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MRL #005 – Auf der Zielgeraden – die neue Maschinenverordnung

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Die neue Maschinenverordnung ist derzeit vermutlich das Hauptthema in allen technischen Redaktionen. Aus aktuellem Anlass möchten wir heute in einem kurzen Abriss auf sie eingehen.

Für diejenigen die sich bislang nicht so intensiv mit diesem Thema beschäftigt haben hier eine kurze Einführung. Diese basiert im Wesentlichen auf dem Stand vom Juni 2022, Änderungen in der finalen Fassung der MVO sind also noch möglich:

Die neue Maschinenverordnung (MVO) wird die bisherige Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ablösen. Nachdem das Verfahren zu einer Neufassung der MRL im Mai 2016 mit einer öffentlichen Konsultation zur Maschinenrichtlinie durch die EU-Kommission in Gang kam, wurde im April 2021 ein erster Entwurf zur Maschinenverordnung veröffentlicht. Im Juni 2022 erfolgte die Veröffentlichung eines Kompromissvorschlages, dem einen Monat später der Start der Verhandlungen zwischen dem Rat, dem Parlament und der EU-Kommission folgte. Diese endeten am 15. Dezember des vergangenen Jahres mit einer vorläufigen politischen Einigung über die MVO.

Warum bekommen wir eine neue Maschinenverordnung?

Es gibt eine Reihe von Gründen die zu dieser Entscheidung geführt haben, auf alle einzugehen ist an dieser Stelle nicht möglich. Wir beschränken uns daher auf einige wenige Punkte.

Die MVO wurde nicht zuletzt deswegen erforderlich, weil sich im Zusammenhang mit den auf dem Maschinensektor neu hinzugekommenen Technologien auch neue Risiken für Hersteller und Anwender ergeben.  Ein weiterer wesentlicher Grund ist, dass die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG im Jahre 2014 nicht an das New Legislative Framework (NLF) angepasst wurde.

Auch gehören beispielsweise die zunehmende Verbreitung der künstlichen Intelligenz (KI) und die sich hieraus ergebenden Gefahren zu den Gründen. Hinsichtlich der KI wurde übrigens eine eigene KI-Verordnung (COM(2021) 206) zu den Sicherheitsrisiken vorgeschlagen. Die neue Maschinenverordnung beschäftigt sich in erster Linie mit der sicheren Integration der KI in Maschinen.

Was ist eigentlich KI?

Bei der künstlichen Intelligenz geht es darum, Computer, Systeme aber auch Maschinen in unserem Wortsinn unter Einsatz elektronischer Datenverarbeitung zu befähigen ihre Umgebung zu erfassen, die sich daraus ergebenden Informationen durch logisches Verknüpfen weiterzuverarbeiten und für künftige Entscheidungsprozesse zu speichern – vereinfacht gesagt: Sie sollen denken und lernen wie der Mensch, was beispielsweise dazu führen soll, dass nicht vorhergesehene Ereignisse während eines Bearbeitungsprozesses von der KI erkannt und als gemachte Erfahrung in künftigen Bearbeitungsprozessen berücksichtigt werden. Ob es sich bei der Maschine um eine Metallfräse oder einen Roboter handelt, ist grundsätzlich unerheblich.

Die Erfassung der Umwelt erfolgt dabei wie gewohnt über Sensoren (z. B. für Licht, Hitze, Druck, Schall, Kameras, etc.). Speziell geschriebene Software sorgt dafür, dass diese Informationen miteinander verknüpft und während der Laufzeit ständig durch neue ergänzt und von der Maschine bzw. dem System künftig selbstständig für Entscheidungen herangezogen werden.

Diese Kombination von KI und Maschinen führt nun – sofern daraus eine Beeinflussung der Maschinensicherheit resultiert – vermutlich in eine neue Klasse – die sog. Hochrisikomaschinen. Dieses wiederum dürfte ein erheblich aufwändigeres Konformitätsbewertungsverfahren für diese Produkte bedeuten.

Auch die generellen Gefahren über das Internet vernetzter Maschinen, Software-Updates und autonom arbeitende oder fernüberwachte Maschinen sind Thema der MVO.

Des Weiteren geht es neben der rechtlich eindeutigeren Ausgestaltung aktueller Bestimmungen beispielsweise auch um die Zulassung der digitalen Form von Informationsprodukten u.a. zwecks Verringerung des Papiereinsatzes sowie die Verbindung zu anderen CE-Vorschriften oder die Anpassung an Marktbedürfnisse generell.

Einige Begriffe

Mit der neuen MVO werden wir es auch mit einigen neuen Begriffen zu tun haben.

