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RB #007 Risikobeurteilung – Maßnahmen zur Risikominderung

Risikobeurteilung: Einschätzung von Gefahren

Risikobeurteilung: Maßnahmen zur Minderung von Gefahren

Unser heutiges Thema ist der fünfte und letzte Schritt in der Aufgabenbezogenen Risikobeurteilung. Darin geht es um die Maßnahmen zur Minderung von Gefahren. In der letzten Folge habe ich über die Bewertung von Gefahren gesprochen. Jede festgestellte Gefährdung in der Risikobeurteilung muss eine entsprechende Lösung zugeordnet werden, die das Risiko der Gefährdung ausreichend mindert. Wie diese Lösung auszusehen hat bzw. welche Ansätze zur Risikominderung es gibt, werde ich in dieser Folge näher erläutern.

Wichtiger Hinweis!

Sowohl die Norm DIN EN ISO 12100 als auch die Maschinenrichtlinie fordert, dass man für die Risikominderung nach einer bestimmten Reihenfolge vorzugehen hat.

Der erste Schritt ist die Risikominderung durch eine sogenannte inhärent sichere Konstruktion, das heißt das durch direkte Konstruktionsmaßnahmen am Produkt die Risiken beseitigt bzw. gemindert werden.

Der zweite Schritt behandelt die Risikominderung durch technische Schutzmaßnahmen in Form von trennenden und nicht trennenden Schutzeinrichtungen, um Personen vor Gefahrenquellen auszuschließen.

In der letzten Instanz verbleibt noch die Risikominderung durch Benutzerinformation. Damit sind Warnhinweise bzw. Warneinrichtungen gemeint, die den Benutzer vor einem Restrisiko am Produkt warnen soll.

Schauen wir uns den ersten Schritt etwas genauer an. Die Risikominderung durch inhärent sichere Konstruktion.

Ein genaues Merkmal dieser Maßnahme zur Minderung von Gefahren ist, dass die Schutzmaßnahmen ohne nachträglich zu installierende Schutzkomponenten an der Maschine oder Vorgaben für den Bediener auskommen. Die inhärent sichere Konstruktion soll gewissermaßen von selbst wirksam sein ohne Anwendung von trennenden oder nichtrennenden Schutzeinrichtungen, welche die Konstruktions- oder Betriebseigenschaften der Maschine verändert.

Laut der DIN EN ISO 12100 haben Maßnahmen zur inhärenten Sicherheit Vorrang vor anderen Schutzmaßnahmen wie Lichtschranken oder Zweihandschaltungen. Gute Gründe die für die inhärent sichere Konstruktion sprechen sind:

  • Die konstruktive Lösung hat (meistens) Bestand über die gesamte Lebensdauer eine Produktes
  • Keine Gefahr die Schutzmaßnahmen zu vergessen wie dies bspw. bei dem Gebot zum Tragen einer bestimmten Schutzkleidung möglich wäre
  • Kann nicht „verlegt“ oder „überlesen“ werden wie das z.B. mit der Betriebsanleitung einer Maschine möglich wäre, die Informationen zu gefahrenträchtigen Tätigkeiten enthält
  • Das Umgehen, Demontieren oder Außerkraftsetzten von Merkmalen einer inhärent sicheren Konstruktion durch den Maschinenbediener ist nicht möglich bzw. nur mit sehr großem Aufwand verbunden

Der vorrangige Grund bei einer inhärent sicheren Konstruktion ist es, dass mögliche potenzielle Gefährdungen bereits an der Quelle eliminiert werden. Der Ansatz dieses ersten Schrittes der Risikominderung soll es sein, ein potenzielles Risiko gar nicht erst in Kauf zu nehmen, sondern dieses Risiko gar nicht entstehen lassen.

Die DIN EN ISO 12100 bietet für die inhärent sichere Konstruktion eine Auswahl geeigneter Technologien, Angaben zur Berücksichtigung von physikalischen Aspekten und geometrischen Faktoren. Dazu zählen unter anderem die Vermeidung von scharfen Kanten und Ecken oder vorstehender Teile. Auch Vorkehrungen für die Standsicherheit und Wartungsfreundlichkeit sind ebenfalls neben anderen Angaben in der Norm enthalten.

