Die Welt der Normen und Verordnungen ist ständig im Wandel. Regelmäßig werden neue Normen, Verordnungen…
DD#005 Die digitale Anleitung: PDF oder E-Book?
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Mehr InformationenDer erste Teil dieser kleinen Reihe beschäftigt sich mit der Betrachtung der Bereitstellung von Informationsprodukten im PDF- oder E-Book-Format.
Doch zuerst ein kurzer Verweis auf eine immer wieder diskutierte Frage: Dürfen einem Produkt überhaupt digitale Anleitungen und Informationen beigestellt werden – und wenn ja: In welchem Umfang und in welcher Form?
Was sagen die Normen und Richtlinien aus?
Ein Blick in Richtlinien, Normen und Gesetze hilft uns bei der Beantwortung dieser Frage
weiter.
Beginnen wir mit der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Diese schreibt zwar generell vor, worüber der Benutzer zu unterrichten ist – welches Medium hierbei zu verwenden ist, wird jedoch nicht erläutert. Gleiches gilt übrigens auch für die Niederspannungs- und die EMV-Richtlinie.
Präziser wird hier die DIN EN ISO 20607 die sich mit der Erstellung sicherheitsrelevanter
Bestandteile einer Betriebsanleitung im Maschinenbau für den gesamten
Produktlebenszyklus beschäftigt. Gemäß dieser Norm ist neben der Papierfassung
grundsätzlich auch die digitale in verschiedener Form zulässig. Details hierzu liefert das
Kapitel 7.
Ähnlich äußert sich auch die DIN EN ISO 12100. Den entscheidenden Satz finden wir
allerdings nur hier: Im Kapitel 6.4.5.3 Buchstabe e) heißt es –
Zitat: Wo die Benutzerinformation in elektronischer Form vorliegt (CD, DVD,
Tonband, Festplatte usw.), müssen sicherheitsrelevante Informationen, die schnelles
Handeln erfordern, zusätzlich immer gedruckt und sofort zur Verfügung stehen.
Und nun noch der Blick in die IEC/IEEE 82079-1 – hier ist insbesondere das Kapitel 9 von
Bedeutung. Demnach sind neben der gedruckten Form auch weitere Publikationsmedien
erlaubt, wobei die Auswahl der geeigneten Medien vor allem den gesetzlichen Vorgaben
zu entsprechen hat.
Tipp: Wer digitale Informationsprodukte erstellt und verbreitet, hat neben den bisher
genannten jedoch noch weitere Normen zu beachten. So regelt beispielsweise die
ISO/IEC 40500, welche Anforderungen gelten, wenn Benutzerinformationen über das
Internet – beispielsweise in Form, einer WebApp – publiziert werden sollen. So geht es in
dieser Norm auch darum, wie Webinhalte barrierefrei – also für Nutzer mit Behinderungen
zu erstellen sind.
Nach derzeitigem Stand ist es also – zumindest in einigen Bereichen – zulässig, digitale
Informationsprodukte dem Produkt beizugeben. Hierbei sind jedoch neben den
normativen auch länderspezifische Vorgaben sowie vertragliche Vereinbarungen zu
beachten. Des Weiteren ist es unerlässlich, die technische Entwicklung ständig im Blick zu
behalten. Was nützt es schließlich, wenn das heute erstellte digitale Werk morgen schon
nicht mehr genutzt werden kann, weil sich Dateiformate, Codecs oder Endgeräte
verändert haben?
In diesem Zusammenhang lege ich Ihnen den Podcast BA #027 „Die Form der Anleitung: Papier oder Digital?“ meines Kollegen Florian Schmider ans Herz, der die rechtliche Seite
dieses Themas wesentlich ausführlicher behandelt.
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Die wichtigsten 6. Punkte zur Prüfung von Betriebsanleitungen in der technischen Dokumentation.
