nicht konformen Produkte nicht einfach auf den europäischen Binnenmarkt gelangen, entschied ein Großteil der Abgeordneten sich für die Verabschiedung der neuen Marktüberwachungsverordnung. Mit insgesamt 562 Stimmen für die Verordnung war dies eine deutliche Entscheidung. Es waren nur 66 Stimmen gegen die Verordnung sowie weitere 33, die sich von der Abstimmung enthalten haben.

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Punkte in der neuen Marktüberwachungsverordnung

Wie bereits angesprochen, soll die neue Verordnung die Produktsicherheit fördern, Wettbewerbsverzerrungen abbauen und das Funktionieren des Binnenmarktes verbessern. Hierfür möchte die EU verstärkt gegen Anbieter unsicherer Produkte vorgehen. Um diese aufgestellten Ziele der Verordnung zu erreichen, sind neue Inhalte in der Verordnung niedergeschrieben.

Verstärkte Kontrolle des Binnenverkehrs

Warenlieferungen aus dem europäischen Ausland in den europäischen Wirtschaftsraum haben stark zugenommen. Schätzungsweise kamen im Jahr 2018 aus China Elektrogeräte im Wert von mehr als einer Milliarde Euro nur nach Deutschland an private Haushalte. Dabei gelangen auch sehr viele unsichere Produkte in den europäischen Handel.

Deswegen musste der Begriff des Inverkehrbringens mit der Marktüberwachungsverordnung neu definiert werden. Der Artikel 6 „Fernabsatz“ besagt, dass online angebotenen Produkte als auf dem Markt bereitgestellt gilt, wenn sich das Angebot auf den der Internet-Plattform an Endnutzer in der Europäischen Union richtet.

Auch muss, wer ein Produkt auf dem EU-Markt bereitstellen möchte, den Marktüberwachungsbehörden eine verantwortliche Person nennen. Zudem muss einer der Wirtschaftsakteure in der Lieferkette in der EU ansässig sein, falls das Produkt unter eine der EU-Richtlinien oder Verordnungen fällt.

Die Fullfilment Dienstleister als Wirtschaftsakteur

Wo bisher nur Hersteller, deren Bevollmächtigte und die Importeure zu den Wirtschaftsakteuren zählten, gehören nun auch Fullfilment Dienstleister dazu. Jeder, der bei einem Produkt mindestens zwei von vier möglichen Aufgaben:

  • Lagerung,
  • Verpackung,
  • Adressierung oder
  • Versand

übernimmt, ist als ein Fullfilment Dienstleister anzusehen. Der Fullfilment Dienstleister muss nicht mal der Eigentümer des Produktes sein. Für die Marktüberwachung stellt dieser Vertriebsweg eine hohe Herausforderung dar. Nahezu jeder kann Händler werden und benötigt keine Infrastruktur wie Lager oder Logistik. Über Plattformen wie Amazon kann man sich einen virtuellen Shop einrichten und seine Produkte direkt an das Amazon-Lager senden und dort versenden lassen. Die Produkte über diese Plattformen sind häufig nicht mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet oder haben eine englische oder sogar nur eine chinesische Bedienungsanleitung.

Die Marktüberwachungsverordnung nimmt die Onlinehandelsplattformen wie Amazon mehr in der Verpflichtung, Nachweise hinsichtlich der Konformität von Produkten Ihrer ausländischen Händler einzuholen. Bisher gelangten unsichere Produkte (aufgrund fehlende Konformität, keine CE-Kennzeichnung, keine Technische Dokumentation) ohne Probleme aus dem europäischen Ausland über den Onlinehandel in den Wirtschaftsraum der EU. Nun muss einer der Wirtschaftsakteure überprüfen, dass eine Konformitätserklärung dem Produkt beiliegt. Weiterhin müssen die Wirtschaftsakteure die Konformitätserklärung für Marktüberwachungsbehörden vorhalten und bei Bedarf bereitstellen.

