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CE #002 Das Konformitätsbewertungsverfahren der CE-Kennzeichnung
Unter dem Begriff „Konformitätsbewertungsverfahren“ versteht man grob einen Prozess, beim dem etwas, wie zum Beispiel ein Produkt, nach Kriterien bewertet und das Ergebnis festgehalten wird. Es gibt daher nicht nur ein Konformitätsbewertungsverfahren, sondern quasi unendlich viele. Jeder kann ein Konformitätsbewertungsverfahren definieren, egal für welche Produkte und egal nach welchen Kriterien oder Normen.
Auch können sich identische Konformitätsbewertungsverfahren durch die Stellen unterscheiden, die sie durchführen. So kann sich das Konformitätsverfahren durchgeführt vom TÜV Süd theoretisch von einem Konformitätsbewertungsverfahren vom TÜV Austria unterscheiden. Das ganze Prinzip ist ähnlich wie bei Aus- und Weiterbildungen, dort gibt es auch den CE-Koordinator, den CE-Beauftragten vom TÜV, etc.
Zu den wichtigsten Konformitätsbewertungsverfahren gehören die der CE-Kennzeichnung. Wobei es auch hier Unterschiede gibt, je nach überprüfter Richtlinie. So gibt es ein Konformitätsbewertungsverfahren für die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und ein Bewertungsverfahren für die Medizinprodukteverordnung EU 2017/745. Und diese Liste könnte ich noch mit jeder einzelnen, weiteren Richtlinie fortsetzen. Zusätzlich funktioniert dasselbe Prinzip auch bei Normen oder Zertifikaten.
Schritte der Konformitätsbewertung
Daher kann man generell sagen, dass die folgenden Schritte in jedem Bewertungsverfahren vorkommen. Zunächst wird das Produkt oder der Gegenstand ausgewählt, der überprüft und bewertet werden soll. Ist dies definiert muss ermittelt werden, auf welche Kriterien das Produkt überprüft werden soll.
Ist eine Liste mit den einzelnen Kriterien erstellt, wird das Produkt auf die Erfüllung oder Einhaltung dieser Anforderungen überprüft. Werden alle Kriterien eingehalten, kann diese Einhaltung über Zertifikate, Zeugnisse oder ähnliche Dokumente bestätigt werden.
Meist ist der Prozess jedoch damit nicht abgeschlossen. Viele Normen oder andere Geber von Kriterien fordern meist wiederkehrende Prüfungen und Inspektionen, meist im Rahmen von Stichproben oder beispielsweise jährliche Prüfungen.
Die Durchführung von Konformitätsbewertungen
Aufgrund der Vielseitigkeit der Konformitätsbewertungsverfahren, unterteilt man die Stellen, die die Konformitätsbewertung durchführt, in der Regel auf 3 Ebenen. Die erste Ebene ist dabei intern, also der eigene Betrieb. Diese Stelle kann eine Fertigungskontrolle oder das Qualitätsmanagement sein. Je nach Größe und Struktur des Unternehmens. Beim Konformitätsbewertungsverfahren nach Maschinenrichtlinie ist es meist der leitende Konstrukteur oder ein separater CE-Beauftragter.
Die zweite Ebene umfasst externe Stellen, die mit dem zu bewertenden Produkt zu tun haben. Beispielsweise der Abnehmer und Käufer des Produktes. Diese Ebene ist in der Regel häufig bei der Überprüfung der Einhaltung von Normen anzutreffen und eher selten bei Konformitätsbewertungsverfahren von EU-Richtlinien.
Die dritte Ebene umfasst externe, aber unabhängige Stellen. Hierbei handelt es sich um Zertifizierter oder benannte Stellen, die vom Auftraggeber unabhängig sind. Beispielsweise Akkreditierungsstellen, Inspektionsstellen oder Prüflabore. Diese Ebene ist vor allem bei Medizinprodukten anzutreffen.
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Ist die Konformitätsbewertung freiwillig?