PDF oder EPUB & Co? – die Qual der Wahl
Kommen wir nun aber zum eigentlichen Inhalt des heutigen Podcasts: Die Bereitstellung
von digitalen Informationsprodukten als PDF-Datei oder im E-Book-Format.
Beide Medienformate kommen in der Nutzungsform einem Druckwerk am nächsten und
sind daher heute auch in der elektronischen Dokumentation von großer Bedeutung. Wo
sonst lassen sich sowohl textliche und multimediale Inhalte wie Bilder, Animationen,
Videos und Tondokumente in einem einzigen Dokument so einfach und übersichtlich
kombinieren?
PDF vs. E-Book – gibt es einen grundsätzlichen Unterschied?
Worin liegt nun aber der Unterschied zwischen einer PDF-Datei und einem E-Book?
Wohl jedem der einen Computer besitzt, ist sicher schon eine PDF-Datei untergekommen.
Egal ob das Antragsformular einer Behörde, eine Kochrezeptsammlung oder das
Sitzungsprotokoll des Vereins – viele Dokumente werden seit nunmehr gut dreissig Jahren
in diesem von Adobe entwickelten Dateiformat publiziert. Hauptziel des sogenannten
Portable Document Formats war und ist es, den Austausch elektronischer
Schriftdokumente ohne Einschränkungen durch Systemhardware oder Betriebssysteme
zu ermöglichen.
Kurz: Ein PDF-Dokument soll sowohl unter macOS, Windows, Linux,
Android, iOS oder jedem anderen gängigen Betriebssystem und Endgerät in der gleichen
Ausgabequalität und Form zu öffnen sein.
Darüber hinaus wird es auch für die Langzeitarchivierung von Dokumenten verwendet.
Sprechen wir nun vom PDF-Format in Abgrenzung zu einem E-Book, ist diese
Differenzierung streng genommen nicht korrekt. Ein E-Book ist erst einmal nichts anderes
als ein Buch, das in elektronischer Form vorliegt. Würde man einen Roman im
PDF-Format publizieren, hätten wir bereits ein E-Book.
Beiben wir jedoch aufgrund der schlussendlich doch sehr unterschiedlichen
Verwendungsbereiche in diesem Podcast bei der Unterscheidung in PDF und E-Book.
Nun stehen hinter einem E-Book andere Nutzungsszenarien und Benutzerzielgruppen: Hier geht es in erster Linie darum, die vielfältige Welt der Literatur zu digitalisieren und
der Leserschaft ihren Konsum so angenehm wie möglich zu machen. Wer möchte
beispielsweise schon Goethes gesammelte Werke in gedruckter Form mit auf Reisen
nehmen? So kommt es auch, dass es neben dem offenen E-Book-Format EPUB auch
proprietäre – also herstellereigene – E-Book-Formate passend zu den jeweiligen
Endgeräten gibt. Je nachdem wie veröffentlicht, lassen sich daher Goethes gesammelte
Werke möglicherweise nicht auf jedem Endgerät lesen – ein klarer Nachteil gegenüber
dem PDF-Format.
PDF oder E-Book – Erstellung, Leistungsumfang und Einschränkungen
Aber die Entwicklung ist weder beim PDF- noch bei den E-Book-Formaten stehen
geblieben und die Darstellung von Inhalten geht heute weit über die klassische Form
schwarze Schrift auf weißem Grund hinaus – dazu gleich noch etwas mehr.
Egal ob PDF, EPUB, mobi, azw, kfx und Co. – die Erstellung der Formate ist grundsätzlich
erst einmal problemlos: PDFs lassen sich beispielsweise aus Adobe InDesign, MS Word,
OpenOffice und den meisten Redaktionssystemen auf Knopfdruck generieren.
Wer auf EPUB setzt, wird jedoch bei Word und Co derzeit leider nur über
Konvertierungstools zum Ziel gelangen. Adobe InDesign hingegen ist in der Lage,
Dokumente auch in diesem Format zu auszugeben.
Auch die bekannte Anwendung Calibre hilft bei der Erstellung bzw. Konvertierung in
diverse E-Book-Formate.