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Stärkung der Marktüberwachungsbehörden

Die Marktüberwachungsbehörde ist dazu berechtigt entsprechende Mittel zu ergreifen, um Personen vor unsicheren Produkten zu schützen.

Dafür ist es den Behörden erlaubt unter falscher Identität Produkte zu erwerben, um die Konformität der Produkte mit den EU-Richtlinien zu überprüfen.

Auch dürfen die Behörden Inspektionen vor Ort und Dokumentenkontrollen durchführen, um die Konformität des Produktes mit den EU-Richtlinien sicherzustellen.

Ebenfalls können die Marktüberwachungsbehörden Informationen über Lieferketten und Vertriebsnetzte sowie die Produktanzahl von nichtkonformen Produkten einholen.

Gerade im Onlinehandel werden die Befugnisse der Marktüberwachungsbehörden gestärkt. Sie können Anbieter auffordern Inhalte von Online-Angeboten zu entfernen oder Warnhinweise anzubringen, um auf mögliche Gefahren bezüglich des Produktes hinzuweisen.

Falls der Anbieter nicht reagiert, können die Behörden auch die Interprovider dazu auffordern, den Zugang zum Online-Angebot von unsicheren Produkten zu beschränken.

Für nicht konforme Produkte, die für den Verbraucher eine Gefahr darstellen, haben die Marktüberwachungsbehörden folgende Möglichkeiten:

  • Die Verhinderung der Herstellung des betroffenen Produktes
  • Keine Bereitstellung des Produktes auf dem Markt
  • Die Rücknahme bzw. Rückruf des Produktes vom Markt
  • Warnung der Öffentlichkeit vor dem Produkt
  • Vernichtung des unsicheren Produktes

Um zu verhindern, dass unsichere Produkte auf den Markt gelangen, unterstützen die Verordnung auch die Kontrollen durch Zollbeamte. Die Marktüberwachungsbehörden stellen den Zollbeamten Informationen über Wirtschaftsakteure oder Produktkategorien bereit, bei denen ein größeres Risiko hinsichtlich der Einhaltung der EU-Richtlinien besteht.

Auch der Informationsaustausch unter den Mitgliedsstaaten fördert die Verordnung. Hierfür sind die Informationsplattformen RAPEX (für Rapid Information Exchange System) und das Informations-und Kommunikationssystem für die pan-europäische Marktüberwachung ICSMS geschaffen worden.

In einem öffentlichen Bereich können Verbraucher sich über gefährliche Produkte informieren oder eben solche gefährliche Produkte den zuständigen Behörden melden. Ein geschlossener Bereich ist den Marktüberwachungsbehörden und der Europäischen Kommission vorbehalten. In diesem befinden sich Produktinformationen, Prüfergebnisse und Informationen zu behördlichen Maßnahmen gegen gefährliche Produkte.

Marktüberwachungsverordnung - Das Fazit

Die neue Marktüberwachungsverordnung betrifft die meisten Produktkategorien und zählt seit Veröffentlichung der Verordnung 765/2008 zu den grundlegendsten rechtlichen Entwicklungen im Bereich der Marktüberwachung. Sie führt neue zu beachtende Vorschriften ein und nimmt auch zuvor nicht betroffene Wirtschaftsakteure im Online-Handel nun in die Verpflichtung.

Auch der verstärkte Informationsaustausch unter den Behörden den jeweiligen Mitgliedsstaaten ist ein guter Ansatz. Es freut mich auch, dass ich als Verbraucher unsichere Produkte über eine entsprechende Informationsplattform melden kann. Wie sehr dieses Angebot von den Endverbrauchern genutzt wird, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Wie gut die Überwachung des Online-Handels funktioniert, dürfte sich erst noch zeigen. Ein aus dem Verkehr gezogenes Produkt kann dort ja innerhalb kurzer Zeit wieder unter einer anderen Bezeichnung auf einer der Online-Handelsplattformen auftauchen.

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