So verschieden die Konformitätsbewertungsverfahren sind, so unterschiedlich ist auch die Pflicht zu deren Einhaltung. Es gibt Konformitätsbewertungsverfahren, die sind auf komplett freiwilliger Basis. Diese finden auf der sogenannten rechtlich, ungeregelten Basis statt. Das sind meist Zertifikatssiegel wie Bioland-Betrieb, die nicht vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden. Diese sind in den Kriterien häufig strenger als die gesetzlichen Regelungen und werden dadurch auch als Qualitätssiegel genutzt.
Neben diesen gibt es Zertifizierungen auf gesetzlicher Regelung, auch „geregelter Bereich“ genannt. Diese werden meist vom Gesetzgeber veranlasst und gliedern sich wiederum in einen freiwilligen Bereich und einen zwingenden Bereich. Freiwillige Zertifizierungen können zum Beispiel Öko-Audits oder die Überprüfung und Zertifizierung mit dem GS-Zeichen sein. Zu den zwingend vorgeschriebenen Zertifizierungen gehört das Konformitätsbewertungsverfahren im Zuge der Maschinenrichtlinie oder der Medizinprodukteverordnung.
Besonderheit Medizinprodukte
Zusammenfassend kann man also sagen, dass es jede Menge unterschiedlicher Konformitätsbewertungsverfahren gibt, je nach dem nach welchen Kriterien ein Produkt überprüft wird.
Kommen wir daher nun wieder zurück zum Thema unserer Reihe und widmen wir uns wieder der CE-Konformitätsbewertung. Diese hat übrigens selbst eine Vielzahl von Namen. Neben CE-Konformitätsbewertung wird sie auch EU-Konformitätsbewertung oder einfach nur Konformitätsbewertung genannt. Gemeint ist aber immer derselbe Prozess.
Das Ziel der Konformitätsbewertung ist es, dass der Hersteller eines Produktes ein sicheres Produkt auf dem Markt bereitstellt, das die Anforderungen der jeweiligen Richtlinie erfüllt. Diesen Prozess muss er für jedes Produkt vor dem erstmaligen Inverkehrbringen durchführen und dokumentieren. Abschließend erklärt er dies durch die Erstellung und Bereitstellung der Konformitätserklärung und dem Anbringen der CE-Kennzeichnung auf dem Produkt, falls dies in der Richtlinie vorgesehen ist.
Diese Verfahrensweise gilt für alle Richtlinien außer für Produkte aus dem Bereich der Medizinprodukte. Hier besteht die Besonderheit, dass der Hersteller nicht nur die Produktsicherheit nachweisen muss, sondern auch die Wirksamkeit bzw. Leistungsfähigkeit seines Produktes. Oder einfach ausgedrückt, dass sein Produkt auch eine medizinische Wirkung hat. Diese wird in einer sogenannten klinischen Bewertung nachgewiesen. Erst danach wird von einer Benannten Stelle die Berechtigung erteilt, die CE-Kennzeichnung anzubringen.
Schritte des Konformitätsbewertungsverfahrens
Normen und Richtlinien
Der erste Schritt eines Konformitätsbewertungsverfahrens ist natürlich erst einmal die Definition der zu bewertenden Kriterien. Denn nur wenn diese definiert sind, kann ein Produkt danach überprüft werden.
Möchte man nun also ein Produkt nach beispielsweise der Maschinenrichtlinie mit der CE-Kennzeichnung versehen, muss man die Richtlinie nach den Anforderungen durchforsten. Neben der Maschinenrichtlinie müssen auch andere Richtlinien oder Normen berücksichtigt werden, wenn diese zutreffen.
Am besten werden diese Anforderungen gesammelt und in Listen zusammengetragen. Auch sollten zutreffende Gesetze berücksichtigt werden, wenn diese in Zusammenhang mit dem Produkt gelten. National geregelte Gesetze wie die Arbeitssicherheit können sich je nach Mitgliedsstaat im Detail unterscheiden, was teilweise bei der Konstruktion und dem Design von Produkten berücksichtigt werden muss.
