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RB #005 Risikobeurteilung – Einschätzung von Gefahren

Risikobeurteilung - Einschätzung von Gefahren

Einschätzung von Gefahren

Ein herzliches Willkommen an alle neuen und alten Zuhörer dieses Podcasts rund um die Risikobeurteilung und CE-Kennzeichnung. Mein Name ist Florian Seckinger und ich arbeite bei der GFT Akademie in der Technischen Dokumentation.

Für alle die heute das erste Mal in diese Reihe einschalten, empfehle ich Ihnen auch die anderen dieser Serie um die Risikobeurteilung anzuhören. Darin gehe ich auf die Grundlagen sowie die Voraussetzungen und ersten Schritte einer Risikobeurteilung ein.

In unserer technisierten Welt und besonders in der Arbeitswelt des Maschinenbaus umgeben uns zahlreiche Gefahrenquellen. Diese Gefahren können sowohl Schaden an der Umwelt als auch Schäden an Sachen bzw. Eigentümer und natürlich auch an Personen in der näheren oder ferneren Umgebung verursachen. Vor allem das Ausmaß von Personenschäden ist wichtig bei der Abschätzung des Ausmaßes eines Schadens.

Die Abschätzung der Gefahrenquellen erleichtert die Entscheidung darüber, ob Maßnahmen erforderlich sind, um die Gefahr und das Risiko zu minimieren. Ebenso kann mit der Abschätzung des Risikos auch ein Risikovergleich von alternativer Konstruktionen und Schutzmaßnahmen herangezogen werden. Ein Vorher-Nachher Vergleich ohne und anschließend mit Schutzmaßnahmen bietet sich zudem ebenfalls durch die Abschätzung des Risikos an.

Dabei hängt die Größe des Risikos von mehreren Faktoren ab, den sogenannten Risikoelementen, auf die wir in dieser Folge näher eingehen werden.

Die Risikoelemente in der Risikobeurteilung

Mehrere Arten der Vorgehensweise zur Risikoeinschätzung finden sich in unterschiedlichen Sicherheitsnormen. In dieser Folge werde ich mich mit der Methode in der europäischen Norm DIN EN 62061 widmen. In dieser Norm mit der zungenbrechenden Bezeichnung   – Sicherheit von Maschinen – Funktionale Sicherheit sicherheitsbezogener elektrischer, elektronischer und programmierbarer elektronischer Steuerungssysteme   –  ist ein umfangreiches Verfahren zur Risikoeinschätzung beschrieben.

Ich habe mich für diese Methode entschieden, da aufgrund von fein abgestimmten Risikoelemente und klar definierten Kriterien diese Methode zur Risikoeinschätzung universell einsetzbar ist.

Ziel der Risikoeinschätzung nach der Norm DIN EN 62061 ist es, den erforderlichen Sicherheitsintegritäts-Level kurz SIL zu bestimmen. Dieser Wert bestimmt die Wahrscheinlichkeit einer gefahrbringenden Situation. Diesen Wert ermittelt man aus vier Risikoelemente, die so auch ähnlich in der DIN EN ISO 12100 vorkommen.

Diese vier Elemente sind:

  • Die Schwere der Verletzung – der S-Wert
  • Die Häufigkeit und/oder Dauer der Gefährdungsexposition, also der Dauer und Häufigkeit, in der sich Personen in der Situation befinden – der F-Wert
  • Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens – der W-Wert
  • Und die Möglichkeit zur Vermeidung oder Begrenzung des Schadens – der P-Wert
  • Die Werte aus „F“ „W“ und P“ ergeben die sogenannte Klasse – welche mit K abgekürzt wird.
  • Mit dem Wert K und dem Wert aus S bildet sich der vorher genannte Sicherheitsintegritäts-Level kurz SIL.

Klingt alles sehr theoretisch und kompliziert….ich gehe nun auf die einzelnen Elemente näher ein.

Kommen wir also zuerst mal zur Abschätzung der Schwere der Verletzung als erstes Risikoelement.

