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US-P #009 US-Produkthaftung Glyphosat Update

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Rund um die Urteile und Prozesse zu Bayer, Monsanto und Glyphosat ist es in den letzten Wochen und Monaten etwas ruhiger geworden. Zwar steht das Unternehmen nach wie vor regelmäßig in den Schlagzeilen, jedoch beruhigt sich die Börse wieder und auch der Kurs des Unternehmens steigt.

Die letzte, große Schlagzeile war, dass Bayer den dritten Prozess rund um Glyphosat verloren hatte und zu einem Strafschadensersatz von rund 2 Milliarden US-Dollar verurteilt wurde. Zuvor wurde Bayer im zweiten, verlorenen Prozess zu rund 80 Millionen US-Dollar Strafschadensersatz verurteilt.

Update im Fall Glyphosat: Die Strafen werden reduziert – die Schuld bleibt

Beiden Schadenssätze wurden in den vergangenen Wochen von den jeweiligen zuständigen Gerichten reduziert. Aus 2 Milliarden US-Dollar des dritten Prozesses wurden rund 86 Millionen und aus den 80 Millionen des zweiten Prozesses wurden 25 Millionen. Die Begründung von beiden Gerichten ist dabei dieselbe. Strafschadenszahlungen sollen verhältnismäßig zu den normalen Schadenersatzzahlungen passen und maximal das Vierfache davon betragen. In beiden Urteilen hatte die Jury eine wesentlich höhere Strafschadenszahlung angesetzt. Im dritten Prozess lag dabei der Schadensersatz bei 50 Millionen US-Dollar, die Jury hatte sich jedoch auf die genannten 2 Milliarden US-Dollar Strafschadensersatz geeinigt.

Diese Strafschadenszahlungen werden dabei neben den eigentlichen Schadensersatzzahlungen festgelegt und sollen für Unternehmen verwendet werden, die absichtlich schädlich und boshaft gehandelt haben. Zu diesem Zweck fallen sie höher als die Schadensersatzzahlungen aus und sollen so der Abschreckung dienen. Diese Strafschadenszahlungen gibt es nur in den USA, in der Europäischen Union und Deutschland gibt es nur den einfachen Schadensersatz.

Die Reduzierung der Summen wurde durch Bayer ausgelöst. Nach der Niederlage in den einzelnen Prozessen kündigte das Unternehmen jeweils Einspruch an und forderte eine neue Verhandlung und die Reduzierung der Schadenssummen. Die Gerichte kamen nun der Reduzierung aufgrund der Unverhältnismäßigkeit nach und begründeten es auch entsprechend. Beide Gerichte betonen dabei jedoch, dass der Schuldspruch gültig bleibt und Bayer nach wie vor schuldig ist.

Weitere Klagen und Zusammenfassung der Kosten

Aufgrund dieser Lage bleibt Bayer weiter unter Druck. Mehrere Anwälte in den USA werben inzwischen auch im TV dafür, dass sich Betroffene gegen Monsanto bzw. Bayer wehren und entsprechende Klagen veranlassen sollen. Das Ganze ist inzwischen für die Anwälte ein profitables Gebiet geworden.

Das zeigt sich auch an den angesammelten Klagen, die vor Gericht eingereicht wurden. Waren es im Mai noch rund 13.500 Klagen, so sind es inzwischen rund 18.400 Klagen. Und vermutlich steigt diese Zahl noch weiter an.

Auf der anderen Seite steigen wiederum die Kosten und Verluste für Bayer, und zwar so sehr, dass der Vorstand bei der Versammlung im April nicht entlastet wurde. Ein bisher einmaliges Geschehnis für einen Dax-Konzern. Der Grund dafür ist nachvollziehbar. Bayer kaufte Monsanto für rund 63 Milliarden, der Wert des Bayer-Konzerns ist inzwischen durch die Prozess- und Klagewelle auf knapp unter diesem Kaufpreis gesunken. Der Aktienkurs ist um etwa 37% gesunken, das Unternehmen hat rund 31 Milliarden Euro an Börsenwert verloren.