Sollte eine Risikominderung durch inhärent sichere Konstruktion nicht möglich sein, versucht man mittels dem zweiten Schritt eine Risikominderung durch technische Schutzmaßnahmen in Form von trennenden und nicht trennenden Schutzeinrichtungen zu erreichen.

Trennende Schutzeinrichtungen dienen dazu, Mensch und Gefährdungsquelle voneinander zu trennen und den physischen Zugriff zur Gefährdungsquelle unmöglich zu machen. Zu dieser Art von Schutzmaßnahmen zählen beispielweise Abdeckungen, Umhausungen und Umzäunungen

Nicht trennende Schutzeinrichtungen überwachen das Zusammentreffen von Mensch und Gefährdungsquelle und beenden die Gefährdung bevor sie auf den Menschen einwirken kann. Hierzu zählen unter anderem Lichtvorhänge, Bereichsscanner, Sensoren zum Verriegeln oder Zuhalten.

Die Auswahl der richtigen Schutzeinrichtung hängt davon ab, ob im Betrieb ein Zugang zu einem Gefährdungsbereich erforderlich ist.

Ist im normalen Betrieb kein Zugang erforderlich, wählt man eine feststehende trennende Schutzeinrichtung.

Ist durch den normalen Betrieb oder durch das Einrichten, zur Reinigung oder Instandhaltung der Maschine ein Zugang zum Gefährdungsbereich erforderlich, ist eine Schutzeinrichtung zu wählen, die Personen bei der Erfüllung Ihrer Aufgaben nicht behindert.

Dies können sensitive Schutzeinrichtungen sein, die sowohl eine Annährungsreaktion als auch eine Anwesenheitsmeldung beinhalten können. Die Anwendung einer sensitiven Schutzeinrichtung wie beispielsweise eine Lichtschranke soll verhindern, dass möglicherweise Materialien oder Teile aus der Maschine herausgeschleudert werden. Eine solche Schutzeinrichtung soll ebenfalls vermeiden, dass die Maschine übermäßig lange oder unregelmäßig Zeit benötigt um sich im nahenden Gefahrenfall stillzusetzen.

Die Benutzerinformation zählt als letzte Maßnahme zur Minderung von Gefahren. Die Art und Platzierung der Benutzerinformation hängt ganz vom Risiko, von der Konstruktion der Maschine und von dem Zeitpunkt ab, an dem der Benutzer die Information benötigt.

So können Benutzerinformationen in und auf der Maschine selbst, auf der Verpackung, in Begleitunterlagen wie der Betriebsanleitung angegeben sein oder auch außerhalb der Maschine durch andere Maßnahmen wie Warnsignale erfolgen.

Risikobeurteilung: Beispiele für Warnsignale

Zu den Warnsignalen zählen optische Signale wie Blinklichter und auch akustische Signale wie Sirenen, um vor drohenden Gefährdungen an der Maschine zu warnen.

Die Signale müssen vor Eintritt der Gefährdung abgegeben werden, um das Bedienpersonal rechtzeitig zu warnen. Ebenfalls müssen die Signale von Personen deutlich wahrnehmbar und von anderen verwendeten Signalen unterscheidbar sein.

Der Konstrukteur muss zudem berücksichtigen, dass zu viele optische und/oder akustische Signale zu Reizüberflutung führen können, was wiederum zur Umgehung dieser Warneinrichtungen führen kann.

Benutzerinformationen in den Begleitunterlagen einschließlich der Betriebsanleitung müssen alle Informationen enthalten, die eine sichere und ordnungsgemäße Verwendung der Maschine gewährleistet. Darunter gehören beispielsweise Angaben über Transport, Installation und Verwendung der Maschine. Ebenfalls ob für die Bedienung der Maschine eine Ausbildung erforderlich ist oder ob eine persönliche Schutzausrüstung für die Bedienung benötigt wird.