F-Wert in der Risikobeurteilung

Die Einschätzung der Häufigkeit bezieht sich nicht darum, wie oft die Gefährdung auftritt oder es zu Unfällen führt sondern wie oft und wie lange sich Personen in einer möglichen Gefährdungssituation befinden könnten.

In der Risikoeinschätzung nach DIN EN 62061  notiert man einen Wert zwischen 1 und 5 für die Wahrscheinlichkeit des Auftretens.

Wenn die Aufenthaltsdauer in der Gefahr weniger als 10 Minuten beträgt und die Häufigkeit des Auftretens weniger als einmal pro Jahr besteht kann der Wert 1 eingetragen werden. In den höheren Stufen, ausgenommen der 5. Stufe, kann bei einer Aufenthaltsdauer in der Gefahr von weniger als 10 Minuten der Wert um eine Stufe herabgesetzt werden.

Umso häufiger eine Gefährdungssituation auftreten kann und desto länger sich eine Person in dieser Situation befindet, desto höher ist der Wert anzugeben.

Der Wert 2 ergibt sich wenn die Häufigkeit einer Gefährdungssituation zwischen weniger als einmal alle 2 Wochen bis mehr als einmal pro Jahr auftritt.

Tritt die Gefährdungssituation weniger als einmal pro Tag bis zu mehr als einmal alle 2 Wochen auf ist der Wert 3 anzusetzen.

Den Wert 4 setzt man an, wenn die Gefährdungssituation weniger als einmal pro Stunde bis zu mehr als einmal pro Tag auftritt.

Einen Wert von 5 erreicht man beispielsweise wenn eine Gefährdungssituation mehr als 1 x pro Stunde auftritt, unabhängig von der Dauer der Gefahr, die einer Person dabei ausgesetzt ist.

Für die Dokumentation muss die Einschätzung der Häufigkeit auch begründet werden.

W-Wert in der Risikobeurteilung

Im dritten Risikoelement beurteilt man die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Gefährdungssituation. Hierbei schätzt man einen Wert zwischen 1 und 5, der sich aufteilt von 1 für vernachlässigbar, 2 für selten, 3 für möglich, 4 für wahrscheinlich und 5 für sehr hoch.

Die Einschätzung gilt es ebenfalls in der Dokumentation entsprechend zu begründen. In der Norm DIN EN 62061 finden sich Gesichtspunkt zur Einschätzung der Wahrscheinlichkeit.

Beispielsweise soll für vorhersehbares Verhalten von nicht ausgebildeten Menschen an der Maschine immer der Wert 5 für sehr hohe Wahrscheinlichkeit eingetragen werden. Die Wahrscheinlichkeit von gefährlichen Bedienfehler ist bei dieser Personengruppe sehr hoch, vor allem wenn der Bediener unter Zeitdruck steht oder er sich aufgrund der mangelnden Ausbildung der Gefahr gar nicht bewusst ist.

P-Wert in der Risikobeurteilung

Das vierte Risikoelement, welches am Schluss noch betrachtet werden muss, ist die Einschätzung, ob eine Person die Gefährdung erkennen kann und sich rechtzeitig in Sicherheit bringen kann. Dazu zählt beispielsweise ob eine Person im Falle des Auftretens einer Gefährdung noch rechtzeitig einen Not-Aus-Schalter drücken kann oder einen Schutzraum aufsuchen kann, um der Gefahr zu entkommen.

Auch hier ist die Einschätzung mit einem Wert anzugeben, welche sich hierbei auf die Werte 1, 3 oder 5 belaufen. Der Wert 1 steht für eine wahrscheinliche Vermeidung der Gefährdung. Der Wert 3 für eine seltene Vermeidung und der Wert 5 für eine unmögliche Vermeidung der Gefährdung.

Auch in diesem Schritt gilt es, die Einschätzung zur möglichen Vermeidung einer Gefährdung in der Dokumentation zu begründen.