So sind die gesetzlich festgelegten, zu hebenden Gewichte beispielsweise in den nördlichen Staaten wie Finnland in der Regel niedriger definiert als bei uns. Also muss dies bei der Konstruktion und dem Design einer Maschine berücksichtigt werden, wenn diese dorthin verkauft werden soll.
Die Risikobeurteilung mit Risikoanalyse und Risikobewertung
Der nächste größere Schritt im Zuge des CE-Konformitätsbewertungsverfahrens ist die Durchführung einer Risikobeurteilung inklusive Risikoanalyse und Risikobewertung. Ich werde an dieser Stelle jetzt nicht weiter darauf eingehen, da dies dann in der Detailfolge beziehungsweise bereits ausführlich von meinem Kollegen in der Reihe „Risikobeurteilung“ erläutert wurde.
Messung, Prüfung und Dokumentation
Nach der Risikobeurteilung muss das Produkt entsprechend den Anforderungen der Richtlinie gemessen und überprüft werden. Dazu gehören dann beispielsweise Messprotokolle zur Lautstärke, Vibration und anderem.
All diese Unterlagen werden dann in der Dokumentation oder auch Technischen Dokumentation zusammengefasst. Hier gehört nicht nur die Betriebsanleitung dazu, sondern auch die Messprotokolle, Risikobeurteilung, technische Unterlagen, Zuliefererdokumentationen und viele weitere Dinge dazu. Sollten Sie zu dieser Stelle genauere Informationen benötigen, empfehle ich Ihnen die entsprechende Folge meines Podcasts zum Thema „Technische Dokumentation“.
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Übersetzung der Anleitungen
Nachdem Sie die technische Dokumentation zusammengestellt haben, müssen Sie Teile davon noch unter Umständen übersetzen. Denn die meisten Richtlinien fordern inzwischen, dass die begleitenden Unterlagen in die Amtssprache des jeweiligen Mitgliedsstaates übersetzt werden muss.
Sollten Sie also Ihr Produkt in einen anderen Mitgliedsstaat verkaufen möchten, so müssen Sie die begleitenden Unterlagen in die jeweilige Sprache übersetzen. Und dazu gehört auch die Betriebsanleitung.
Da viele Personen diesen Punkt gerne nicht wahr haben wollen, habe ich mich entschlossen hier extra einen separaten Punkt zu erstellen und dies nicht in den Punkt der Zusammenstellung der technischen Dokumentation zu übernehmen. Also nochmal für alle: Die Übersetzung der begleitenden Unterlagen gehört zum Konformitätsbewertungsverfahren. Sie müssen alle Unterlagen in die Amtssprache des Verwenderlandes übersetzen. Und für diejenigen die jetzt argumentieren, dass Englisch ja häufig als Amtssprache gelistet ist: Die Produktsicherheitsrichtlinie aka Produktsicherheitsgesetz fordert, dass Dokumente in einer für den Anwender verständlichen Sprache ausgeliefert werden.
Solange Sie nicht sicherstellen können, dass der Anwender Ihres Produktes, also beispielsweise die rumänische Hausfrau, nicht englisch kann, müssen Sie die Anleitung in Rumänisch ausliefern. Machen Sie das nicht und bringen Sie trotzdem die CE-Kennzeichnung an, so begehen Sie eine Straftat. Und die möglichen Folgen hatte ich ja bereits in der letzten Folge dargelegt.
Die letzten Schritte des Konformitätsbewertungsverfahrens
Aber nun wieder zurück zum Konformitätsbewertungsverfahren. Die letzten beiden Schritte sind in Regel im Vergleich zu den vorangegangenen schnell erledigt. Sollte die Richtlinie eine Kommunikation und Abstimmung mit Behörden vorsehen, so müssen Sie diese ebenfalls durchführen.
Und wenn dieser Punkt ebenfalls erledigt ist, dürfen Sie die Konformitätserklärung oder ein entsprechendes, gleichwertiges Dokument wie die Einbauerklärung, unterschreiben und die CE-Kennzeichnung am Produkt anbringen. Und somit ist das Konformitätsbewertungsverfahren abgeschlossen.