Risikobeurteilung: Informationen einfach gestalten

Alle Informationen in der Betriebsanleitung müssen einfach und verständlich gehalten sein. Ungewöhnliche Fachbegriffe müssen eindeutig erläutert werden und gewählte Benennungen und Einheiten müssen durchgängig angewendet werden. Die Art der Aufmachung der Anleitung soll die bestmögliche Lesbarkeit garantieren.

Die Benutzerinformationen in und auf der Maschine selbst dienen zur eindeutigen Identifizierung, zur Übereinstimmung mit verbindlichen Anforderungen und den sicheren Gebrauch der Maschine. Zu diesen Informationen zählen das Typenschild der Maschine, schriftliche Hinweise und Kennzeichnungen wie Warnhinweise. Die Lesbarkeit der Beschriftungen muss während der erwarteten Lebensdauer der Maschine gewährleistet sein. Eine Kennzeichnung durch gut verständliche Zeichen bzw. Piktogramme sollte den schriftlichen Warnhinweisen vorgezogen werden. Die Kennzeichnungen müssen mit anerkannten Normen übereinstimmen.

Nachdem den Risiken durch eine der vorgestellten Ansätze eine entsprechende Lösung zugeordnet wurde, gilt es zu prüfen, ob diese Ansätze das Risiko ausreichend vermindert haben und ob möglicherweise neue Gefährdungen dadurch entstanden sind. So könnte beispielsweise von einer Schutzhaube, die als trennende Schutzeinrichtung gewählt wurde, ebenfalls eine Gefahr ausgehen wenn die Schutzhaube sich nach oben öffnet, darunter gearbeitet werden soll und die Haube auch noch schwer ist. Es besteht dann möglicherweise eine Quetsch-Gefahr für den Benutzer.

Weiterhin müssen alle Lösungsansätze auch auf ihre Rechts- und Normenkonformität hin überprüft werden. Um der Frage nachzugehen, ob ein gewählter Lösungsansatz überhaupt zulässig ist, bietet sich ebenfalls die DIN EN ISO 12100 als Hilfe an. Diese hilft beispielsweise zu bestimmen ob eine Gefahrenquelle zugänglich bleiben darf (mit einer berührungslosen Schutzeinrichtung wie Lichtvorhang) oder ob diese mit einer trennenden Schutzeinrichtung wie einer Schutzumzäunung versehen sein muss.

Wenn der Lösungsansatz in Ordnung ist, muss noch überlegt werden, wie die gewählte Lösung beschaffen sein muss. Wenn beispielweise für eine Gefahrenquelle ein höherer Sicherheitsabstand als Lösung vorgesehen ist, wie groß muss dieser Sicherheitsabstand dann sein? Hier helfen beispielsweise die Normen DIN EN ISO 13857 oder DIN EN 349.

Alle ermittelten Informationen sollten sorgfältig dokumentiert werden, um eine Konformität mit den Normen nachzuweisen. In der Dokumentation der Risikobeurteilung ist es sinnvoll die Lösungsansätze mit der entsprechenden Nummer der Norm, dessen Ausgabedatum und die Abschnittsnummer anzugeben.

Wurde das Risiko aller ermittelten Gefahren mittels diesen Maßnahmen reduziert und erneut bewertet und das verbleibende Risiko als vertretbar eingestuft ist die Aufgabenbezogene Risikobeurteilung beendet.

Ich hoffe Ihnen hat diese und die letzten Folgen über diese Risikobeurteilungsmethode gefallen. In der nächsten Folge mache ich einen kurzen Überblick über weitere Methoden in der Risikobeurteilung und befasse mich mit der Risikobeurteilung bei unvollständigen Maschinen.

Wenn Ihnen diese Folge gefallen hat, würde ich mich freuen wenn Sie in den Bewertungen eine positive Rezension verfassen könnten. Sollten Sie noch Fragen oder Anregungen zu weiteren Podcast haben, schreiben Sie sie in die Kommentare oder senden Sie sie uns per E-Mail info@gft-akademie.de zu. Wir freuen uns über jede Rückmeldung.

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