Dabei kann man die folgenden Kriterien für die Einschätzung beachten:

  • Ist es möglich die Gefahr vor dem Auftreten zu erkennen?
  • Sind Gegenmaßnahmen dann noch möglich?
  • Kann die gefährdete Person flüchten oder können Dritte eingreifen, um der Person zu helfen?
  • Kann die Person auf die Gefährdung Einfluss nehmen zum Beispiel durch eine Zustimmeinrichtung oder durch Bestätigen einer Starttaste
  • Kann man eine oder mehrere dieser Kriterien mit ja beantworten, kann der Wert 1 oder 3 gewählt werden. Sonst muss für den Wert 5 angegeben werden.

Nach diesem Schritt ermittelt man den Wert der sogenannten Klasse. Hierfür addiert man die ermittelten Werte F, W und P aus der Häufigkeit und Dauer der Gefährdungsexposition, die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und die Möglichkeit zur Vermeidung oder Begrenzung des Schadens.

In einer Tabelle setzt man nun den addierten Wert der Klasse dem Wert S aus der Schwere der Verletzung gegenüber und erhält dadurch den abschließenden Wert für den Sicherheitsintegritäts-Level, welcher in drei Stufen klassifiziert wird.

Dem SIL 1, SIL 2 und SIL 3.

Der SIL-Wert in der Risikobeurteilung

SIL 1 steht hierbei für ein geringes Risiko, der Wert SIL 2 für ein mittleres Risiko und SIL 3 entsprechend für ein hohes Risiko.

Der SIL muss für jede Gefährdung, die durch die Risikobeurteilung ermittelt wurde, bestimmt werden.

Dies war eine mögliche Methode, um Gefährdungen einzuschätzen. Es gibt noch weitere Methoden, auf die ich hier jetzt nicht eingehen werde, da sie den zeitlichen Rahmen dieses Podcast sprengen würden.

Ich möchte hier aber noch anmerken, dass eine überzogene Konzentrierung auf die Werte der Risikoeinschätzung doch von der Hauptaufgabe der Risikobeurteilung ablenken könnte. Nämlich die richtigen Schutzmaßnahmen zu wählen, um eine sichere Maschinen nach dem Stand der Technik zu konstruieren. Häufig wird über den Risikowert bzw. der Risikoklasse eine Entscheidung über die zu treffenden Schutzmaßnahmen getroffen. Ein gering eingestuftes Risiko bedeutet nicht automatisch, dass keine oder keine weiteren Schutzmaßnahmen zu treffen sind. Hierzu ein Beispiel: Das Eingreifen in eine Presse wird dadurch erschwert, dass die Presse durch einen Lichtvorhang geschützt ist. Der ermittelte Risikowert besagt ein geringes Risiko für den Bediener. Die Schutzmaßnahmen für die Maschine scheinen ja durch den Lichtvorhang ausreichend zu sein. Nun kann es aber sein, dass dieser auch mal ausfällt. Zudem verwenden Wettbewerber mit ähnlichen Maschinen zusätzlich eine Zweihandbedienung, um zu verhindern, dass Bediener während des Pressvorgangs in die Maschine eingreifen können und sich bei ausgefallenem Lichtvorhang dann verletzen können. Der Stand der Technik für eine sichere Maschine ist somit der zusätzliche Einsatz einer Zweihandbedienung neben dem Lichtvorhang.

In der nächsten Folge spreche ich über die Bewertung von Risiken. Nachdem die Risiken eingeschätzt wurden, muss man sich überlegen ob Maßnahmen zur Risikominderung erforderlich sind. Ich widme mich in der nächsten Woche den Kriterien für die Risikobewertung und spreche über Tendenzen in der Praxis bei der Bewertung von Gefahren.

Zum Schluss möchte ich noch auf die Podcast Reihe meines Kollegen Florian Schmider verweisen. Er behandelt in seiner Reihe die wichtigsten Inhalte der Betriebsanleitung.

Ebenfalls empfehle ich einen Besuch auf unserer Website www.gft-akademie.de. Wir haben dort viele FAQs zum Thema Risikobeurteilung, Technische Dokumentation und Betriebsanleitung. Außerdem könnt ihr dort Checklisten und Musteranleitungen kostenfrei herunterladen.

Ich wünsche Ihnen bis zum nächsten Mal eine gute Zeit…auf ein baldiges Wiederhören

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