So wird uns beispielsweise der Begriff „wesentliche Modifikation“ künftig dabei unterstützen herauszufinden, ab wann eine Veränderung an einer Maschine zu einer neuen Maschine im Sinne der MVO führen kann – was dann wiederum eine Neubewertung im CE-Prozess nach sich zieht.

Der Begriff Hochrisikomaschine ist uns bereits im Zusammenhang mit der KI begnet. Allerdings ist diese Definition damit abschließend behandelt. Ob es sich um eine Hochrisikomaschine handelt, werden künftig vermutlich auch Faktoren wie beispielsweise die Anzahl der im Schadensfall betroffenen Maschinen oder der Grad, in welchem eine Maschine für einen bestimmten Zweck eingesetzt wurde bestimmen.

Welche Maschinen als Hochrisikomaschinen einzustufen sind, soll dann in Anhang I der MVO nachzulesen sein.

Digitale Informationsprodukte

Außerdem ist es vorgesehen, dass künftig sowohl Betriebsanleitungen als auch Konformitätserklärungen in digitaler Form ausgeliefert werden können. Dies ist jedoch an einige Bedingungen geknüpft: So muss beispielsweise auf dem Produkt vermerkt sein, wie der Zugriff auf das zugehörige digitale Informationsprodukt erfolgen kann. Außerdem ist sicherzustellen, dass es in einer Form vorliegt, die sich auf jedem Endgerät öffnen UND speichern lässt. Diese Bedingungen werden vermutlich einige Hersteller und technische Redaktionen vor neue Herausforderungen stellen.

Dabei dürfte weniger das Ausgabeformat des Informationsproduktes, sondern eher das Endgerät der Anwender eine Rolle spielen. So publizieren wir unsere Kundendokumente neben der Printversion zwar auch im PDF-Dateiformat und in HTML. Damit sind sie vom Hersteller allerdings noch nicht sicher ausgeliefert. Sprich: Das Endgerät der Benutzer muss also wenigstens eine Software / App vor-halten die PDF-Dokumente öffnen und korrekt darstellen kann. Dies ist keineswegs so selbstverständlich, wie es den zunächst scheinen mag. Ich kenne durchaus Endgeräte die proprietäre PDF-Reader verwenden und bei denen die Installation eines anderen Readers nicht oder nur mit Tricksereien möglich ist.

Und was die HTML-Ausgabe betrifft: Hier ist die Lage möglicherweise etwas entspannter, denn einen Internetbrowser findet man wohl auf jedem Smartphone oder Tablet. Allerdings geht es hier auch nicht ganz ohne Probleme ab, jeder der sich mit Webdesign beschäftigt weiß, dass es durchaus eine Herausforderung sein kann, ein HTML-Dokument auf allen verfügbaren Browsern gleich aussehen zu lassen. Dazu kommt, dass es heute üblich ist, das sogenannte responsive Design zu verwenden – was bedeutet, dass sich die Darstellung des Inhaltes an das Endgerät bestmöglich anpasst. Sie werden sicherlich selber bereits festgestellt haben, dass sich so manche Website auf dem Desktop-PC ganz anders darstellt als auf einem Smartphone. Es bleibt unter dem Strich nicht auszuschließen, dass gerade proprietäre Internetbrowser sich in der Darstellung nicht immer so verhalten wie die bekannten Modelle Firefox, Chrome, Edge und Co.

Aus meiner Sicht kann bei der HTML-Ausgabe die Prämisse daher nur lauten: So gut wie nötig und nicht so gut wie möglich – weniger ist eben manchmal mehr.

Da aber wohl noch nicht abschließend feststeht, in welcher Form die digitalen Informationsprodukte vorliegen dürfen und auf welchem Weg sie bereitgestellt werden müssen, bleibt es leider derzeit bei Spekulationen.

Wichtig dabei: Wünscht der Kunde zusätzlich zu einem digitalen Informationsprodukt eine Ausgabe als Printversion, muss ihm diese zur Verfügung gestellt werden.

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Die IT-Sicherheit

Und wenn wir schon bei Digital sind und weil es so schön naheliegend ist, schlagen wir noch einen Bogen zur IT, genauer gesagt zur IT-Sicherheit.

Diese spielt ja im Grunde genommen heute überall eine Rolle – im privaten Heim wie auch in der Industrie und der Verwaltung der Versorgungsnetze und andere mehr.