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Ist ein Vergleich die Lösung?

Doch wie geht es nun weiter? Richter Vince Chabria hat eine Mediation zwischen den Klägern und dem Konzern angeordnet. Bei ihm liegen mehrere hundert Klagen gebündelt vor. Der Vergleich könnte die Lösung für Bayer werden.

Als Mediator hat er Ken Feinberg berufen. Feinberg ist ein renomierter Experte für Entschädigungsfragen und hat sich in der Vergangenheit mit den Entschädigungen für die Opfer und Hinterbliebenen der Anschläge des 11. September oder der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko beschäftigt.

Beide Seiten sitzen aktuell an den Verhandlungen des Vergleichs und haben jeweils ihre eigenen Forderungen. Bayer fordert, dass der Vergleich für alle laufenden und zukünftigen Klagen gelten muss, um so ein kalkulierbares Risiko zu bekommen. Auch soll sich der Vergleich in einem vernünftigen, finanziellen Rahmen bewegen.

Die Kläger hingegen fordern vor allem einen Warnhinweis auf den Produkten, dass diese Krebs auslösen können. Zeitglich werfen die Kläger Bayer vor, dass Monsanto jahrelang wissenschaftliche Daten manipuliert hat, um ein gefährliches Produkt als sicher zu bewerben.

Vierte Verhandlung wird verschoben

Aufgrund dieser Vergleichsverhandlung wurde der vierte Prozess verschoben. Dieser sollte im August dieses Jahres starten, wurde aber auf Hinblick der Vergleichsverhandlungen in den Januar 2020 verschoben. Denn eventuell kann der Prozess mit dem Vergleich vermieden werden.

Der Ablauf eines Vergleiches

Doch wie läuft so ein Vergleich eigentlich genau ab? Im Zuge der Verhandlungen einigen sich beide Seiten auf die entsprechenden Punkte. Es wird festgelegt, wer entschädigt wird und welche Kriterien erfüllt sein müssen, um die Entschädigung zu erhalten.

Auch wird festgelegt wie hoch die Entschädigung mit den jeweiligen Kriterien ausfällt. So entsteht für Bayer ein kalkulierbares Risiko und das Unternehmen kann einen entsprechenden Betrag zurücklegen. Dieser wird meist in Fonds angelegt, aus dem dann die Kläger bezahlt werden, wenn diese die Kriterien erfüllen.

Die Hürden des Vergleichs

Genau diese Kriterien sind jedoch die größte Hürde für den Vergleich. Denn aktuell gibt es keine wissenschaftlich festgelegte Verbindung zwischen Roundup und Lymphdrüsenkrebs. Aktuell sind es noch alles Indizien. Somit lassen sich die Kläger nur bedingt in Gruppen sortieren, etwa wie lange und wie oft sie das Mittel eingesetzt haben.

Der Nachweis der Verbindung ist deshalb so schwer, da Lymphdrüsenkrebs nach Einschätzung von Ärzten viele verschiedene Risikofaktoren hat, die eine Erkrankung begünstigen. Dadurch ist es schwer nachzuweisen, warum jemand an diesem Krebs erkrankt. Allein 2019 rechnen die Ärzte in den USA mit einer Diagnose des Krebses bei rund 74.000 Menschen. Dies erschwert die Definition der Kriterien enorm.

Zudem sind die Gefahren weiterer Klagen mit der Erreichung eines Vergleichs für Bayer nicht aus der Welt. Es könnten in Zukunft weitere Klagen aufkommen, sollte dem Fonds das Geld ausgehen. Dies geschah bereits in der Vergangenheit bei den Klagen von Vietnam Veteranen gegen die Hersteller des Entlaubungsmittels „Agent Orange“. Das Entlaubungsmittel wurde im Vietnamkrieg eingesetzt, aber der Ausbruch des Krebses dauerte bei einigen Betroffenen wesentlich länger. Als es dann soweit war, waren die Kassen des Fonds ausgeschöpft und leer und die Opfer verklagten wieder die Chemiehersteller. Somit ging dort dann das Ganze wieder von vorne los.