Für welches Format man sich schlussendlich im Bereich der technischen Dokumentation
entscheidet, wird u. a. von den Funktionen des digitalen Informationsproduktes bestimmt.
Aber auch die Frage nach den zu nutzenden Endgeräten spielt eine große Rolle.
Das PDF-Format bietet bereits ausreichend Möglichkeiten, um eine Anleitung mit sehr
guter Usability zu erzeugen.
So lassen sich neben Lesezeichen, Querverweisen, Hyperlinks und attraktiv gestalteter
Seitenübergänge auch Video- und Audioinhalte einbinden, ja sogar die Darstellung von
3D-Modellen von ganzen Maschinen oder einzelnen Komponenten ist möglich.
Sollen darüber hinaus auch interaktive Animationen eingebunden werden, kommt man
jedoch mit dem PDF-Format leider derzeit noch nicht sehr weit. So scheint es
beispielsweise bislang nicht möglich, einer Igelung interaktiv abrufbare
Informationsinhalte hinzuzufügen, die auf Mausklick sichtbar werden – ähnlich wie bei
dem bekannten Tooltip in einem HTML-Dokument. Hier bietet das EPUB-Format einen
deutlichen Mehrwert.
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Wo es auch sonst noch etwas hakt
Doch damit leider nicht genug:
Während das PDF-Format qua Definition auf allen Plattformen einheitlich darstellbar sein
soll – und es auch ist – kann das E-Book-Format EPUB hier leider noch nicht so richtig
punkten:
Je nachdem welche Software zur Erstellung eines Dokumentes im E-Book-Format, und je nachdem welcher E-Book-Reader, je nachdem welches Betriebssystem und welches
Endgerät verwendet wird, kann ein und dasselbe Dokument möglicherweise in
unterschiedlicher Formatierung (wie unterschiedliche Schrifttypen) oder gar
fehlerbehaftet (zusammengezogenes und dadurch teilweise unleserliches Schriftbild)
dargestellt werden.
Die besten Darstellungsergebnisse – und auch leider hier nicht immer fehlerfrei – lassen
sich wohl derzeit mit der für nahezu jede Plattform und jedes Endgerät kostenlos
erhältliche Anwendung Adobe Digital Editions erzielen. Wo man mit dem
Darstellungsergebnis nicht zufrieden ist, kann möglicherweise der Einsatz eines
alternativen Readers wie Thorium weiterhelfen.
Fazit
Halten wir also fest: Steht man vor der Entscheidung das Informationsprodukt als PDF
oder E-Book zu publizieren, scheint es derzeit – auch im Sinne eines wirtschaftlichen
Workflows – geraten auf das PDF-Format zu setzen.
Sofern Interaktivität nicht zwingend erforderlich ist, muss nämlich auch hier nicht auf
komplexe Animationen verzichtet werden: So lassen sich beispielsweise mit Adobe
Animate oder Blender erstellte Prozessanimationen in ein Videoformat wie mpeg4
exportieren und im PDF-Dokument einbinden.
Des Weiteren sind selbstverständlich die Endgeräte unserer Kunden ausschlaggebend:
Wollen wir als Hersteller unseren Kunden wirklich zumuten, ein dediziertes
E-Book-Lesegerät kaufen zu müssen, um unsere Informationsprodukte lesen zu können?
Wohl eher nicht, zumal ja auch die Forderung im Raum steht, dass auf
Informationsprodukte ohne Hürden und schnell zugegriffen werden muss.
Und noch ein Punkt dürfte – zumindest nach derzeitigem Stand – zugunsten des
PDF-Formates sprechen: Es wird sicherlich auch in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen
– so sei an die wichtigen Themen Langzeitarchivierung und Barrierefreiheit erinnert. Ob
sich im Bereich der E-Books ähnliche auf langfristige Nutzung ausgelegte Formate und
Standards ausbilden, bleibt wohl abzuwarten.