Jeder der seine Computer oder andere Geräte mit dem Internet verbindet, befindet sich in der latenten Gefahr, dass diese Systeme in irgendeiner Weise von außen kompromittiert werden. Während ein hieraus resultierender Schaden im privaten Umfeld möglicherweise noch begrenzt und überschaubar bleibt, sind die Folgen für die Industrie oder die Versorgungsnetze eines Landes deutlich gravierender. So ist in der Vergangenheit beispielsweise die Angreifbarkeit von medizinischen Geräten oder gar ganzer Kliniken bekannt geworden. Das an sich ist schon mehr als dramatisch. Aber es geht immer noch schlimmer, doch auf weitere Beispiele will ich an dieser Stelle verzichten.

So ist es kein Wunder, dass in der MVO zahlreiche Vorgaben zur IT-Sicherheit von Maschinen gemacht werden. Und ich bin der Meinung dies auch völlig zu Recht. Ich habe in meiner beruflichen Praxis mittlerweile eine solch unfassbare Sorglosigkeit hinsichtlich der IT-Sicherheit in privaten wie Firmennetzwerken gesehen, dass ich mir nicht ausmalen mag, was geschieht, wenn Maschinen in sicherheitskritischen Bereichen über das Internet kompromittiert werden.

Ich bin der Meinung, dass es dringend geboten ist, die IT-Sicherheit in der Maschinenkonstruktion sehr ernst zu nehmen und falls der Einsatz von IT in Zusammen hang mit der Maschine nicht unbedingt notwendig ist auf diese zu verzichten. Nicht alles, was technisch machbar ist, ist schließlich auch immer sinnvoll.

Doch wo Schatten ist, da ist auch Licht und so hatte ich einmal Einblick in ein Unternehmen, dass an diese Thematik geradezu vorbildlich herangegangen ist: Hier wurde das Produktivnetzwerk strikt als eigenständiges Netzwerk betrieben. Wo am Arbeitsplatz der Zugang zum Internet erforderlich war, wurde ein eigens dafür vorgesehener Computer aufgestellt, der mit einem anderen Netzwerksegment verbunden war. Zwischen beiden Netzen bestand keinerlei Verbindung über Bridges u. a. Netzwerkkomponenten und auch die manuelle Datenübertragung mittels mobiler Datenträger wie DVD oder USB-Stick u. a. wie Bluetooth auf die Produktivrechner am Arbeitsplatz war dank konstruktiver Maßnahmen für die Mitarbeiter unmöglich.

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Und die Neuigkeit?

Und worin liegt jetzt der aktuelle Anlass für diesen Podcast?

Nun, am 25. Januar diesen Jahren wurde der Kompromissvorschlag für die neue MVO in seiner endgültigen Fassung vom Ausschuss der ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (AStV) gebilligt und dem Vorsitz des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO – Internal Market and Consumer Protection) des Europäischen Parlaments übergeben.

Es ist somit denkbar, dass die förmliche Annahme der MVO durch den Rat und das EU-Parlament im Laufe dieses ersten Halbjahres erfolgt. Zwanzig Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU würde die neue MVO in Kraft treten, was bedeutet, dass sie ab diesem Tage – somit also noch dieses Jahre – bereits anwendbar wäre. Nochmals 42 Monate später (wobei diese Frist noch nicht final bestätigt ist) ist dann ihr Geltungsbeginn, d. h., dass ab einem bestimmten Datum im Jahr 2027 nur noch die MVO, nicht aber die bis dahin noch parallel gültige MRL 2006/42/EG angewendet werden darf.

Übrigens:

Die MVO ist, wie der Name bereits sagt, eine Verordnung. Dies bedeutet, dass eine Umsetzung in nationales Recht – wie mit der 9. ProdSV zur MRL 2006/42/EG geschehen – nicht erforderlich ist. EU-Verordnungen besitzen somit unmittelbare Gesetzeskraft.

Fazit

Halten wir also fest:

Mit der neuen MVO wird einiges an spannenden Themen auf die technischen Redaktionen und Hersteller zukommen. Dem Vernehmen nach dürfte aber auch mit einigen Unklarheiten zu rechnen sein, die noch herausfordernd sein könnten.

Es ist dringend zu empfehlen, sich bereits jetzt mit der neuen MVO zu beschäftigen, da Maschinen die im Jahre 2027 auf dem Markt bereitgestellt werden mit ihr konform sein müssen und die Einarbeitung in die neue Verordnung schon einige Zeit in Anspruch nehmen wird.
Eine Quelle hierzu wäre beispielsweise die EUR-Lex:

Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über Maschinenprodukte

Nun, wir werden der Einführung der MVO – ebenso wie Sie – mit großer Spannung entgegensehen und uns selbstverständlich demnächst in weiteren Einzelfolgen intensiver mit ihr beschäftigen.

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