Weitere Entwicklungen in den USA

Neben dem möglichen Vergleich brodelt es in den USA auch an einer anderen Stelle. Wie in einer anderen Folge erwähnt, vertritt die amerikanische Umweltbehörde EPA nach wie vor den Standpunkt, dass Glyphosat ein sicheres Mittel ist. Der Bundesstaat Kalifornien sieht dies hingegen nicht so.

Kalifornien lässt daher vor allen Produkten die Glyphosat beinhalten warnen. Die EPA hingegen kritisiert dieses Verhalten und bezeichnet es als Panikmache. Der Streit geht dabei soweit, dass die EPA inzwischen droht, keine Aufkleber mehr zu genehmigen, die vor Krebs warnen. Wie sich dieser Streit zwischen den beiden staatlichen Institutionen entwickelt ist auch eine spannende Sache, für unser Thema aber leider nur bedingt relevant.

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Die Lehre aus den Glyphosat Prozessen

Schaut man sich die ganzen Prozesse im Detail an, fragt man sich schon, wie so etwas passieren kann. Ich erinnere mich dabei auch gerne an die Gesichter in meinen Vorträgen, wenn ich über das amerikanische Rechtssystem referiere. Oft sind viele Zuhörer entsetzt, wenn ich Systeme wie die Jury erkläre. „Wie kann man eine solche Entscheidung einem Haufen Laien überlassen?“ ist eine häufige Frage.

Dabei kann man solche Debakel wie das von Bayer mit entsprechender Unterstützung von Experten vermeiden. Man sollte nur nicht blauäugig und spontan beschließen, ab morgen seine Produkte auf dem amerikanischen Markt verkaufen zu wollen oder eine Firma zu kaufen, ohne gründliche Hintergrundrecherche. So kann man Schadensersatzklagen vermeiden und hohe Beträge einsparen.

An dieser Stelle möchte ich auf meinen anderen Podcasts der Reihe verweisen, diese bilden eine gute Grundlage im Hinblick auf die Anpassung der technischen Dokumentation für den US-Markt. Sollten Sie diese noch nicht gehört haben, fasse ich Ihnen diese hier kurz zusammen:

  • Beschäftigen Sie sich mit den Zielgruppen Ihres Produktes – nur so können Sie die benötigten Informationen für Ihr Produkt bereitstellen
  • Vergessen Sie die Fachkraft. In den USA gibt es keine Fachkräfte die wie in Deutschland ausgebildet werden. Das Ausbildungssystem ist ein komplett anderes.
  • Beschäftigen Sie sich mit den amerikanischen Normen und Richtlinien, in der Dokumentation vor allem mit der Normenreihe ANSI Z535.
  • Gestalten Sie Sicherheits- und Warnhinweise entsprechend den Normen.
  • Vergessen Sie Europa. Amerika ist ein anderer Kontinent, die Amerikaner eine andere Kultur. Beschäftigen Sie sich mit den Gegebenheiten und Abläufen vor Ort und den Menschen. Die Unterschiede sind größer als Sie denken! Beispielsweise möchte ich an dieser Stelle den Fire Brigadier erwähnen, einen Brandschutzbeauftragten des jeweiligen Ortes, der die Maschine abnehmen und freigeben muss, bevor sie in Betrieb genommen werden darf.
  • Halten Sie sich an die Gesetze und Richtlinien in den USA.
  • Lassen Sie Ihre Dokumentation von Experten wie uns oder darauf spezialisierte Anwälte auf Haftungsrisiken überprüfen.
  • Planen Sie den schlimmsten Fall, damit Sie für einen Haftungsfall gerüstet sind.
  • Übersetzen Sie die Dokumente in die geforderten Sprachen. Englisch ist nicht dasselbe wie US-Englisch.

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